Landtag,
23. Sitzung vom 27.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 40
sondern man hat den Bias nicht offen gelegt. Ich sage, die Offenlegung des Bias ist der erste Schritt, um Folgendes zu sehen: Wenn jetzt auf einmal bei der Studie das und das herauskommt und dies genau das Unternehmen ist, für das derjenige als Berater tätig ist, kann ich als Leserin und als Leser daraus auch etwas lernen. Diese Kritik teile ich also nicht und verstehe ich nicht ganz.
Über die Frage der
konkreten Nebenbeschäftigungen der Angeführten kann ich Ihnen jetzt keine
Auskunft geben. Aber das kann sicherlich der Krankenanstaltenverbund machen.
Präsident Prof Harry Kopietz:
Danke. - Die 2. Zusatzfrage wird gestellt von Frau Abg Korosec. Ich
ersuche darum.
Abg Ingrid Korosec
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Landesrätin!
Sie haben ja diese strikten
Antikorruptionsvorschriften sehr umfassend ausgeführt. Meine Frage bezieht sich
darauf: Hat es in der Zeit, seit Sie Landesrätin sind, Disziplinarverfahren
gegen Ärzte gegeben, weil eben gegen die Antikorruptionsvorschriften verstoßen
wurde?
Präsident Prof Harry Kopietz:
Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely:
Ich bin geneigt, Nein zu sagen, sage aber sicherheitshalber: Es ist mir nicht
erinnerlich, ich glaube aber nicht.
Ich kann das gerne
nachprüfen lassen und Ihnen danach noch übermitteln. Aber es ist mir kein Fall
erinnerlich und bekannt.
Präsident Prof Harry Kopietz:
Danke. - Die 3. Zusatzfrage wurde zurückgezogen. Wir kommen zur
4. Zusatzfrage. Gestellt wird sie von Frau Abg Dr Pilz. Ich ersuche darum.
Abg Dr Sigrid Pilz
(Grüner Klub im Rathaus): Frau Stadträtin!
Ich kann es nachvollziehen,
dass Sie sagen: Was früher Gewohnheit war, ist jetzt Korruption. Es geht ja um
die Interessen der Patienten und Patientinnen, und es geht auch darum, dass wir
klarmachen, dass niemand aus Interesse an Vorteilen - privaten Vorteilen,
geldlichen Vorteilen - etwas macht, was zum Schaden des Unternehmens oder der
Patienten und Patientinnen wäre.
In dem Zusammenhang: MUW -
ja, wir wissen, da sind Sie nicht zuständig. Aber Sie sind fürs AKH zuständig,
und da wird ein konkreter Fall mit einem Psychiatrieprofessor zitiert, der
sozusagen dazu verführt werden soll, einen Placebo-Versuch für schwer
depressive Patienten und Patientinnen zu machen, was ethisch - so das Buch, und
das ist auch nachvollziehbar - nicht sein kann, weil man keinem schwer
Depressiven ein Placebo geben darf. Dazu wird hier erklärt, dass die Sache mit
der Placebo-Gruppe kein Problem sei: Ich frage ihn, ob wir vielleicht mit der
Ethikkommission Probleme bekommen würden; nein, nein, sagt er, das kriegen wir
schon hin.
Meine Frage an Sie: Können
Sie ausschließen, dass innerhalb des Krankenanstaltenverbundes Patienten und
Patientinnen in Placebo-Kontrollgruppen waren, die auf Grund von ethischen und
medizinischen Gründen sicherlich ein wirksames Medikament verdient hätten? Dazu
sagen Mediziner, schwere Depressionen dürfen nicht mit Placebos behandelt
werden. Können Sie also ausschließen, dass derlei vorgekommen ist?
Präsident Prof Harry Kopietz:
Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely:
Ich gehe davon aus, dass solche Versuche von der Ethikkommission nicht
genehmigt worden sind. Ich würde Sie bitten, Fragen bezüglich Ärzten des AKH
Ihrem Gesundheitssprecher Grünewald mitzugeben, und dieser möge bitte Herrn
Wissenschaftsminister Hahn diesbezüglich fragen, weil er Einsicht in alle diese
Unterlagen hat.
Präsident Prof Harry Kopietz:
Ich bedanke mich für die Beantwortung und beende damit die Fragestunde.
Wir kommen nun zur
Aktuellen Stunde. Der Grüne Klub hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „Armut
in Wien steigt - 100 000 SozialhilfeempfängerInnen und die SPÖ
beschönigt" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der
Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte nunmehr die
Erstrednerin, Frau Abg Mag Vassilakou, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei
ich nicht verabsäumen möchte hinzuzufügen, dass ihre Redezeit mit
10 Minuten begrenzt ist.
Abg Mag Maria Vassilakou
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident!
Verehrte Damen und Herren!
Es ist keine Übertreibung,
wenn man sagt, dass die Anzahl der SozialhilfeempfängerInnen und -empfänger in
Wien explodiert. Allein in den letzten zwei Jahren ist die Anzahl der
SozialhilfeempfängerInnen um 20 000 Menschen, von 70 000 vor zwei
Jahren auf nun bereits rund 90 000 zum aktuellen Datum, gestiegen. Und das
ist bei Weitem nicht alles. Denn wenn man sich anschaut, wie sich die Anzahl
der SozialhilfeempfängerInnen in Wien insgesamt seit dem Jahr 2000 entwickelt
hat, dann müssen wir feststellen, dass sie sich mehr als verdoppelt hat:
40 000 waren es im Jahr 2000, rund 90 000 sind es heute; das heißt,
es sind um mehr als 100 Prozent mehr!
Die Wirtschaftskrise hat
bei Weitem noch nicht ihren Höhepunkt erreicht. Wenn man den OECD-Prognosen
Glauben schenkt - und ich sehe keinen Grund, warum ich das nicht tun sollte -,
dann wird der Höhepunkt erst gegen Ende 2009 erreicht sein und das volle Ausmaß
uns allen erst im Jahr 2010 bevorstehen. Das heißt: Ja, es ist Feuer am Dach,
wie es so schön heißt, und wir müssen handeln!
300 000 Mehrpersonenhaushalte in Wien leben
derzeit von weniger als 1 500 EUR im Monat. Damit Sie sich vorstellen
können, wovon ich spreche, wenn ich von Mehrpersonenhaushalten spreche: Ich spreche von Haushalten, in denen ein bis zwei Kinder
leben. Darunter befinden sich im Übrigen irrsinnig viele Haushalte von
Alleinerziehenden. Meistens ist es eine Mutter, die allein mit einem bis zwei
Kindern leben muss und einmal mehr mit 1 500 EUR, mit weniger als
1 500 EUR, in vielen Fällen sogar mit weit weniger auskommen muss.
Denn es ist eine statistische Zahl, wenn ich davon spreche,
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