Landtag,
27. Sitzung vom 23.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 78
In diesem Gesetzesentwurf, der einstimmig beschlossen wurde, war damals
schon ganz klar deklariert, dass davon auszugehen ist, dass sich die Zahl der
Obduktionen von rund 1 500 auf rund 500 einpendeln wird und wir damit
trotzdem Österreich-weit an der Spitze liegen werden.
In Niederösterreich finden rund 100 Obduktionen im Jahr statt. Das ist
aber nicht unser Ziel! In Wien wurden im Jahr 2009 von Jänner bis
August 2009 429 gesundheitsbehördliche Obduktionen durchgeführt, das
heißt, wir können, wenn wir das hochrechnen, davon ausgehen, dass wir bis
Jahresende deutlich auf über 600 Obduktionen beziehungsweise 650 oder sogar 700
kommen werden. Wir werden aber jedenfalls über 600 Obduktionen im Jahr 2009
haben, was um mehr als 100 über der Zahl liegt, die wir im Rahmen der
Diskussion zur Novellierung dieses Gesetzes diskutiert haben.
Das heißt: Die Zahlen, die hier dargelegt werden, treffen schlicht und
ergreifend nicht zu. Die über die Medien kommunizierte Kritik der
Gerichtsmediziner, der Polizei und der Ärztekammer richtet sich gegen die
Schließung des Departments für gerichtliche Medizin, die ich, wie Sie wissen,
genauso kritisiere. Die Thematik der Gerichtsmedizin in Wien kann allerdings nicht
über eine Neuregelung des Leichen- und Bestattungswesens in Wien gelöst werden.
Alle gesetzlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit der Gerichtsmedizin, aber
auch die wirtschaftlichen Entscheidungskompetenzen fallen in die Zuständigkeit
des Bundes, wie wir hier auch schon öfters diskutiert haben.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die
1. Zusatzfrage stellt Abg Mag Ebinger. Ich bitte darum.
Abg Mag Gerald Ebinger (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Frau Landesrätin!
Sie können aber nicht wegleugnen, dass in den zwei Jahren, seitdem
diese Notlösung besteht, die sanitätsbehördlichen Obduktionen doch stark
zurückgegangen sind. Wenn Sie sagen, dass es zwischen Jänner und
August 2009 429 sanitätsbehördliche Leichenöffnungen gab, dann möchte ich
zum Vergleich sagen, dass es zwischen Jänner und August 2007 913 waren. Es
sind also nicht 90 Prozent, aber immerhin 50 Prozent oder mehr.
Es ist auch Tatsache, dass als Todesursache oftmals „ungeklärt“
angegeben wird, und wenn ein Verwandter nachfragt, muss er unter Umständen
sogar zahlen. Die Zeitungen reden von einem „Mörderparadies“. Das ist
vielleicht ein bisschen polemisch! Wir haben damals im Hinblick auf den
Rechnungshofbericht zugestimmt. Es herrscht da jetzt ein bisschen das
Florianiprinzip: Der eine sagt das, der andere sagt das, und jeder redet sich
auf den anderen aus. Jedenfalls ist es aber Tatsache, dass seit 2007 die
Spitäler in Ihrer Kompetenz überfordert sind, und das ist eine Notlösung, die
man nicht auf die Dauer hinnehmen kann! Es kann nicht sozusagen State of the
Art sein, dass Faulleichen im Container auf dem Zentralfriedhof geöffnet
werden. Zudem gibt es ein Hygieneproblem in den Spitälern, und meiner Ansicht
nach kann das nicht so weitergehen!
Ich thematisiere das schon laufend. Das Leichen- und Bestattungsgesetz
ist in Ihrer Kompetenz, und meiner Ansicht nach könnten Sie jetzt im Lichte der
neuen Entwicklungen Neuerungen vornehmen. 2007 gab es einen Status laut
Rechnungshofbericht. Hahn weigerte sich, also musste die Stadt Wien irgendetwas
tun, daher haben wir das herausgenommen. Aber nach zwei Jahren, nachdem es
einen eindeutigen Rückgang gibt und die Polizei und zuletzt auch die
Ärztekammer massiv Alarm schlagen, könnten Sie meiner Ansicht nach das Leichen-
und Bestattungsgesetz durchaus dahin gehend novellieren, dass Sie für Wien,
also für Ihren Kompetenzbereich, sicherstellen, dass im Zweifelsfall immer
obduziert wird!
Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Das ist keine Frage!
Abg Mag Gerald Ebinger (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Die Frage lautet: Warum tun Sie das nicht in Ihrem
Kompetenzbereich?
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Herr Gemeinderat!
Zunächst zu einigen Ihrer Aussagen, die schlicht und ergreifend nicht
der Wahrheit entsprechen: Es gibt kein Hygieneproblem, und es gibt auch kein
Chaos. Es hat diesbezüglich einen einstimmigen Beschluss des Wiener Landtages
gegeben, die Rechtslage in Wien auf Grund eines Vorschlags und einer Empfehlung
des Rechnungshofes an die Rechtslage in allen anderen Bundesländern anzupassen.
Würde man also – ich sage das im Konjunktiv – der Meinung sein, dass das
zutrifft, was der eine oder der andere Gerichtsmediziner im Zusammenhang mit
dem Thema „Mörderparadies“ sagt, dann wäre das in Österreich ja in acht anderen
Bundesländern schon immer so gewesen!
Tatsache ist auch, wenn man sich die Aussendungen und die Stellungnahme
der Ärztekammer anschaut, dass es hier ganz klar um gerichtsmedizinische Obduktionen
geht, überhaupt keine Frage. Und in dem einstimmigen Beschluss des
Landesgesetzes zum Leichen- und Bestattungsgesetz ist auch ganz klar normiert,
dass, wenn auf Grund der äußeren Todesbeschau die Todesursache nicht geklärt
werden kann, der Totenbeschauarzt sofort zu unterbrechen und dem Magistrat
Mitteilung zu machen hat, und wenn dann keine Klärung erfolgt, ist die Polizei
zu verständigen und eine gerichtsmedizinische Obduktion anzuschließen.
Das heißt, wir müssen gerichtsmedizinische und sanitätsbehördliche
Obduktionen auseinanderhalten. Sanitätsbehördliche Obduktionen finden in nahezu
allen anderen Bundesländern in den Pathologien der Spitäler statt. Das ist ein
vollkommen normaler Status in den anderen Bundesländern und somit auch hier bei
uns. Und das Versäumnis des Bundes hinsichtlich der Gerichtsmedizin ist nicht
über das Leichen- und Bestattungsgesetz lösbar. Aber in den letzten Tagen hat
sich wiederum eindeutig gezeigt, wo die Verantwortung liegt. Rektor Schütz hat
nämlich vor wenigen Tagen gesagt, dass er jetzt doch Geld in die Hand nehmen
wird, um
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