Landtag,
30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 82
der FPÖ als wir mit der FPÖ. Aber das ist eben Parlamentarismus, dass
man oft gemeinsam abstimmt. Das ist überhaupt nichts Sonderbares, sondern unser
tägliches Brot, und wir wären schlechte Parlamentarier, wenn wir das nicht
machen würden.
Und jetzt noch zur Caritas, die ich außerordentlich schätze, und ich
weiß ja auch von Landau aus einem früheren Gespräch, dass er gesagt hat, er
schätzt außerordentlich die soziale Politik in Wien und er ist auch bereit, das
öffentlich zu sagen - das war aber nicht zu diesem Gesetz, das muss ich auch
dazusagen. (Ironische Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Und deshalb muss ich
dazu sagen, wir werden mit jenen Freunden, die dieses Gesetz vielleicht nicht
gut kennen oder die Motive nicht kennen, den Dialog pflegen. - Bei Ihnen (in Richtung GRÜNE) ist es aussichtslos,
denn ihr seid Polemiker und glaubt, ihr gewinnt Stimmen, wenn ihr die Position
habt, die ihr habt. - Aber mit jenen Leuten, die im ersten Augenblick dieses
Gesetz ablehnen, weil sie es falsch verstanden haben oder nicht genau kennen,
werden wir den Dialog pflegen und versuchen, sie zu überzeugen.
Und wir wissen, dass diese klug differenzierte Politik die
überwältigende Zustimmung vor allem der Wiener Bevölkerung hat. Wir wissen,
dass das von den Bürgerinnen und Bürgern unterstützt wird. Wir sollten die
Kirche im Dorf lassen: Es ist eine mittelmäßig bedeutende Adaptierung des
Sicherheitspolizeigesetzes von Wien. Da jetzt alles Mögliche hineinzuinterpretieren,
ist einfach ein Unsinn. Es ist eine angemessene Adaptierung des
Landes-Sicherheitsgesetzes, die die organisierte, ausbeuterische Kriminalität
wirksam treffen wird, die die nichtorganisierte, nichtgewerbliche Bettelei
selbstverständlich weiter ermöglichen wird. Und damit wird humanistischen
Zielsetzungen nähergetreten.
Schauen wir, dass wir die Menschenrechte weiter fördern und
durchsetzen! Deshalb plädiere ich für die Zustimmung zu diesem maßvollen und
durchdachten Gesetz. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Zu einer tatsächlichen
Berichtigung hat sich Herr StR Ellensohn zum Wort gemeldet. Drei Minuten
Redezeit. – Bitte.
StR David Ellensohn: Meine Damen und Herren! Das kann man in
drei Minuten nicht alles sagen – ich hätte mich wohl besser als Redner zu Wort
melden und eben erst später reden sollen.
Ich berichtige tatsächlich: Dieses Gesetz ist nicht maßvoll. Ich
berichtige tatsächlich: Dieses Gesetz ist nicht durchdacht. (Abg Mag Wolfgang Jung: Das ist aber
eine „tolle" tatsächliche Berichtigung!) Ich berichtige tatsächlich
und komme dann auch auf ein paar Zahlen zu sprechen. (Abg Heinz Vettermann: Das klingt ja fast wie ein Debattenbeitrag!)
Wofür die SPÖ steht, darauf will ich jetzt gar nicht eingehen. Die SPÖ
steht heute auch schon für die Stiftungen, die der Voves hat, wofür er keine
Steuern zahlt, und für die Inserate, die Sie schalten in der „NFZ", und
das Geld, das Sie dem Ring Freiheitlicher Jugend geben, und dafür, dass Sie den
Herrn Graf wählen. (Abg Mag Wolfgang
Jung: Eine „echte" Berichtigung!) Für all das steht die verwahrloste
Sozialdemokratie auch. Und dafür, dass Sie Geld von der Novomatic nehmen und
Gesetze beschließen. - Das kann ich so sagen, denn dafür kann man nicht geklagt
werden, weil es die Wahrheit ist. (Abg
Karlheinz Hora: Also, wir sagen ja auch nicht über die GRÜNEN ein paar
Bemerkungen! So kann es nicht gehen!)
Und ich berichtige jetzt tatsächlich: Herr Stürzenbecher hat hier in
Bezug auf Armut in dieser Stadt gesagt, dass man mehr oder weniger die Armut
hier abgeschafft hat, dass es viel besser ist als anderswo.
Ich berichtige tatsächlich: Die Berichte, die es dazu gibt - die Stadt
Wien verweigert ja, einen Armutsbericht zu machen -, besagen, 17 Prozent
der Wiener und Wienerinnen leben unter der Armutsgrenze. Das ist eine ganze
Menge! Die Kinderarmut in Wien ist nicht besser als anderswo, sondern dreimal
so hoch wie in Dänemark. Dreimal so hoch! Wenn Sie ein Kind sind und Sie sind
sieben Jahre alt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie in einem Haushalt leben (Abg Godwin Schuster: Und welchen Passus
berichtigst du jetzt tatsächlich?), wo man mit dem Geld hinten und vorne
nicht zurechtkommt, dreimal so hoch wie in Dänemark. - Nur damit man das einmal
weiß.
Diese Stadt ist längst auf dem falschen Weg, was das angeht. Die
Armutsbekämpfung schaut heute so aus: Augen zu, durch! FPÖ-Politik, fertig,
aus! Wir wollen alles nicht sehen!
Das Gegenteil dessen, was Herr Stürzenbecher gesagt hat, ist wahr. Und
vieles andere mehr war auch noch falsch. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dipl-Ing Margulies.
Ich erteile es ihm.
Abg Dipl-Ing Martin Margulies
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wäre Barbara Rosenkranz hier im
Raum, die Sozialdemokratie hätte eine Stimme mehr. Bei diesem Gesetz würde sie
jubeln! (Abg Anica Matzka-Dojder: Das ist ziemlich tief!)
Das Gesetz ist tief! Das war eine Feststellung: Das Gesetz ist tief.
Ein Gesetz, das die Ärmsten der Armen kriminalisiert, ein Gesetz, das einen
einzigen Sinn und Zweck verfolgt, etwas, das im 1. Bezirk auch passiert:
Alles und jedes, was vor der Wahl nicht ins Bild einer sauberen, properen Stadt
passt, muss weg! Und damit legt man sich mit ÖVP und FPÖ in ein Boot und
versucht, Bettler und Bettlerinnen zu kriminalisieren. Und man nimmt die
krausesten Argumentationen! Kollege Stürzenbecher, ich schätze dich im
Normalfall, aber ich habe das noch nicht erlebt, dass du in einem
Gesetzgebungsverfahren dann sagst, die Polizei wird es richtig interpretieren,
ohne selbst zu sagen, was neben der im Strafgesetzbuch eindeutig geregelten
Gewerbsmäßigkeit gemeint ist.
In der Begründung steht drinnen: „regelmäßig
wiederkehrend". - Na, was macht denn ein Bettler?! Der sitzt ja nicht aus
Spaß auf der Straße und bettelt, sondern der macht es, um Geld zu verdienen! (Abg
Mag Wolfgang
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