Landtag, 2. Sitzung vom 16.12.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 48
habe mir hier sagen lassen müssen, dass ich ein Lügner bin. (Beifall bei der ÖVP. – Abg David Ellensohn: Das sind Sie ja auch!)
Herr Präsident! Ich weiß nicht, ob ich hier vom Rednerpult einen Ordnungsruf beantragen darf. Wenn ich das darf, dann möchte ich das tun, denn ich lasse mich von der Grünen Fraktion nicht als Lügner bezeichnen! (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Das sind Sie aber!)
Ich habe nur darauf hingewiesen, dass sich Herr StR Ellensohn einmal um Wohnbauförderung erkundigt und erklärt hat, warum er um Wohnbauförderung vorstellig wurde. (Abg David Ellensohn: Das ist gelogen! – Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Daran kann ich mich wirklich noch erinnern! (Lebhafte Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Präsident Prof Harry Kopietz (unterbrechend): Ich darf nochmals ersuchen, die Emotionen im gesamten Raum etwas herunterzufahren! Ich bin froh, dass nicht viele Besucher da sind, denn das Bild, das derzeit geboten wird, ist meiner Ansicht nach sowohl vom Rednerpult als auch vom Forum her der Sache nicht würdig.
Abg Dr Wolfgang Aigner (fortsetzend): Ich komme zum Schluss: Verteilen kann man nur das, was man erwirtschaftet hat. Helfen wir zusammen, schaffen wir Rahmenbedingungen, dass möglichst viel erwirtschaftet wird!
Ich möchte noch etwas anmerken: Es gibt wenige Staaten, die eine derartige Umverteilungswirkung wie Österreich haben. Wir sind der Ansicht, dass es wichtig ist, den Leistungsgedanken zu schaffen – ich zitiere Angela Merkel: „Mindestsicherung ist eine Überbrückungshilfe und kein Lebensentwurf.“ (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Wir wollen Überbrückungshilfe dort, wo sie gebraucht wird. Wir wollen aber keine Hartz IV- oder Mindestsicherungsgeneration. Deswegen lehnen wir diese Novelle ab. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Für den Einwurf „Lügner“ erteile ich Herrn Abg Margulies einen Ordnungsruf. (Abg Mag Wolfgang Jung: Ellensohn auch!)
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abg Ellensohn gemeldet.
Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Wir hatten dieses Spektakel schon einmal, und es ist ja üblich, dass in der Politik mit Untergriffen gearbeitet wird. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)
Ich halte hier aber fest, dass ich noch niemals um Wohnbauförderung oder um einen Heizkostenzuschuss oder sonst etwas angesucht habe. Wenn der Erste – das habe ich hier auch schon einmal gesagt – hierher kommt und mir nachweisen kann, dass ich irgendwo 100 EUR oder 10 EUR aus irgendeiner Sozialleistung oder sonst etwas bezogen habe, was mir nicht zusteht, dann räume ich zusammen und gehe nach Hause! Das ist aber nicht der Fall! Wenn das die gesamte ÖVP-Mandatarschaft vom Bodensee bis zum Neusiedlersee auch tun könnte, dann wäre mir sehr geholfen, denn dann hätten wir ein paar weniger! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich erteile Frau StRin Frauenberger das Schlusswort.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Danke schön.
Das war jetzt eine sehr hitzige Debatte! Ich denke, dass wir jetzt noch ein bisschen über das sprechen sollten, was wir heute hier beschließen, nämlich dass Menschen, die sehr wenig Geld haben – ganz besonders Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher, wobei wir wissen, dass die Alleinerzieherinnen bei Weitem überwiegen –, durch diesen Gesetzesbeschluss, der offensichtlich ausschließlich mit den Stimmen der SPÖ und der GRÜNEN zustande kommt, ab dem 1. März um 69 EUR pro Kind mehr haben werden.
Ich muss sagen, dass es mir persönlich sehr leid tut, dass die Österreichische Volkspartei diesem Gesetzesbeschluss nicht zustimmen wird! Wir haben über viele Jahre – jedenfalls waren es mehr als drei – diese Mindestsicherung gemeinsam auf den Weg bekommen, und die Argumente, die heute von einer Partei gebracht werden, die sich als Familienpartei sieht, waren mehr als haarsträubend!
Lassen Sie mich, nachdem hier vieles gesagt und in Zweifel gezogen wurde, einige wenige Punkte zu der Frage anführen, ob die Menschen dieses Geld von der Stadt beziehungsweise von den Wiener Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern tatsächlich zu Recht bekommen.
Wir sollten uns vor Augen halten, dass es gerade einen neuen Sozialbericht gibt, der zeigt, dass 10 Prozent der Bevölkerung 61 Prozent der Immobilien besitzen und dass nur 2 Prozent der Menschen im Jahre 2009 Einlagen von über 50 000 EUR gehabt haben. Wenn man hier also so tut, als ob die breite Masse in diesem Land viel Geld hat, dann stimmt das schlicht und ergreifend nicht! Und es macht mich sehr betroffen, dass sich die ÖVP vor diesen Karren spannen lässt!
Ich kann das nur zur Kenntnis nehmen und freue mich sehr, dass wir hier im Haus eine Mehrheit haben, die für die Wiener Kinder jetzt gleich Großes beschließen wird. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu heben.. Danke. Das ist die Mehrheit. - Das Gesetz ist somit mehrstimmig beschlossen. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über einen eingebrachten Beschluss- und Resolutionsantrag der ÖVP betreffend die Sicherstellung der Unterstützung von Kindern im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch gezielte Sachleistungen. Wer diesem Resolutionsantrag die Zustimmung erteilt, gebe bitte ein Zeichen mit der Hand. – Das ist die Minderheit, und der Antrag ist somit abgelehnt.
Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der
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