Landtag,
33. Sitzung vom 24.06.2010, Wörtliches Protokoll -
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damit es überhaupt irgendwann einmal, wann auch immer, zur Umsetzung
kommt. Und hier ist die Freude jetzt von grüner Seite leider getrübt, denn ja,
ein kleiner Schritt nach vorne wurde erreicht. Ja, natürlich mit der
Mindestsicherung gibt es endlich einheitliche Standards bundesweit und ja, mit
der Mindestsicherung wird der Regress eingeschränkt. Es bedeutet auch, dass
alle Betroffenen endlich eine E-Card erhalten. Es wird auch ein Rechtsanspruch
geschaffen. Das alles sind Forderungen, die es nicht nur seitens der GRÜNEN in
den vergangenen Jahren gegeben hat, sondern auch seitens der
SozialbetreuerInnen, seitens der Caritas, seitens der Armutskonferenz, seitens
all jener, die in Österreich der Armut den Kampf angesagt haben. Aber, und
dieses Aber ist jetzt ein ziemlich großes Aber, aber leider die Höhe, in der
diese Mindestsicherung ausgeschüttet werden soll, ist eine, die alles andere
als ausreicht, um Armut zu bekämpfen, meine Damen und Herren! Und ich gehe auch
davon aus, dass Sie alle, die sich in den vergangenen Jahren mit der Materie
befasst haben, wissen, dass laut aktuellen Zahlen 951 EUR 12 Mal im Jahr
jener Betrag wäre, der an die sozial Bedürftigen ausbezahlt werden sollte, um sicherzustellen,
dass man ein Leben in Würde verbringen kann. Wie sieht der Betrag aus, der
tatsächlich ausbezahlt werden soll? Ja, er ist um mehr als 200 EUR
darunter. Mehr als 200 EUR monatlich bedeutet, dass diesen Menschen, die
wirklich und wahrlich jeden Euro, jeden Cent zwei Mal umdrehen müssen bevor sie
ihn ausgeben, mehr als 2 000 EUR jährlich entgehen. Ich weiß nicht,
dass man sich vorstellen kann, von welchen Beträgen wir eigentlich sprechen,
mit denen ein aktueller Sozialhilfebezieher, eine Sozialhilfebezieherin und
künftig ein Bezieher der Mindestsicherung auskommen müssen. Wenn man bedenkt,
dass in diesen 744 EUR beispielsweise die Wohnbeihilfe, also die
Wohnunterstützung, inkludiert ist und einiges andere mehr und wenn man sich zum
Beispiel nur ein einziges Mal anschaut, wie viel man täglich zum Essen zur
Verfügung hat, dann kommt man auf einen Betrag von 4,49 EUR. Viereinhalb
Euro hat man täglich zum Essen! Versuchen Sie sich vorzustellen, wie man sich
von viereinhalb Euro täglich ernähren kann. Also ich gebe schon zu, es ist
möglich, dass man mit viereinhalb Euro nicht verhungert, aber von einer
gesunden Ernährungsweise ist man weit entfernt. Man gibt schlussendlich eine
soziale Unterstützung an Familien, an Mütter mit kleinen Kindern, an nahezu
400 000 Menschen, die jetzt einmal nach und nach und nach und nach von der
Armut in der Bundeshauptstadt betroffen sind und bundesweit wissen wir ja auch,
dass die Zahl auch eine sehr, sehr, sehr bedenkliche und massiv steigende ist
und man weiß zugleich, dass es ein Betrag ist, mit dem man kaum auskommen kann,
ein Betrag, der weit, weit unter jenem Betrag liegt, von dem sämtliche
Expertinnen und Experten uns sagen, dass er erforderlich wäre, um hier
tatsächlich existenzsichernd zu agieren und hier auch tatsächlich Familien vor
der Armut zu bewahren.
Wir sagen, dass diese Betragshöhe eigentlich eine sehr geringe, sehr
untragbare ist, eine ist, die, wie man so schön Wienerisch sagt „Zu viel zum
Sterben, zu wenig zum Leben ist“ und meinen, dass es hier Sinn macht, sich das
alles noch einmal anzuschauen und in Wien als Vorreiter zu gehen. Deshalb
wollen wir auch einen Antrag einbringen, mit dem wir beantragen, aus der
Minisicherung, so wie sie derzeit zum Beschluss vorliegt, eine echte
Mindestsicherung zu machen, meine Damen und Herren. Wir beantragen daher, die
Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Höhe von 951 EUR monatlich 12 Mal
im Jahr festzulegen. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Aber das Problem, mit dem wir konfrontiert sind, ist
nicht nur die bei Weitem nicht ausreichende Höhe der Mindestsicherung, so wie
sie jetzt beschlossen werden soll, sondern darüber hinaus auch die lange
Wartezeit. Und das ist eine Debatte, die wir hier mehrfach geführt haben. Wir
haben mehrfach in der Vergangenheit moniert, dass auf Grund dessen, dass die
Sozialämter überlastet sind, was Wunder ja auch bei der ständig steigenden
Anzahl von Personen, die dringend Betreuung brauchen, jene Menschen, die
Sozialhilfe und künftig die Mindestsicherung beantragen, mit mehrwöchigen
Wartezeiten rechnen können, bevor sie überhaupt einen Termin bekommen, dass sie
den Antrag stellen können. Das stimmt überhaupt nicht, sagt erneut unsere Frau
Stadträtin. Das stimmt sehr wohl, behaupte ich, denn ich kann mir nicht
vorstellen, dass Betroffene, die sich an uns wenden und die sich sehr wohl und
immer wieder auf einen Monat Wartezeit einrichten können, bis sie überhaupt den
Termin bekommen, das sicherlich nicht erfunden haben und ich orientiere mich
auch daran, was mir die Betroffenen immer wieder berichten. Ich sage, zu diesem
einen Monat Wartezeit kommen jetzt weitere dazu, denn was nun rechtlich
festgelegt ist, ist, dass sich die Behörde bis zu drei Monaten Zeit leisten
kann, bis es überhaupt zu einer Entscheidung kommt. Und jetzt stellen Sie sich
vor, was es für diejenigen bedeutet, die ohnedies manchmal auch innerhalb
kürzester Zeit in eine sehr, sehr prekäre finanzielle Situation geraten, dass
sie erstens einmal warten müssen, bis sie überhaupt den Antrag stellen können,
wie lange auch immer, und dann darüber hinaus bis zu drei Monate warten können,
bis sie ein Geld sehen. Ich frage Sie alle bei der Einkommenshöhe, die wir
haben: Wenn aus irgendeinem Verrechnungsfehler im Rahmen des Magistrats ein
Gehalt von uns verzögert ausbezahlt werden würde, was würden wir tun? Würden
wir nicht Sturm laufen? Würden wir nicht alle anrufen? Würden wir nicht
schauen, dass wir doch relativ bald zu dem Termin zu dem Geld kommen, wo wir es
brauchen? Würden wir nicht damit argumentieren, dass wir Rechnungen zu
begleichen haben? So und jetzt sozusagen finden wir, dass es vollkommen
rechtens ist und das wird, wie gesagt, jetzt auch rechtlich festgelegt, dass
das okay ist, dass jemand, der unter Umständen nicht
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