Landtag,
18. Sitzung vom 26.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 49
selbstverständlich nicht von Ärztinnen und Ärzten, weil ich habe schon vorher gesagt, das Land Wien ist das einzige Land, das Kinderärztinnen und -ärzte heranzieht. Darin ist auch ein bisschen die Problematik, dass wir derzeit trotz aller Ausschreibungen noch zu wenig Kinderärztinnen und Kinderärzte haben, die bereit sind, diese Hausbesuche zu machen.
Aber wir wollen zunächst einmal die räumliche
Situation verbessern. Derzeit ist die Außenstelle in der Romanogasse für die
Begutachtung von Kindern mit Pflegebedarf nicht optimal. Wir möchten das in
bessere Räumlichkeiten zusammenzuführen.
Das Ziel ist es hier, verstärkt Hausbesuche
einzuführen. Ich gehe aber auf Grund der personellen Situation davon aus, dass
wir damit eigentlich erst im Herbst des heurigen Jahres beginnen können und das
dann schrittweise umsetzen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. - Somit ist die 1. Anfrage erledigt.
Die 2. Anfrage (FSP - 02887-2008/0001 -
KGR/LM) wurde von Frau Abg Jerusalem gestellt und ist an den Herrn
Landeshauptmann gerichtet. (Am Mittwoch, dem 18. Juni fand in Wien eine
Schülerinnen- und Schülerdemonstration mit dem Slogan "Wer hat uns
verraten" Sozialdemokraten. Wer war dabei? "die Volkspartei",
statt. Diese Demonstration richtete sich gegen die Tatsache, dass einige Wiener
AHS seit Jahren hoffnungslos überfüllt sind sowie gegen eine Weisung der
Stadtschulratspräsidentin, trotz Überfüllung alle berechtigten Schülerinnen und
Schüler an der Wunschschule aufzunehmen. Diese Demonstration wurde vom
Stadtschulrat verboten, warum?)
Ich ersuche ihn um Beantwortung.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte Frau Abgeordnete!
Ihre Frage, warum die Demonstration der 200 Schüler
vom Stadtschulrat verboten wurde, ist relativ leicht zu beantworten: Gar nicht.
Denn der Stadtschulrat hat nichts zu verbieten, was Demonstrationen betrifft
und daher kann er sie auch nicht verboten haben.
Der Stadtschulrat hat im Prinzip nichts anderes
gemacht, als nach Nachfrage auf Erlässe aus der Vergangenheit zu verweisen,
wonach Schüler am Unterricht teilzunehmen haben. Das erscheint mir nicht
besonders verwegen zu sein, denn Schüler haben grundsätzlich am Unterricht
teilzunehmen. Wenn sie nicht daran teilnehmen, haben sie sich immer durch ihre
Eltern oder durch wen auch immer, also wer halt dafür berechtigt ist, davon zu
entschuldigen. Auskünfte von Direktoren, die natürlich Dispens vom Besuch des Unterrichts
an irgendwelche Schüler geben können, oder was Schülerzeitungen erzählen, weiß
ich nicht. Ich sage auch ganz offen, dass ich gar nicht die Zeit habe, jeder
einzelnen solcher Aussagen nachzugehen. Aber es steht jedenfalls fest, dass der
Stadtschulrat keine Demonstration verboten hat.
Ich möchte aber einleitend noch auf einen anderen
Teil eingehen, den Sie hier sozusagen in Berichtsform auch geben, nämlich auf
diese Parole, die Schüler gerufen haben: „Wer hat uns verraten?
Sozialdemokraten!" Ich will nicht belehrend wirken, das liegt mir fern,
aber Sie kennen sicherlich den geschichtlichen Hintergrund dieser Parole. Da
werden Sie verstehen, dass man gewisse Sensibilitäten hat. Es stammt aus der
stalinistischen Zeit der Sozialfaschismustheorie, die, wie wir alle wissen,
verhängnisvolle Folgen hatte, nicht nur für den historischen Ablauf, sondern
auch auf das Leben vieler Sozialdemokraten, die in den stalinistischen Kerkern
umgekommen sind. Nachzulesen bei Ernst Fischer, der kein Sozialdemokrat war, auch
nachzulesen bei Ruth Mayenburg im Hotel Lux, die auch keine Sozialdemokratin
war.
Daher werden Sie verstehen, dass man als
Sozialdemokrat da eine besondere Sensibilität hat. Ich bin nicht bereit, von
wem immer das ist, ob das irgendwelche Leute sind, die sich an der Peripherie
der Sozialistischen Jugend herumtreiben oder ob das Leute sind, die anderswo
organisiert sind, diesen stalinistischen Slogan, von wem immer er kommt, zu
akzeptieren! Diese Zeiten haben wir Gott sei Dank hinter uns, so wie andere
Zeiten der Diktatur! Ich habe gegenüber allen Diktaturen, gegenüber allen
Formen des Faschismus, aber auch gegenüber allen Formen des Stalinismus meine
höchsten Abwehrreaktionen! Daher bitte ich um Verständnis, dass ich mit
innerer, emotioneller Mühe zwischen sachlichen Anliegen differenziere, die
Schüler zweifelsohne auch haben, wenn sie von solchen Parolen überdeckt werden.
Dafür bitte ich um Verständnis.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. - Wir kommen zur 1. Zusatzfrage. Frau Abg Jerusalem, bitte.
Abg Susanne Jerusalem
(Grüner Klub im Rathaus): Herr
Landeshauptmann!
Sie wären offensichtlich in einem sehr hohen Ausmaß
dazu geeignet, den Schülerinnen und Schülern politische Bildung zu vermitteln.
Das hat ein Teil Ihrer Antwort sehr deutlich gezeigt.
Ich verhehle aber nicht, dass ich trotzdem ein
bisschen unglücklich mit der Antwort bin, denn die Schülerinnen und Schüler
haben versucht, in eigener Sache zu handeln und waren sozusagen unterwegs in
Sachen politischer Bildung. Ich denke, das braucht auch eine gewisse
Unterstützung von Seiten des Stadtschulrats, von Seiten der Schule selbst. Wenn
jetzt also Direktoren von Klasse zu Klasse gehen und den Schülerinnen und
Schülern mitteilen, dass eine derartige Demonstration Konsequenzen haben wird
in Sachen Betragensnote und wenn sie demonstrieren wollen, sie sich halt ein
ärztliches Attest besorgen sollen, könnte ich mir vorstellen, dass Sie auch
daran eine gewisse Kritik üben wollen, weil politische Bildung sollte so auch
nicht ausschauen.
Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend):
Die Fragestellung, bitte.
Abg Susanne Jerusalem (fortsetzend):
Daher kommt jetzt meine Frage: Was hätten Sie an der Stelle der schulischen
Autorität den Schülern in dem Augenblick mit auf den Weg gegeben? Was kann ich
denen ausrichten?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr
Landeshauptmann, bitte.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular