Landtag,
21. Sitzung vom 02.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 47
mit der Anpassung von Gesetzen, die nicht mehr zeitgemäß sind, und damit passt das Thema eigentlich auch voll hinein, und zwar geht es bei meiner Rede um das Orthodoxengesetz von 1967. Wir haben diesbezüglich einen Antrag eingebracht, der in den zuständigen Ausschüssen diskutiert werden wird, und er lautet:
„Der Bundesgesetzgeber wird aufgefordert, jene
rechtlichen Grundlagen zu schaffen, damit andere orthodoxe
Glaubensgemeinschaften wie beispielsweise jene der Russen und Serben der
griechisch-orthodoxen - Klammer: griechisch-orientalischen - Kirche gleichgestellt
werden."
Bevor das jemand anderer sagt: Ich hoffe, dieser
Rechtschreibfehler hier bei „griechisch" wurde ausgebessert. Bei meinem
Exemplar ist er noch nicht ausgebessert.
Zur historischen Situation: Die historische Situation
ist die, dass das Toleranzpatent von Joseph II. zwei griechisch-orthodoxe
Gemeinden als griechisch-orientalisch-orthodoxe Gemeinden in Österreich
zugelassen waren, und diese Vorherrschaft hat sich irgendwie tradiert und ist
dann 1967 in das Orthodoxengesetz eingeflossen. Das bedeutet in der Praxis,
dass das Gesetz eine Vorherrschaft des Ökumenischen Patriarchats von
Konstantinopel vorsieht. Es gibt neun Patriarchate, das Ehrenpatriarchat ist
das von Konstantinopel.
Das heißt für die Praxis, dass jegliche
Religionsausübung, juristische Beziehungen zwischen den einzelnen Kirchen und
der Republik Österreich, soziales Engagement, all diese Dinge, über den
zuständigen Bischof, den Metropoliten von Austria, das ist der Bischof des
Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel, abgewickelt werden müssen. Es
besteht sozusagen eine Vormachtstellung kraft Gesetzes.
Jetzt ist dieses Gesetz 1967 geschaffen worden, also
in einer Zeit, wo die Gastarbeiterfrage erst begonnen hat, wo praktisch
Griechisch-Orthodoxe den größten Anteil der hier lebenden Staatsbürger
ausmachten, die diese Religion ausgeübt haben. Mittlerweile haben sich die
Zeiten geändert. Wir haben in Österreich zirka 400 000 orthodoxe Christen,
von denen nur 18 000 griechisch-orthodoxe sind. Die anderen teilen sich
auf in bulgarisch-, rumänisch-, russisch- – immer stärker werdend russisch –
und 300 000 serbisch-orthodoxe Christen.
Die russisch-orthodoxe Kirche hat schon vor Jahren
versucht, im Unterrichtsministerium Anträge zu stellen, dass die Diözese, die
sie hier sozusagen einseitig eingerichtet hat, staatlich anerkannt wird. Diese
Ansuchen werden nicht einmal beantwortet bislang.
Das Ganze hat jetzt natürlich auch eine politische
Brisanz, weil das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, der Patriarch
Alexej II., im Dezember nach Wien kommt, um einerseits die Kirche zum
Hl Nikolaus im 3. Bezirk, die jetzt renoviert wurde, neu einzuweihen
– übrigens die größte russisch-orthodoxe Kirche Mitteleuropas – und
andererseits ihr Anliegen der staatlichen Anerkennung einer Diözese voranzutreiben.
Unabhängig davon hat die serbisch-orthodoxe Kirche mit ihrer überwältigenden
Anzahl von Gläubigen ebensolche Vorstöße gemacht, die bislang nicht einmal
gehört wurden.
Und das ist auch keine FPÖ-Idee, sondern ich darf hier
zitieren. Am 4.9. hat zum Beispiel der renommierte Ordinarius für
Religionsrecht, Prof Richard Potz, beim Jour fixe des Verbandes
katholischer Publizisten gesagt: „Im derzeitig gültigen Orthodoxengesetz aus
dem Jahre 1967 ist nur die Anerkennung der Diözese des Ökumenischen
Patriarchats vorgesehen. Andere orthodoxe Kirchen werden nur über ihre
Gemeinden registriert."
„Potz wies darauf hin, dass vor allem von Seiten der
russischen Orthodoxie der Druck immer größer werde, auch die russische Diözese
in Österreich endlich anzuerkennen. Es sei jedenfalls nicht einzusehen, warum
sich die zuständigen Stellen bisher geweigert haben, hier Maßnahmen zu
ergreifen. Damit mische man sich letztlich auch auf unzulässige Weise in
innerkirchliche Auseinandersetzungen zwischen Konstantinopel und Moskau ein.
Schon eine kleine Änderung im derzeitigen Gesetz würde genügen, um allen
orthodoxen Kirchen die grundsätzliche juridische Möglichkeit zur Errichtung von
Diözesen in Wien zu eröffnen."
Das meinen wir auch, darum bemühen wir uns auch und
werden uns weiterhin bemühen, und ich hoffe, meine Damen und Herren – wir haben
eine sehr lange Begründung bei diesem Antrag, den wir hoffentlich diskutieren
werden in den gegebenen Ausschüssen –, auf die Unterstützung der anderen Fraktionen,
dass diese Gleichstellung endlich erfolgt.
Ich bin ein bisschen skeptisch, wenn ich mir
anschaue, wie in diesem Rechtsbereich Gesetz geschaffen wird. Denn wenn man
sich das Orthodoxengesetz von 1967 ansieht, so steht in den
Schlussbestimmungen, damit tritt außer Kraft beispielsweise die Verordnung des
Kriegsministers der königlich
ungarisch-siebenbürgisch-kroatisch-slavonisch-dalmatinischen Hofkanzlei vom
29. November 1864. 1864!
Ich hoffe nicht, dass es hundert Jahre dauern wird,
bis dieses überalterte und überhaupt nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten
in Österreich entsprechende Gesetz angepasst wird. – Danke schön. (Beifall
bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Ich darf
jetzt die Frau Volksanwältin Dr Gertrude Brinek um ihre Wortmeldung
beziehungsweise ihre Stellungnahme zu unseren Wortmeldungen bitten.
Volksanwältin Dr Gertrude Brinek: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag!
Geschätzte Damen und Herren!
Ich möchte noch einmal zwei aufklärende Sätze zur
Entschuldigung meiner AmtskollegInnen vorbringen. Volksanwalt Kostelka ist beim
ORF bei der Fernsehaufzeichnung, und Kollegin Stoisits musste jetzt dorthin
aufbrechen. Also das ist nicht eine ungewöhnliche Verhaltensweise oder
mangelnde Wertschätzung Ihrer Debatte und Ihren Beiträgen gegenüber, sondern
das ist auch Teil unserer Arbeit und unserer Pflicht.
Ich möchte auf ein paar
Wortmeldungen, die mir signifikant und exemplarisch erscheinen, eingehen, mich
zu Beginn aber sehr herzlich bei den Mitarbeitern der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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