«  1  »

 

Landtag, 26. Sitzung vom 25.06.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 61

 

Diese befinden sich nämlich mit dieser Förderung, die zwar gut gemeint, aber nicht gut gemacht ist, weiterhin in der Krisensituation, dass hohe beziehungsweise in vielen Fällen untragbar hohe Kosten auf sie zukommen, dass sie es aber auch mit dieser Legalisierung der 24-Stunden-Betreuung nicht leichter haben werden, in Zukunft diese Leistung zu erbringen.

 

Man muss nämlich wissen, dass nur 5 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen von dieser Lösung erreicht werden. Das ist eine sehr kleine Gruppe. In den meisten anderen Fällen sind es nach wie vor die Angehörigen, die pflegen. Immerhin hat die Diakonie errechnet, dass 55 Prozent, also rund 200 000 Pflegebedürftige in Österreich, von ihren Angehörigen betreut werden. 25 Prozent, rund 90 000, werden von mobilen Diensten versorgt. Diese mobilen Dienste leisten Wichtiges und Unverzichtbares, aber in vielen Fällen in einem viel zu geringen Ausmaß. Zwei bis drei Stunden Pflegeunterstützung bei Personen, die, weil sie beispielsweise demenzkrank sind, eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung brauchen, sind in vielen Fällen viel zu wenig, um die Angehörigen zu entlasten und eine würdige und lebenswerte Situation herzustellen. Und allen Vermutungen zum Trotz sind nur 15 Prozent aller Pflegebedürftigen, rund 60 000, in Österreich in Heimen.

 

Die Förderung der 24-Stunden-Pflege von 5 Prozent, also von rund 20 000 illegal Gepflegten durch PflegehelferInnen meist aus dem Ausland, erbringt eine Zubuße, nichtsdestotrotz müssen aber die Familien oder die Pflegebedürftigen selbst rund 2 200 EUR im Monat aus Pflegegeld, aus der Pension et cetera aufbringen.

 

Bei unselbstständigen Pflegekräften, also der Variante, die ohnehin sehr selten gewählt wird, wiewohl sie die einzige wirklich arbeitsrechtlich untadelige Form ist, machen die Kosten 3 000 bis 4 000 EUR im Monat aus. Da kann man sich schon vorstellen, dass es eine verschwindend kleine Zahl an Familien ist, die sich das leisten können. Wir wissen, dass es in Österreich höchstens 1 000 sind.

 

Wir meinen, dass man die Pflegethematik in Österreich grundsätzlich auf solide Beine stellen soll. Die grünen Vorschläge dazu sind bekannt. Es bedarf einer sozialstaatlichen Absicherung der Pflege. Man sollte mit den unterschiedlichen, uneinheitlichen und damit auch ungerechten Lösungen in den einzelnen Bundesländern aufhören. Diese sozialstaatliche Absicherung könnte unter anderem durch eine Vermögenssteuer finanziert werden, deren Einführung die GRÜNEN zugunsten einer Pflegeversorgung dringend einfordern. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir meinen nämlich, dass es ein Grundrecht auf Pflege geben muss, weil unseres Erachtens die Qualität der Pflege und die Frage der Art der Betreuung bei Pflegebedarf nicht abhängig sein darf, in welchem Bundesland man lebt, wie gut die Familie finanziell aufgestellt ist und ob die nötigen Ressourcen und Infrastruktur vorhanden sind. In diesem Zusammenhang plädieren wir wiederum und neuerlich für den Ausbau der mobilen Dienst auch in Wien. Mir erzählen Angehörige und Betroffene, dass es oft zu wenig ist, wenn jemand in der Früh, mittags und abends kommt, unter großer Arbeitsbelastung alle nötigen Aufgaben erfüllen muss und den Rest des Tages und in der Nacht die Familien oder die Pflegebedürftigen selbst zurechtkommen müssen.

 

Wir können diesem Entwurf daher nicht unsere Zustimmung geben.

 

Lassen Sie mich bei diesem Tagesordnungspunkt auch noch kurz auf ein anderes Thema zu sprechen kommen, das uns in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit beschäftigt hat und das in die Kompetenz des Hauses und der Frau Stadträtin gehört. Ich meine die Debatte, die jetzt rund um das Allgemeine Krankenhaus und die Medizinische Universität ausgebrochen ist. Die Rektoren haben sich wütend gegen eine Kritik des österreichischen Wissenschaftsrates hinsichtlich der Versorgungs- und vor allem Forschungssituation in der Onkologie an der Medizinischen Universität gewehrt. Das Wichtigste war, dass man gleich gesagt hat, dass all das nur Anekdoten sind beziehungsweise dass das Polemik und fachlich falsch sei und damit nur die Professoren diffamiert werden sollen.

 

Ich habe diesen Bericht eingehend gelesen, und ich sehe nichts von Anekdoten und von Diffamierung, sondern ich sehe wichtige Kritikpunkte, die uns, die wir auch für den Krankenanstaltenverbund zuständig sind, sehr beschäftigen müssen.

 

In diesem Bericht ist die Rede von zersplitterter Zuständigkeit, von elf Kliniken und Zentren, die onkologisch versorgen, von undefinierten Strukturen, von fehlenden übergeordneten Kontrollmechanismen, von fehlender Koordinierung und dass – was Frauen wahrscheinlich ganz besonders interessiert – die Brustkrebsbehandlung auf zwei Kliniken verteilt ist. Im Hinblick darauf kommt der Wissenschaftsrat zu dem besorgniserregenden Befund, dass man hier auch mit unterschiedlichen Standards behandelt. Das sind also keine Anekdoten, sondern besorgniserregende Befunde. Es gibt hier Parallelstrukturen, Mehrfachverwaltung, -technik und -personaleinsatz und eine schlechte Koordination, sodass es nicht einmal eine übergeordnete Dokumentation der Tumore gibt.

 

Ich meine, dass der Krankenanstaltenträger, nachdem die Medizinische Universität unteilbar mit dem Allgemeinen Krankenhaus verflochten ist, eine große Verantwortung in diesem Zusammenhang hat. Der Wissenschaftsrat sagt ganz klar – ich zitiere: „Der Träger Krankenanstaltenverbund sollte sicherstellen, dass alle erforderlichen Strukturen für klinische Forschung eingerichtet werden, die die Messung der Ergebnisqualität erlauben und die die Ergebnisqualität tatsächlich steigern."

 

Ich zitiere das deshalb, weil ich den Eindruck habe, dass man es sich ein weiteres Mal leicht macht, indem man so tut, als ob das lediglich ein Problem zwischen Wissenschaftsminister und Medizinischer Universität sei. Faktum ist, dass in der unklaren Aufgabenteilung zwischen Versorgung und Forschung die Patienten und Patientinnen auf der Strecke bleiben, dass sich einzelne Klinikvorstände ihre kleinen Kaiserreiche nach dem

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular