Landtag,
30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 82
gehen. – Das kann es wohl nicht sein! Das ist ja unsinnig! Und
daher bleibt es in Wien als Land und als Gemeinde nach wie vor dabei, dass
Zweitwohnbesitzer, also solche, die nicht hier hauptgemeldet sind, nicht wählen
dürfen. Daher schlage ich vor, dass wir diesen Antrag ablehnen.
Zur Briefwahl: Das steht auch in der Begründung zu dem Wahlabo. Wir
haben das bei der Volksbefragung schon diskutiert: Da wurden wilde
Spekulationen angestellt, welche Manipulationen es da gegeben hat.
Ich rechne das auch heute gerne noch einmal vor: Der Briefkasten, in
den jemand am Freitag seine Karte schmeißt, wird frühestens am Montag um
16 Uhr ausgeleert. Samstag und Sonntag werden die normalen Briefkästen
nicht mehr ausgeleert. Bei meinem Briefkasten ums Eck findet eine Entleerung am
Freitag um 16 Uhr und die nächste Entleerung am Montag um 16 Uhr
statt. Wenn jemand am Freitag seine Stimme abgibt, wird der Stimmzettel jetzt
erst frühestens am Montag mit ausgeleert, und wir wissen, dass die Post nicht
unbedingt in der Lage ist, tatsächlich am nächsten oder übernächsten Tag
zuzustellen. Wenn also diese Wahlkarte am Donnerstag oder Freitag bei der
Wahlbehörde einlangt, dann sind das nicht irgendwelche wilde Manipulationen,
die ständig in den Raum gestellt werden, sondern entspricht das einer ganz
normalen Tatsache.
Noch einmal: Wenn der Postkasten am Montag um 16 Uhr ausgehoben
wird, geht sich die Zustellung am Dienstag sowieso nicht aus, am Mittwoch
vielleicht mit viel Glück, der große Schwung wird eher am Donnerstag und
manchmal auch erst am Freitag zugestellt. Jeder von uns kennt die Geschichten,
dass ein Brief aufgegeben wurde und erst 14 Tage später angekommen ist.
Das ist leider so! Daher ist die Acht-Tages-Frist, die der Bund vorgibt, eine
ganz vernünftige Sache.
Ich könnte auch in diesem Zusammenhang sagen, was heute schon ein paar
Mal in einem anderen Zusammenhang gefallen ist: Man kriminalisiert Menschen.
Man sagt, dass sie ihre Stimme bewusst erst am Montag oder Dienstag abgegeben
haben.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch erwähnen, dass man im
Gegensatz zur Volksbefragung bei der Nationalratswahl und auch bei der
Bezirksvertretungs- und Gemeinderatswahl die Wahlkarte aktiv beantragen muss.
Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen, die eine Wahlkarte beantragt
haben, sich am Sonntag überlegen: Ich gehe jetzt doch nicht wählen! Jetzt warte
ich darauf, wie das Wahlergebnis ausschaut und gebe die Wahlkarte erst am
Montag oder Dienstag auf. – Das ist eine ganz seltsame Unterstellung, die
man den Menschen macht. Das ist meiner Meinung nach überhaupt nicht
nachvollziehbar. Daher kann ich diesem Antrag nicht zustimmen!
Das ist, wie gesagt, reine Spekulation. Es gibt auch überhaupt keine Beweise
dafür. Wer das tut, begeht eine Verwaltungsübertretung, und dafür gibt es auch
Strafbestimmungen.
Ich glaube, ich bin jetzt alle Anträge durchgegangen. Ich lasse auch
meinem Kollegen Stürzenbecher noch die Chance, ein bisschen etwas dazu zu
sagen. Ich ersuche Sie alle, dem Wahlrecht zuzustimmen! Es ist ein gutes
Wahlrecht. Es handelt sich dabei um eine Harmonisierung mit den Beschlüssen auf
Bundesebene, und die SPÖ schlägt
vor, das heute anzunehmen. – Danke. (Beifall
bei der SPÖ.)
Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr Abg Mag Kowarik. Ich ersuche ihn um sein Wort.
Abg Mag Dietbert Kowarik
(Klub der Wiener Freiheitlichen):
Frau Präsidentin!
Am Beginn meiner Rede möchte ich etwas sagen, was ich sonst eher sehr
selten sage: Ich möchte mich bei Kollegen Margulies bedanken, der in seiner
Rede das Problem wirklich gut umrissen und dargestellt hat. Es war dies wohl
eine der wenigen Situationen, bei denen ich auch zur Rede geklatscht habe. Ich
muss Ihnen zugestehen, dass Sie auch aus meiner Sicht ganz recht gehabt haben.
Herr Kollege Lindenmayr! Wenn Sie am Beginn Ihrer Rede gesagt haben,
dass irgendwelche Koalitionen, die es nach der Wahl geben könnte, schon jetzt
vorbereitet werden, dann erwidere ich: Jetzt geht es nicht um Polemik, sondern
um eines der höchsten Güter und eines der höchsten und sensibelsten Rechte, die
wir im österreichischen Staatsgefüge haben, nämlich ums Wahlrecht. Dieses
Wahlrecht ist deshalb so sensibel, weil es Ausdruck eines unserer
Grundprinzipien im Verfassungsgefüge ist.
Sie werden wissen: Eines der wichtigsten, wenn nicht sogar das
wichtigste Grundprinzip unserer Bundesverfassung, die natürlich auch für uns in
Wien gilt, ist das demokratische Prinzip, und dabei ist natürlich auch ganz
wichtig und geregelt, wie Wahlen und das Wahlverfahren stattfinden Es ist schon
lange her, dass das Wahlrecht erkämpft werden musste, und das Wahlrecht, wie es
in der jetzigen Art und Weise zur Verfügung steht, gilt tatsächlich für alle
gleich.
Jetzt gehen wir leider Gottes wieder einen Schritt zurück und entfernen
uns von diesen Grundprinzipien des Wahlrechtes, die an und für sich wirklich
hart erkämpft wurden und ganz wichtig sind. Man sollte gerade bei Änderungen
und Novellierungen dieser Gesetzesbestimmungen, die nicht formelles, aber
materielles Verfassungsgesetz sind, umso sensibler und bedächtiger vorgehen.
Das ist hier aber nicht geschehen. Sie haben leider Gottes nicht alle anderen
Fraktionen mit eingebunden. Es gibt einen Initiativantrag. Auch diesen hätten
wir akkordieren können Es wäre sinnvoll gewesen, gerade bei einer so wichtigen
Angelegenheit zu versuchen, möglichst das ganze Haus mit einzubinden. Leider
Gottes ist das nicht geschehen!
Zur Briefwahl im Allgemeinen: Es wurde schon vorgelesen, wer dieser im
Nationalrat zugestimmt hat, und Sie haben auch richtig vorgelesen, dass die
Freiheitlichen damals nicht zugestimmt haben. Wir meinen, dass das ein ganz
eklatanter und negativer Einschnitt in bisher geltende Prinzipien des Wahlrechtes
ist.
Mehrere Prinzipien werden dabei verwässert und
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