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Landtag, 30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 82

 

seiner Meinung! Umso sensibler müsste man bei dieser Sache sein oder?

 

Außerdem sollte die Tatsache, ob Abg Kowarik mit Prof Mayer einer Meinung ist, kein Grund sein, einem Wahlrecht zuzustimmen oder nicht. – Das aber nur nebenbei.

 

Interessant ist auch ein Beitrag aus der Tageszeitung „Die Presse“ vom 25. Februar 2009 im Zuge der Einführung des Ganzen auf Bundesebene. Auch in diesem Artikel wird angemerkt, dass vor allem die Möglichkeit, auch nach Wahlschluss zu wählen, ein riesengroßes Problem ist. Das lässt sich nämlich nicht kontrollieren. Wieder darf ich Heinz Mayer, den Dekan der Wiener Jusfakultät, nennen und zitieren. – Er nennt ein Beispiel: Ein Unternehmer könnte anordnen, dass alle Mitarbeiter vor seinen Augen die richtige Partei bei der Briefwahl ankreuzen. Das ist ein Beispiel von vielen.

 

Auch der ehemalige Verfassungsgerichtshofspräsident Karl Korinek, er wurde heute ebenfalls schon genannt, macht im Gespräch mit der „Presse“ keinen Hehl daraus, dass er betreffend Briefwahl ein bisschen Angst hat. – Ein bisschen ist gut! Tatsache ist: Die Anonymität des Wählers ist ungesichert. Manipulationen sind leichter möglich.

 

Ich möchte jetzt gar nicht auf das E-Voting eingehen. Das ist ja die größte Katastrophe für demokratische Wahlvorgänge! Es hat sich hoffentlich inzwischen auch schon bei den zuständigen Ministern herumgesprochen, dass das ein vollkommen ungenügender Weg ist, das Wahlrecht entsprechend sicher zu machen.

 

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich ersuche Sie und fordere Sie auf, noch einmal in sich zu gehen, das zu überdenken und – was natürlich der Idealvorgang wäre! – mit den anderen Fraktionen zusammen einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, in den wir all diese Überlegungen mit einfließen lassen können. Allein die Tatsache, dass Manipulation in derartigem Ausmaß möglich ist, sollte Sie eigentlich schon aufschrecken! Wir von den Freiheitlichen können diesem Gesetzesentwurf auf keinen Fall zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag Vassilakou. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Er wurde mir nicht gemeldet. (Weitere Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Gut. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Chorherr. Ich ersuche ihn darum.

 

Abg Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Irren ist menschlich! Schlamperei kommt vor. Dafür habe ich Verständnis. Das könnte mir auch passieren.

 

Ich bin froh, dass ich jetzt sprechen kann, denn dieses Thema geht mir wirklich unter die Haut. Ich habe jetzt keine vorbereitete Rede. Ich will Ihnen einfach meine innere Haltung kommunizieren. Ich habe das nicht für möglich gehalten! Schande über mich, dass ich die Abläufe, die ich hier mitbeschlossen habe, nicht so genau gekannt habe!

 

Wenige Tage nach der Wahl habe ich eine Zeitung gelesen, die ich nicht jeden Tag lese. Ich habe sie halt an einem stillen Örtchen gelesen. In dieser Zeitung stand: „So ändern Sie jetzt das Ergebnis.“ – Gemeint war das Wiener Wahlergebnis. Ich habe mir das angeschaut und habe mir gedacht: Das gibt es ja nicht! Ich habe mich geirrt! Die machen ja einen Witz! Tage nach Wahlschluss findet sich die Schlagzeile in „Österreich“: „So ändern Sie jetzt das Wahlergebnis.“ Ich dachte mir: Spinne ich? Okay, bei dieser Zeitung sind ja auch sonst nicht gerade die Meister der Recherche. Aber das gibt es ja nicht!

 

Ich wurde von kundigen Kollegen aufgeklärt: Ja, das gibt es! – Dann habe ich begonnen, mich dafür zu interessieren. Ich habe mich erinnert, dass am Sonntag die Beteiligung 25 Prozent betrug. (Zwischenruf von Abg Siegi Lindenmayr.) Kollege Lindenmayr! Die, die am Montag eingeworfen werden, kommen fast alle am Dienstag an. Am Dienstag war die Beteiligung bei 27 oder 28. Und wann sind, wie wir heute wissen, die meisten Stimmen gekommen? – Am Donnerstag und am Freitag!

 

Ich schimpfe zwar viel über die Post, aber statistisch rechne ich mit etwa eins zu fünf, dass eine Sendung später ankommt. Vier von fünf kommen in Wien am nächsten Tag an.

 

Damit spreche ich jetzt aus, was viele nicht aussprechen: Ich bin der festen Überzeugung, dass die Leute nicht am Freitag gewählt und sich dann gesagt haben: Ich bin so faul, ich warte jetzt, denn ich kenne die Wiener Wahlordnung ohnedies genau, so wie sie alle Wiener sozusagen im kleinen Finger haben. Ich weiß genau Bescheid über die Acht-Tages-Frist. Daher lasse ich die Wahlkarte jetzt liegen. Ich habe sie schon unterschrieben und brav vor der Wahl ausgefüllt, ich lasse sie jetzt aber am Samstag und am Sonntag liegen. Am Montag sehe ich schon ein Resultat, aber ich lasse die Wahlkarte jetzt noch einen Tag liegen, denn die Wahlordnung sieht ja acht Tage vor. Für Stürzenbecher gebe ich sie am Mittwoch oder am Donnerstag auf. (Heiterkeit bei den GRÜNEN!)

 

Ich kann das nur lustig sagen, sonst rege ich mich noch mehr auf! Ich muss mich selber beruhigen!

 

Ich unterstelle einem Großteil der Bevölkerung, nicht Ihnen, dass die Leute aus demselben Grund schwarz fahren, obwohl sie wissen, dass das nicht legal ist und sie eine Übertretungsstrafe bekommen, und es auch Menschen in Wien gibt, die am Sonntag die Zeitung fladern, obwohl das illegal ist, und es auch Leute gibt, die auf der Autobahn 160 fahren, obwohl das illegal ist. Das sind ziemlich viele. Natürlich könnte ich sagen: Sie werden doch nicht von der Wiener Bevölkerung annehmen, dass die schwarzfahrt! – Sie nehmen aber zu Recht an, dass es Schwarzfahrer gibt, und daher schicken sie Schwarzkappler und Schwarzkapplerinnen aus. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Sie aber stellen sich diesfalls her und sagen. Eine Übertretung ist doch strafbar. Mit Sicherheit werden alle vor Sonntag gewählt haben! – Darauf sage ich: Sicherlich nicht. (Abg Godwin Schuster: Damit unterstellen Sie,

 

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