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Landtag, 32. Sitzung vom 21.05.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 28

 

(Beginn um 9.02 Uhr.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Ich wünsche einen schönen guten Morgen!

 

Die 32. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet. Wenn einigermaßen Ruhe einkehrt, darf ich fortfahren.

 

Entschuldigt ist Herr Abg Mag Chorherr auf Grund von Krankheit, Herr Abg Florianschütz und Frau Abg Dr Laschan sind beruflich verhindert, Herr Abg Kenesei befindet sich im Ausland, und Herr Abg Mag Kowarik befindet sich auf Urlaub.

 

Vom Grünen Klub im Rathaus wurde ein Verlangen auf Einberufung einer Sitzung des Landtages zum Thema „Novomatic wünscht – Wien spielt mit: Der Wiener Kniefall vor der Glücksspiellobby" eingebracht.

 

Ich habe in Entsprechung des § 120 Abs 4 der Wiener Stadtverfassung in Zusammenhalt mit § 8 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien zu dieser Sitzung eingeladen.

 

Die Geschäftsordnung sieht vor, dass in Sitzungen des Landtages auf Verlangen keine Geschäftsstücke verhandelt werden. Der Entfall von Fragestunde, Aktueller Stunde und dringlichen Initiativen ist in der Fraktionsvereinbarung festgeschrieben.

 

Gemäß § 15 Abs 2 in Zusammenhalt mit § 31 Abs 1 der Geschäftsordnung gebe ich bekannt, dass eine schriftliche Anfrage von Abgeordneten des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien eingelangt ist.

 

Ich begrüße die Damen und Herren, unsere Gäste auf der Galerie.

 

Wir kommen nun zur Besprechung des Verlangens.

 

Zur Begründung hat sich Frau Abg Mag Vassilakou zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr, wobei ich bemerke, dass die Redezeit auf zehn Minuten beschränkt ist. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 

Abg Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren!

 

So sieht es aus bei uns: Wenn das Thema unangenehm ist beziehungsweise wenn es zumindest für bestimmte Fraktionen unangenehm ist, versuchen Sie, sich zu ersparen, was Sie zu hören bekommen werden.

 

Ich werde es Ihnen aber nicht ersparen! Insbesondere werde ich es Ihnen, meine Damen und Herren von der FPÖ, nicht ersparen! Wir werden auf Sie noch zu sprechen kommen im Zusammenhang mit dem Kleinen Glücksspiel in Wien.

 

Hohes Haus! Während wir hier reden, verdient die Stadt an der Spielsucht von Menschen. 150 000 EUR werden es heute wieder sein, 150 000 EUR sind es täglich, und an die 55 Millionen EUR an Steuern nimmt die Stadt Wien pro Jahr auf Grund der Spielsucht von Menschen ein, die nicht gerade zu den Begütertsten und Reichsten in der Stadt gehören. Oder haben Sie jemals feine Herren in teuren Anzügen in irgendeiner der Spielhöllen beobachten können, die Tausende von Euro innerhalb weniger Stunden an Kleinen Glücksspiel-Automaten verspielen? – Nein! Die Reichen sind nicht die Kunden solcher Spielhöllen! Vielmehr sind es junge Menschen, ärmere Menschen oder auch Familienväter. Auch Familien werden auf diese Art und Weise in die Armut getrieben, und die Stadt verdient – wie gesagt – kräftig dabei, nämlich 55 Millionen EUR pro Jahr.

 

Meine Damen und Herren! Fahren Sie durch den 15., den 16. oder den 17. Bezirk! Ich gehe davon aus, dass diejenigen von Ihnen, die dort wohnen so wie ich, ganz genau wissen, von welchen Straßenzügen ich rede. Sie werden ganz genau nachvollzogen haben, wie im vergangenen Jahrzehnt ziemlich an jeder Ecke ein neues Automatencafe eröffnet hat, und ganz genau beobachtet haben, wie diese immer mehr werden und offensichtlich alle ein prächtiges Geschäft machen! Daher werden es immer mehr und noch mehr, und auf diese Art und Weise werden Tausende von Menschen in Wien in die Spielsucht getrieben.

 

Meine Damen und Herren! Inzwischen sind 30 000 Menschen in Wien spielsüchtig, und die Tendenz ist steigend! Es geht dabei um 30 000 Existenzen, und das bedeutet, dass Kinder keine Weihnachtsgeschenke bekommen, dass Kinder nicht auf Urlaub fahren können, dass ganze Familien zerrüttet sind und dass junge Menschen bereits in sehr jungen Jahren verschuldet sind.

 

Ich kann Ihnen von einem speziellen Fall, den ich persönlich kennengelernt habe, berichten: Der Mann heißt Mario. Er hat mit 15 begonnen zu spielen. Heute ist er 26, und er hat innerhalb weniger Jahre 57 000 EUR an Automaten verspielt. Er hat eine sehr schwierige Geschichte hinter sich. Er ist erst seit sechs Monaten in Therapie. Und es gibt 30 000 Marios oder wie auch immer sie heißen mögen in dieser Stadt, die teilweise auch nicht in Betreuung sind, weil die Betreuungsstellen nicht mehr nachkommen.

 

Und die Folgen all dessen hat die Allgemeinheit zu tragen, meine Damen und Herren! Die Folgen haben teilweise wiederum wir als Stadt Wien zu tragen, sei es über die Sozialhilfe, die ausgeschüttet werden muss, sei es aber auch in einer anderen Art und Weise, in der die Stadt sozusagen durch die Hintertür versuchen muss, gescheiterte Existenzen finanziell aufzufangen. Das psychische Leid und das, was innerhalb einer Familie passiert, können wir jedoch nicht auffangen. Das kann keine Stadtpolitik auffangen, und das kann man auch nicht mehr rückgängig machen.

 

Daher wundert es mich und frage ich mich, wie es denn sein kann, dass Sie heute da sitzen, teilweise vollkommen vergnügt miteinander schnattern und es Ihnen eigentlich relativ egal ist, dass demnächst im Nationalrat eine Novelle in diesem Zusammenhang beschlossen wird! (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Was ist das für eine Unterstellung? – Abg Godwin Schuster: Wie kannst du derartige Unterstellungen machen?) Das ist keine Unterstellung, mein Lieber! Das ist keine Unterstellung! Ich höre ja das Schnattern! Ich stehe hier und schaue in die Bänke und sehe, ob man mir zuhört!

 

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