Landtag,
29. Sitzung vom 28.01.2010, Wörtliches Protokoll -
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Kollege Strobl, nicht zufrieden. – Das einmal zur Feststellung,
was die Unternehmer über die Elegien der Sozialdemokraten denken.
Ganz generell ist betreffend KMU-Betriebe festzustellen, dass die
Förderagentur des Bundes AWS ganz einfach eine völlig unzureichende,
langfristige und bürokratische Förderung bietet.
Zur Frage, was in der nächsten Zeit in diesem Zusammenhang von der
Bundesregierung, aber auch von den Sozialdemokraten hier in Wien getan werden
wird: Es zeichnen sich ja ganz offensichtlich Steuererhöhungen ab. Wir werden
hören, was Kollege Strobl dazu sagt. Hoffentlich ist das nicht der Fall, das
würde uns freuen! Die Steuer- und Abgabenquote in Österreich ist mit 42 Prozent
eine der höchsten innerhalb der EU-Zone. Das heißt, es müsste Senkungen und
nicht Erhöhungen geben!
Die von der Bundesregierung angedachte und angesagte
Mittelstandsmilliarde ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Übrigens sind
100 Millionen EUR übriggeblieben, weil die bürokratische Abwicklung
so schwierig ist, dass das von den Leuten, die betroffen sind, gar nicht in die
Wege geleitet werden kann. Dafür wurden die Banken massiv mit rund
100 Milliarden EUR gestützt, was zum Teil richtig ist. Leider ist
aber für die KMU nichts übrig geblieben! Anstatt ein Hilfspaket für Österreich
zu schnüren, mit dem endlich entsprechende Mittel für die KMU zur Verfügung
gestellt werden, wurden die Banken ohne Auflagen gestützt. Die Banken wurden
nämlich nicht verpflichtet, dem Mittelstand auf Grund der Hilfszahlungen
Kredite zukommen zu lassen, und sie tun das auch nicht.
Daher wäre dieser Österreichfonds von großem Wert, gemeinsam mit
anderen wichtigen Maßnahmen wie etwa dem völligen oder zumindest zeitweisen
Aussetzen der Basel II-Kriterien, die eine echte Katastrophe für die
Unternehmer sind. De facto bedeutet das nämlich, dass mit Basel II neue
Kriterien festgesetzt wurden und Betriebe, die durch Jahrzehnte ordentlich
gewirtschaftet haben, alle Kreditraten abgeführt und alles beglichen haben,
heute keine Kredite mehr bekommen, weil neue Kriterien gelten. Dagegen wurde
nichts unternommen!
Beim AWS dauern die Bearbeitungs- und Abwicklungszeiträume für
Förderungen sechs bis sieben Monate. Oft genug ist es daher der Fall, dass
dann, wenn sie überhaupt zustande kommen, die Zeit abgelaufen ist, die
notwendig war, um sie in Anspruch zu nehmen. Außerdem dauert es nicht nur zu
lange, sondern die Beantragung ist für die Mittelstandsunternehmen kaum möglich
und wahnsinnig schwer zu überblicken. Es wäre hoch an der Zeit, dass man das
aus den Klauen der Bankenlobby befreit und zu einer Direktabwicklung bringt!
Die Entbürokratisierung des Förderwesens wäre ein ganz wichtiger Punkt.
Nochmals: Es wäre ganz wichtig, neben der Entbürokratisierung dafür zu
sorgen, dass das AWS durch einen Österreichfonds mit einer Dotierung von etwa
10 Milliarden EUR – das sind 10 Prozent von dem, was die
Banken bekommen haben – in die Lage versetzt wird, durch Direktvergabe den
Klein- und Mittelbetrieben jene Unterstützung zu geben, die Frau Kollegin
Schinner so lobend hervorhebt. Das ist bisher nicht erfolgt! Außerdem muss
endlich dafür Sorge getragen werden, dass die richtig erkannte wirtschaftliche
Bedeutung der KMU endlich auch eine entsprechende Würdigung durch die Politik
in Bund und Land erhält. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Marianne Klicka: Ich darf als nächsten Redner
Herrn Abg Dipl-Ing Margulies zum Rednerpult bitten.
Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
In einem Punkt muss ich Abg Schinner recht geben: Die Stadt Wien allein
könnte, selbst wenn sie wollte, durch welche Tätigkeit auch immer die
Wirtschaftskrise nicht überwinden!
Damit bin ich aber schon fertig mit dem recht Geben. Ansonsten ist
außer „Wien ist super“ eigentlich nicht viel übrig geblieben. Da hat sie recht,
darauf hat sie aber kein Copyright, das sagt eigentlich fast jeder
sozialdemokratische Abgeordnete in letzter Zeit immer häufiger, je mehr wir uns
den Wahlen nähern.
Ich komme zurück zum tatsächlichen Punkt, den zum Teil auch schon StR
Herzog angesprochen hat. Erinnern wir uns ans Vorjahr: Am 24. Juni hat die
EZB neben aller innerösterreichischer Förderung zu einem Zinssatz von
1 Prozent eine halbe Billion Euro zur Verfügung gestellt. Und man hat sich
erwartet und erhofft, dass damit der Wirtschaftsaufschwung tatsächlich
irgendwie angekurbelt wird. – Es ist aber nichts dergleichen geschehen,
sondern der größte Teil dieser halben Billion Euro ist de facto in die
Finanzmärkte geflossen und bildet gegenwärtig die nächste Blase. Dessen muss
man sich bewusst sein!
Die Wirtschaftskrise ist noch lange nicht überwunden, auch dessen
müssen wir uns bewusst sein. Daher sollten wir uns einmal überlegen, wie man
das tatsächlich verändern kann. Und so sehr ich Kollegen Herzog in seiner
Analyse in breiten Teilen folgen kann, so wenig kann ich FPÖ, ÖVP und SPÖ in
der gesamten Lösungsstrategie folgen. Es nützt nämlich nichts, wenn man die
Rahmenbedingungen in der gegenwärtigen Situation nicht verändern will. Da nützt
es nicht viel – das sage ich jetzt ganz bewusst – wenn man das
1 Prozent, das von der bundesweiten Förderung an die KMU geflossen ist,
und das Promille, das an die Ein-Personen-Unternehmen ging, verdoppelt. Ich
möchte diese Dramatik wirklich einmal darstellen: Darum geht es nicht!
Es geht um eine andere Art des Wirtschaftens. Es
geht darum, die Banken an die Kandare zu nehmen, dass es tatsächlich wieder
Kredite gibt. Es geht aber nicht darum – und das ist der entscheidende
Punkt, in dem Wien meines Erachtens versagt hat –, dem einen Unternehmer
oder der anderen Unternehmerin etwas mehr finanzielle Mittel zu geben, damit
sie irgendwie durchtauchen können. Vielmehr ist das, was Österreich und Wien im
Vergleich zu anderen Ländern vor dem Absturz bewahrt hat, ein bisserl die
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