«  1  »

 

Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 49

 

(Beginn um 9.03 Uhr.)

 

Präsident Johann Hatzl: Die 19. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet.

 

Entschuldigt sind die Abgen Mag Antonov, Cammerlander, Ekkamp, Frank, Dipl-Ing Gretner, Harwanegg, Hoch, Mag Korun, Mag Kowarik, Dr Laschan, Mahdalik, Mag Maresch, Novak, Dr Pfleger, Puller, Schubert, Smolik, Stark, Strobl, Dr Troch, Dr Ulm, Vettermann, StRin Dr Vana, Florianschütz, Zankl. – Dazu darf ich mitteilen, dass einzelne Abgeordnete nur eine Zeitverhinderung angemeldet haben und möglicherweise noch während der Sitzung kommen werden.

 

Vom ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien wurde ein Verlangen auf Einberufung einer Sitzung des Landtages zum Thema „Parteipolitischer Opportunismus gefährdet den europapolitischen Grundkonsens des Landes Wien" eingebracht.

 

Ich habe daher in Entsprechung des § 120 Abs 4 der Wiener Stadtverfassung im Zusammenhalt mit § 8 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien zu dieser Sitzung eingeladen. Die Geschäftsordnung sieht vor, dass in Sitzungen des Landtages auf Verlangen keine Geschäftsstücke verhandelt werden, der Entfall von Fragestunde, Aktueller Stunde und Dringlichen Initiativen ist in der Fraktionsvereinbarung, die von allen vier Fraktionen abgeschlossen wurde, festgeschrieben.

 

Der Ablauf dieser Sitzung wurde daher in der Präsidialkonferenz nochmals besprochen und mit den Klubvorsitzenden der im Landtag vertretenen Fraktionen einvernehmlich festgelegt, wobei selbstverständlich auch das Einvernehmen bestand, dass die geltende Fraktionsvereinbarung zur Anwendung kommt. – Ich mache darauf ausdrücklich aufmerksam.

 

Wir sind somit am Beginn der Debatte.

 

Laut Mitteilung der antragstellenden Fraktion ist Abg Dr Tschirf Begründer und Erstredner in einer Person. Die Fraktionsvereinbarung sieht hiefür eine Gesamtredezeit von 40 Minuten vor. Ich werde etwa 1 Minute vor Ablauf der 40 Minuten darauf aufmerksam machen, dass es dem Ende zugeht.

 

Ich erteile nun Herrn Abg Dr Tschirf das Wort.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Es ist dies nicht die erste Europadebatte, die im Landtag stattfindet, es ist dies aber eine besondere Landtagsdebatte, und zwar nicht nur deshalb, weil sie zu einem für dieses Haus eher ungewöhnlichen Zeitpunkt stattfindet – nämlich am 10. Juli –, sondern weil der Anlass und das Thema ganz besonders sind.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rufen wir uns in Erinnerung, wie wir aus der letzten Landtagssitzung vor 14 Tagen hinausgegangen sind: Es war dies am Ende einer Woche, in der es zu den verschiedensten kommunalen Themen unterschiedliche Positionen, aber auch Gemeinsamkeiten gegeben hat, so wie das zu einem Haus wie diesem gehört.

 

Ich persönlich bin wenige Stunden später informiert worden, dass es eine gewaltige Änderung in einem Bereich gibt, der für ein Land wie Österreich und für dessen Außenpolitik ganz wichtig ist, nämlich in der Europapolitik. Über die APA habe ich und haben wir alle, unter anderem auch die Außenministerin dieses Landes, erfahren, dass die SPÖ in einer völlig neuen Art der Kommunikation ein Vorhaben ankündigt. – Ein Kommentator der „Zeit", der Wiener Joachim Riedl, der keiner parteipolitischen Richtung zugeordnet werden kann und sicherlich unserer nicht nahesteht, schrieb in der letzten Ausgabe: „dass ein markanter Kurswechsel in der Europapolitik verkündet wird, und zwar nonchalant mittels Leserbriefs.“

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im „Standard" stellt Kommentator Mayer die Frage in den Raum, was denn bloß in Alfred Gusenbauer gefahren sei, dass er zu einem EU-politischen Amoklauf ansetzte.

 

Ich könnte die Kommentare aus den verschiedenen Zeitungen des In- und Auslandes hier jetzt stundenlang referieren, weil diese Frage leider – über Wien hinaus gehend – eine besondere, für uns nicht angenehme Wirkung erzielt hat.

 

Meine Damen und Herren! Ich war am Montag in Györ auf Besuch bei politischen Freunden. Diese Stadt ist nur 120 km von Wien entfernt. Diese 120 km haben aber einmal eine Welt bedeutet. Im Hinblick darauf glaube ich, dass die Friedensordnung in Europa, die wir heute haben, nicht leichtfertig aus parteipolitischem Opportunismus gefährdet werden sollte! Ich habe mich daran erinnert, als ich das erste Mal in meinem Leben in Györ war: Damals hatte ich ein Skriptum mit und habe mich auf eine meiner letzten Prüfungen aus Völkerrecht vorbereitet. Ich habe in Völkerrecht im Jahre 1981 an der Universität Wien noch die Frage bekommen: Warum kann Österreich der Europäischen Gemeinschaft nicht beitreten?

 

In diesen mehr als 25 Jahren hat sich viel verändert. Und ich möchte an dieser Stelle auch sagen: Auslöser dafür waren sicherlich sowohl Alois Mocks außenpolitische Position in der Bundesregierung als auch ein frühzeitiges Verständnis des damaligen Bundeskanzlers Franz Vranitzky, vor allem aber auch das diesbezügliche Engagement der Landeshauptmännerkonferenz.

 

Ich habe hier das Protokoll der Landeshauptmännerkonferenz vom 13. November 1987 in Villach. An dieser Landeshauptmännerkonferenz hat für Wien der Landeshauptmann-Stellvertreter und Vorgänger von Michael Häupl als Landesparteivorsitzender der SPÖ Hans Mayr teilgenommen. Damals haben die Landeshauptleute, die der ÖVP und SPÖ angehört haben, über die Parteigrenzen hinaus einen Beschluss gefasst, mit dem die Teilnahme Österreichs am gemeinsamen Markt mit dem Ziel, möglichst rasch die Vollmitgliedschaft in der EG anzustreben, festgelegt wurde. – Erstmalig sind die Landeshauptleute aus dem parteipolitischen Zank heraus zu dem Schluss gekommen, dass das sehr notwendig ist.

 

Hier in Wien wurde seit den Zeiten des Landeshauptmanns Zilk eine Fülle von Diskussionen zum Thema EU geführt. Es gab zahlreiche Resolutionen und es gab schließlich Einhelligkeit der großen politischen Lager

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular