Landtag,
30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 82
oft genug Menschen die Ummeldung ihres Hauptwohnsitzes vergessen oder
Monate später vornehmen, aus welchen Gründen auch immer, sind Sachen, die
vorkommen.
Jetzt kommen wir zum vorgeschlagenen Wahlabo. Was macht das Wahlabo?
Ich verstehe zunächst einmal die Intention. Aber ich bleibe beim postalischen
Weg. Wer ein Wahlabo beantragt, erhält hinkünftig, so wie bei der
Volksbefragung, seine Stimmkarte zugesandt. Nicht eingeschrieben, oder? Ich
hoffe, da liege ich richtig. Auf Grund des Gesetzes wird sie einfach zugesandt,
weil auch die Möglichkeit des Verlorengehens auf dem Postweg das Risiko
desjenigen ist, der das Wahlkartenabo beantragt hat. Daraus schließe ich, dass
es nicht eingeschrieben erfolgen kann, weil dann liegt das Risiko dafür auf der
anderen Seite.
Wie ist das mit dem Wahlkartenabo? Was ist geplant? Ich kann mir schon
vorstellen, was grundsätzlich geplant war. Menschen, die nicht gescheit
gehfähig sind, die nicht gescheit transportfähig sind, die bettlägerig sind,
sollen leichter zu einer Wahlkarte kommen. Nur, warum eigentlich? Die sind ja
nicht blöd. Die sind möglicherweise nur gehbehindert. Sie sind möglicherweise
nicht transportfähig. Sie sind bettlägerig, aber sie haben nichts am Hirn. Bei
den vielfältigen Möglichkeiten, eine Wahlkarte zu beantragen, spricht doch
überhaupt nichts dagegen, dass auch bettlägerige Menschen und gehbehinderte
Menschen zum Hörer greifen - die einfachste Möglichkeit - und sich eine
Wahlkarte für den jeweiligen Wahltag bestellen.
Das Gesetz selbst - das ist dann zumindest das nächste Originelle -
ermöglicht in Wien den Einstieg in das Wahlkartenabo für jeden. Es stellt nicht
auf eine chronische Bettlägerigkeit oder auf eine chronische Geh- und Transportfähigkeit
ab, sondern es stellt auf den Wahltag ab. Wer am Wahltag nicht geh- und
transportfähig oder bettlägerig ist - ich muss jetzt genau nachlesen -, aus
Altersgründen, aus Krankheitsgründen oder aus sonstigen Gründen, kann das
Wahlkartenabo beantragen. Wie soll man denn wissen, ob das jemand am Wahltag in
zehn Jahren oder am Wahltag in fünf Jahren oder am Wahltag in sechs Monaten
ist?
Auf jeden Fall könnte ich es nach diesem Gesetz einfach einmal
probieren, weil ich mir denke: Warum steht es mir denn nicht zu? Vielleicht bin
ich in sechs Monaten bettlägerig? Wenn ich ein Pech habe, dann bin ich krank.
Das kann auch nicht überprüft werden. Warum die Strafbestimmung im § 39
enthalten ist, ist klar. Diese ist drinnen, damit nicht Menschen, die eigentlich
wählen gehen könnten, sich eine fliegende Wahlkommission nach Hause rufen. Da
kann man auch am Wahltag überprüfen, ob jemand tatsächlich gehfähig oder
transportfähig gewesen wäre. Das kann die fliegende Wahlkommission, da sie es
ja sieht. Und für ein fälschliches Rufen der fliegenden Wahlkommission gibt es
die Verwaltungsübertretung. Aber es kann nicht festgestellt werden, ob ein
Mensch, der ein Wahlkartenabo beantragt, am Wahltag, welcher Wahltag das auch
immer ist, bettlägerig ist, nicht transportfähig ist, nicht gehfähig ist.
Aus diesem Grund bringe ich den Antrag ein: „Der Landtag wolle
beschließen, § 39 Abs 2a ersatzlos zu streichen."
Ich hoffe dass sie mir in dieser Argumentation auch folgen können. Ich
hoffe auch - das wäre meine eigentliche Intention -, dass auf Grund dessen, was
von der Argumentation her sowohl mein Vorredner als auch ich gebracht haben,
wir uns gemeinsam zusammensetzen und uns zumindest in diesem Bereich gemeinsam
überlegen, wie das Gesetz aussehen kann.
Sie können den Initiativantrag zurückziehen und ich verspreche Ihnen,
wir setzen uns gemeinsam zusammen und überlegen uns gemeinsam, wie wir
möglichst nicht missbrauchsanfällig eine Briefkartenwahl sinnvoll durchführen
können. Aber machen wir das nicht in einer Husch-Pfusch-Aktion, wo sich jetzt
tatsächlich herausstellt, dass dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird.
Ich bringe daher jetzt, wie schon vorher begründet, auch noch einen
anderen Abänderungsantrag ein:
„§ 58a Abs 2 soll wie folgt lauten: Hiezu hat die wahlberechtigte
Person den von ihr ausgefüllten amtlichen Stimmzettel in das Wahlkuvert zu
legen, dieses zu verschließen und in die Wahlkarte zu legen. Sodann hat sie auf
der Wahlkarte durch eigenhändige Unterschrift eidesstattlich zu erklären dass
sie den amtlichen Stimmzettel persönlich, unbeobachtet und unbeeinflusst
ausgefüllt hat. Anschließend ist die Wahlkarte zu verschließen und so
rechtzeitig an die zuständige Bezirkswahlbehörde zu übermitteln, dass die
Wahlkarte spätestens mit dem Schließen des letzten Wahllokals einlangt." -
Und so weiter. Ich ersuche um Zustimmung zu beiden Abänderungsanträgen. Noch
viel lieber wäre mir, wir besprechen eine Wahlrechtsänderung gemeinsam. - Danke
sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Prof Harry Kopietz:
Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Tschirf. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Matthias Tschirf
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Stadträtin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich kann hier nahtlos anschließen. Auch aus unserer Sicht wäre es
vernünftig, Gespräche zwischen den Parteien zu führen. Wir sind sicherlich
gegenüber der Frage der Briefwahl weitaus offener als meine Vorredner. Trotzdem
mussten wir im Zuge der letzten Volksbefragung feststellen, dass diesbezüglich
doch noch in einigen Punkten zu hinterfragen ist, wie sich das abgespielt hat.
Wenn 80 000 Stimmkarten erst nach Wahlschluss abgegeben wurden und
eine Zeitung sogar darauf aufmerksam gemacht hat, dass man sogar noch später abstimmen
könnte, dann zeigt das, dass man sehr sensibel damit umgehen sollte, wie diese
80 000 Briefwahlstimmzettel eingesammelt wurden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Setzen wir uns
noch einmal zusammen und besprechen wir das zwischen den Parteien in dieser
Stadt! Ziehen wir einen Vergleich heran! Vor Kurzem haben beispielsweise
Gemeinderatswahlen in Niederösterreich stattgefunden, und bei diesen
Gemeinderatswahlen in Niederösterreich
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