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Landtag, 4. Sitzung vom 01.04.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 49

 

von einer Europäischen Union vorschreiben lassen muss, alles und jedes wäre an Private auszuschreiben und zu vergeben.

 

In einem anderen Punkt, mag ich nicht verhehlen, ist die Europäische Union tatsächlich auch ein Vorbild und könnte es für viele andere Länder, aber auch noch für Wien sein. Die öffentliche Sichtbarkeit von Dokumenten innerhalb der Europäischen Union ist in extrem hohem Ausmaß gegeben. Von einem Gesetzwerdungsprozess, ich sage jetzt bewusst dazu, nicht Richtlinie, bis hin zu Verwaltungsakten ist in der Europäischen Union unglaublich viel nachzuvollziehen. Die Schwierigkeit daran ist nur, dass es nicht so einfach ist, diese Vielzahl von Texten zu finden, zu ordnen und auch für die politische Arbeit tatsächlich zu verwenden. (Abg Mag Wolfgang Jung: Genau das habe ich gesagt!) Die Aufbereitung der Texte, die Aufbereitung der Dokumentation der Europäischen Union lässt zu wünschen übrig, ist aber vorhanden. Deshalb glaube ich, dass sich hier die öffentliche Hand in Österreich, in Wien sehr wohl ein Beispiel daran nehmen kann.

 

Wo ich hingegen, und deshalb möchte ich ganz bewusst in aller Ruhe noch einmal auf die letzten Entscheidungen innerhalb des Europäischen Rates, möglicherweise auch in der Europäischen Union, zurückkommen, große Skepsis habe, ist die ganze Frage Euro-Rettungsschirm, Euro-Plus-Pakt. Ich möchte versuchen, kurz zu erklären, wo die zentrale Kritik am Euro-Rettungsschirm liegt. Wir sind momentan in einer Situation, durch Griechenland, durch Portugal, durch Irland ... Ich war ganz überrascht, als seitens der FPÖ gekommen ist, wir befinden uns in einem Wettbewerb mit Irland. (Abg Mag Wolfgang Jung: Mit den niedrigen Steuern!) Gerade gestern wurde bekannt, dass die Banken zusätzlich 24 Milliarden EUR benötigen. Wer wird diese denn schon wieder bezahlen? - Die breite Masse der Bevölkerung. Nicht diejenigen, die von den Gewinnen dieser Banken profitiert haben. (Abg Mag Wolfgang Jung: Das hat aber auch niemand gesagt!) Die einzige Möglichkeit, dass man diejenigen trifft, die dabei gewonnen haben, nämlich die Menschen, die damit ein Vermögen angehäuft haben, weil wer kein Vermögen angehäuft hat, hat diese 24 Milliarden EUR wahrscheinlich nicht, das heißt, wenn man wirklich will, dass diejenigen die Zeche bezahlen, die diese Bankenkrise verursacht und dabei auch noch profitiert haben, wird man um eine Vermögenssteuer nicht herumkommen. Ich sehe Nicken. (Abg Mag Wolfgang Jung: Ja, ich stimme Ihnen zu!) - Sie stimmen mir zu! Jetzt habe ich leider vergessen, wer von Ihrer Partei gesprochen hat. Nein, der Kollege Schock hat die Vermögenssteuer auf das Schärfste verdammt. (Abg Mag Wolfgang Jung: Nein, hat er nicht gemacht!) O ja, aufs Schärfste verdammt! Vermögenssteuern sind fast kommunistisch, hat er gesagt. Und Sie stimmen zu, wenn man sozusagen diejenigen, die die Bankenkrise verursacht haben, treffen will, dann braucht es eine Vermögenssteuer. Ich nehme das zur Kenntnis. (Abg Mag Wolfgang Jung: Es ging um die Erhöhung der Gebühren und Abgaben! Das haben Sie verwechselt!)

 

Aber ich wollte eigentlich ausführen, was die Problematik hinter diesem Rettungsschirm ist, wenn im Normalfall in Österreich eine Firma in Konkurs geht. Wenn wir uns die Konkursstatistik anschauen, um mit einem weiteren Märchen aufzuräumen, nur die öffentliche Hand wirtschaftet schlecht, waren die 10 größten Konkurse, weit über 3 Milliarden EUR, private Firmen, die alle nicht wirtschaften können. (Abg Mag Wolfgang Jung: Das ist die öffentliche Hand!) Nur, um einmal klarzulegen, es ist nicht die öffentliche Hand, es gibt verantwortliche Personen. Manchmal können verantwortliche Personen etwas, manchmal können sie es nicht. (Abg Mag Wolfgang Jung: Zum Beispiel Bundesbahnen, Flughafen Wien!)

 

Die Bundesbahnen. Das war ein Hölzl. Das wollte ich mir eigentlich sparen, aber Sie sprechen es an. Es gab zwei Bereiche, in denen die FPÖ vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2006 maßgeblich tätig war. Das waren die ÖBB und Seibersdorf. Sie haben mit den ÖBB das gemacht, was den Kollegen Neuhuber freut. Sie haben die ÖBB zu einem Konkursfall gemacht, und der Kollege Neuhuber würde es am liebsten privatisieren. Aber es waren Ihre Leute, die sich an den ÖBB und an Seibersdorf gesundgestoßen haben! Minister, die nichts zusammengebracht haben, wurden Vorstandsdirektoren bei den ÖBB! Selbst ein Martin Graf war drei Jahre lang in Seibersdorf und hat es an den Rand gefahren. Mit welcher Abfertigung wurde Martin Graf für sein Nichtstun verabschiedet? Was hat er geleistet? 240 000 EUR für sein Nichtstun hat sich Martin Graf als Abfertigung noch nachwerfen lassen! (Beifall von Abg Senol Akkilic.) Der Herr Parlamentspräsident, der es notwendig hat! Und Seibersdorf war am Rande des Konkurses! Noch immer sitzen viel zu viel FPÖler in leitenden Funktionen und verhindern, dass Seibersdorf, das Austrian Research Center, wieder gescheit arbeiten kann! (Abg Mag Wolfgang Jung: Jetzt hören Sie doch einmal auf damit! Zählen Sie mir bitte die vielen FPÖler auf!)

 

Aber kommen wir zurück zu Griechenland, zu Portugal und zu Irland. Was hat den Euro in Gefahr gebracht? Wirklich das griechische Defizit oder die Zusicherung, man darf Griechenland nicht in ein Ausgleichsverfahren gehen lassen? Bei allen ist es dasselbe. Ein Ausgleichsverfahren darf nicht passieren. Das bringt den Euro unter Druck. Wenn für einen Staat, der überschuldet ist, ein Ausgleichsverfahren so wie für einen Privaten möglich wäre, hätte das null Auswirkung auf die Stabilität des Euros. Das ist das zentrale Problem dahinter. (Abg Ing Mag Bernhard Dworak: Aber die Kommunen sind alle vernetzt, Herr Kollege!)

 

Noch einmal, es geht darum, wer die zentralen Käufer in Europa von griechischen Staatsanleihen zu einem Zeitpunkt gewesen sind, wo die griechische Staatsanleihe 8 Prozent Rendite geboten hat. Wer war das? (Abg Ing Mag Bernhard Dworak: Banken!) - Banken und Versicherungen, die sich, um diese Staatsanleihen zu kaufen, von wem um 1 Prozent Euro-Geld geliehen haben? Von der Europäischen Zentralbank. Das heißt, das, was wir jetzt mit dem Rettungsschirm machen, ist, die Differenz von 7 Prozent, weil es mit Sicherheit keinen Abschlag gibt, den Banken zuzuschieben und bezahlen tun es wir alle. Bezahlen tun es wir mit 400 Millionen EUR

 

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