Landtag,
26. Sitzung vom 25.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 61
GRÜNEN sagen: Nein danke, und auf Wiederschauen! So
aber bietet dieses neue Gesetz die Möglichkeit, dass Kinder eine bessere Schule
erhalten als die Hauptschule, und mein Optimismus besteht nun darin, dass über
kurz oder lang die Hauptschule verschwindet, einfach weg ist und es nur noch
die Neue Mittelschule stattdessen gibt. Das würde ich mir wünschen.
Jetzt möchte ich auf eine große Gefahr hinweisen, die
in dieser Neuen Mittelschule drinnen steckt, und jetzt muss man, glaube ich,
ein bisschen mitdenken, sonst wird es nichts. Ein Kind – ich nehme jetzt
absichtlich einen Buben, nennen wir ihn Emil – hat ein Volksschulzeugnis mit
lauter Einsern, und dieser Emil kann jetzt in eine AHS gehen. Emil wohnt aber
in einer Gegend, wo er keinen gescheiten AHS-Platz findet, oder die Eltern
sagen, der Emil ist eigentlich ein prima Kind für die Neue Mittelschule, dort
wird es ihm gut gehen, dort wird es ihm gut gefallen, geben wir ihn lieber in
die Neue Mittelschule.
Dann kann Folgendes passieren: Dieses Emil-Kind, das
in der Volksschule ein so süßes, lernbegeistertes Kind war, das so brav gelernt
hat und lauter Einser nach Hause gebracht hat, wird ein pubertierender
Jugendlicher, der nicht allzu gerne lernt und eigentlich lieber irgendwie
irgendwelche Spiele spielt oder sonst wo ist und sonst was tut, der jedenfalls
alles andere als lernen gerne tut. Dieser Emil wird dann plötzlich in
Mathematik irgendwie schwach, sackt ab, bringt schlechte Noten nach Hause,
kommt vielleicht sogar in die zweite Leistungsgruppe und so weiter und so fort,
wie die 10- bis 14-Jährigen halt so tun. Das passiert also sehr, sehr leicht.
Und jetzt haben wir folgendes Problem: Ein Kind, das
formal berechtigt war, nach der Volksschule in die AHS zu gehen, ist plötzlich
nicht mehr berechtigt, von der Neuen Mittelschule in die Oberstufe
überzusteigen, weil es nicht mehr die richtigen Noten hat. Das ist ein Problem.
Also ich würde sagen, dieses Problem muss man
irgendwie lösen, sonst könnte man ja nur dringend dafür sorgen, dass jedes
Kind, das ein Volksschulzeugnis hat, das für die AHS berechtigt, auch in die
AHS geht, denn dort kann es sitzen mit seinem Vierer in Mathematik und mit
seinem Dreier in Englisch, alles völlig wurscht. Der sitzt seine Zeit ab bis in
die Oberstufe und macht dann irgendwann einmal faktisch automatisch die Matura.
Vielleicht fliegt er noch einmal durch, Pubertät ist wurscht, seine Lernunlust
ist auch relativ wurscht, irgendwie bringen ihn die Eltern da schon weiter.
Das heißt, in dieser Neuen Mittelschule verbirgt sich
auch eine große Gefahr für Kinder, die vielleicht in der Pubertät nicht mehr so
rasend gerne lernen, wie sie das als Volksschülerinnen noch gerne gemacht
haben. Da erwarte ich mir von Seiten der Sozialdemokratie endlich die
Vorschläge, wie das funktionieren wird. Außerdem mache ich darauf aufmerksam,
dass diese Idee mit den Leistungsgruppen nicht gut ist. Wir haben ja noch keine
Neue Mittelschule, aber ich möchte dort keine Leistungsgruppen sehen, sondern
heterogene Lerngruppen. Ich bin neugierig, wie das tatsächlich gemacht wird,
mache aber aufmerksam, dass die Fachleute deutlich und immer wieder gesagt
haben, dass diese Neue Mittelschule keine Leistungsgruppen haben soll, sondern
heterogene Lerngruppen.
Schön langsam fragt man sich wirklich, warum wir
zustimmen, aber wir bleiben ja die Optimisten schlechthin jetzt in dieser
Causa, und ich komme zu Punkt vier, nämlich zur Campusschule, und die ist natürlich
auch wieder eine Sache, die eine sehr gute Sache werden könnte, nämlich eine
ganztägige Lerneinrichtung für Kinder, die noch nicht in die Schule gehen, und
Kinder, die schon in die Schule gehen, also Kindergartenkinder und Schulkinder,
die diesen gemeinsamen Campus besuchen.
Da müsste es eine übergeordnete Campusleitung geben,
so etwas Ähnliches wie eine Bezirksschulinspektorin – die wird anders heißen –,
die Campusleiterin, die dann für alle Campusstandorte zuständig ist, und es
wird auch eine Campusadministratorin geben und so weiter, und man sieht schon,
da sind dann mit der Leitung von dem Ganzen ziemlich viele Personen befasst,
und auch das kann man jetzt wieder gut oder schlecht machen.
Das kann sehr gut ausgehen, sowohl organisatorisch als
auch inhaltlich kann das etwas sein, das besser ist als das, was wir jetzt
haben, es kann aber auch etwas ganz Schreckliches sein, wenn die Leute nicht am
selben Strick ziehen und nicht genau wissen, was sie wollen.
Jetzt sage ich aber auch dazu, was ich mir davon
verspreche und welche Chance ich darin sehe, denn es geht ja darum, die Chance
zu sehen und zu nutzen. Das ist, dass es vielleicht systematisch, und zwar
gemeinsam von Campus und der Organisationsstrukturveränderung, möglich wird,
diese dumme Jahrgangsklasse aufzulösen und Kinder endlich einmal ihrer
Entwicklung gemäß zu fördern, also nicht nach Plan vorzugehen, sondern
entsprechend den Kindern vorzugehen. Diese Chance ... (Abg Mag Wolfgang
Jung: Dann haben wir aber keinen Klassenverband mehr!) Ja, ja, ja,
natürlich. (Abg Mag Wolfgang Jung: Der ist aber wichtig!) Ich sehe das ganz ambivalent. Es
gibt ganz viel, was für den Klassenverband spricht. Man wird auch etwas wie
einen Klassenverband haben sollen. Es kann auch anders funktionieren.
Vielleicht, um es verständlicher zu machen auch für
Leute, die jetzt nicht im schulischen System denken: Genauso wie Kinder
unterschiedlich sind – die einen fangen mit 10 Monaten zu laufen an, die
anderen mit 14, 15 Monaten, die einen schreiben schon mit 8 Jahren
Aufsätze, Sätze und alles mögliche, die anderen erst mit 11 Jahren –, macht es
keinen Sinn, Kinder nach Plan zu bearbeiten, sondern man sollte sie ihrer
Entwicklung gemäß arbeiten und lernen lassen, damit sie mehr lernen, als sie es
im jetzigen System tun. Das ist durchaus eine Herausforderung, das führt zu
einem Mehr an Lernen, und dahinter stehe ich auch.
Ich glaube, ich habe jetzt diese
Ambivalenz herausgearbeitet, aber auch gesagt, worin ich die Chancen bei dieser
Veränderung sehe. Und noch einmal: Das Gesetz
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