Landtag,
17. Sitzung vom 05.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 70
kann hinsichtlich der Sicherung der Finanzierungsmöglichkeiten für die Krankenkassen in der Folge selbstverständlich mit den Ländern reden. Die Länder haben nie Gesprächsverweigerung betrieben, sondern haben sich diesen Diskussionen permanent gestellt. Ich erinnere an die unzähligen Diskussionen über einen bundesweiten Spitalsplan und ähnliche Dinge. Wir werden das sicherlich auch in Zukunft tun. Aber ich bitte wirklich um intellektuellen Dispens betreffend den Vorschlag der GRÜNEN auf Verbundlichung des Spitalswesens. Das wollen wir ganz sicher nicht!
Präsident Johann Hatzl: Frau
Abg Korosec.
Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann!
Sie haben sehr richtig gesagt, dass es in diesem Zusammenhang nicht um eine Gesundheitsreform,
sondern um die Krankenkassenfinanzierung geht, und zwar handle es sich hiebei
um keine nachhaltige Lösung, sondern es gehe nur darum, dass man jetzt wieder
über die Runden kommt.
Angeblich stand bei der gesamten Diskussion in den
letzten Wochen immer der Patient im Mittelpunkt. Wenn man aber ein bisschen
genauer zuhört, dann hat man den Eindruck, dass er eigentlich allen im Weg
gestanden ist. Dieses Eindrucks konnte man sich nicht erwehren.
Jetzt komme ich zurück nach Wien. – Mit der neuen Spitalsfinanzierung
hat man die präoperative Diagnostik geschaffen, was zur Folge hat, dass der
Patient, wenn er ins Spital kommt, sich schon allen Untersuchungen unterzogen
haben muss. Was heißt das? – Das bedeutet für jeden Patienten, der operiert
werden soll, dass er vorher einmal zum Hausarzt gehen muss. Das ist ein Weg.
Aber dann muss er auch ins Labor, zum Röntgen und vielleicht noch zu einer
anderen Untersuchung. Davon wären dann natürlich sehr viele alte gebrechliche
Menschen betroffen, die durch ganz Wien fahren müssten, um die notwendigen
Untersuchungen vornehmen zu lassen.
Sie wissen genau so gut wie ich, warum das so ist:
Weil sich das Land auf Kosten der Patienten Geld sparen will und der
niedergelassene Bereich von der Gebietskrankenkassa zu bezahlen ist.
Ich frage Sie: Wie können Sie das gegenüber den
Bürgern rechtfertigen? Sie als Landeshauptmann wollen natürlich für die Bürger
Wiens die beste, aber auch die unkomplizierteste Behandlung. Wie können Sie
dann rechtfertigen, dass die Leute ständig durch ganz Wien geschickt werden?
Präsident Johann Hatzl: Bitte, Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Diese
Information ist von mir zu hinterfragen, denn sie widerspricht sowohl der
Statistik als auch meinen persönlichen Erfahrungen.
Sie widerspricht der Statistik, weil nirgendwo zu
erkennen ist, dass es hier zu Kostenreduktionen gekommen wäre. Die Zahl der
Ambulanzbesucher in den städtischen Spitälern ist sogar gestiegen. Es gibt in
Wien nur ein einziges Krankenhaus, in dem die Ambulanzzahlen gesunken sind,
nämlich das Hanusch-Krankenhaus. In allen anderen städtischen Spitälern sind
die Ambulanzzahlen gestiegen. Ich kann also nirgendwo eine Auslagerung
erkennen.
Ihre Information widerspricht aber auch meinen
persönlichen Erfahrungen, die ich im familiären Bereich gemacht habe.
Selbstverständlich wurden in Vorbereitung einer Operation die notwendigen
Diagnoseschritte im Krankenhaus selbst vorgenommen, und zwar ohne Intervention.
Letzteres sage ich, weil Sie möglicherweise jetzt wieder behaupten werden, dass
man natürlich Familienangehörige des Bürgermeisters nicht zu Untersuchungen
herumschicken wird.
Ich werde mich erkundigen, ob das, was Sie hier
geschildert haben, in der Tat die Realität ist. Ich meine, dass das grundsätzlich
von Fall zu Fall zu entscheiden ist. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass
man vorbeugende Untersuchungen oder die einer Operation vorausgehende Analytik
auch in entsprechenden Labors oder bei niedergelassenen Ärzten vornehmen lässt.
Ich bin aber der Auffassung, dass die notwendigen Untersuchungen natürlich im
Krankenhaus selbst vorzunehmen sind, wenn Patienten nur schwer oder gar nicht
in der Lage sind, sich diesen Untersuchungen im niedergelassenen Bereich zu
unterziehen.
Ich kann Ihre Kritik nur eingeschränkt
verstehen, weil Sie das Ganze lediglich vor dem Hintergrund der Ökonomie sehen.
Gerade von Ihnen und aus Ihren Reihen höre ich immer wieder, dass man die
niedergelassenen Ärzte und den extramuralen Bereich entsprechend fördern soll.
Im Hinblick darauf kann ich Ihren Vorwurf, ehrlich gesagt, nicht
nachvollziehen! Vielleicht bin ich dazu intellektuell nicht in der Lage, aber
ich kann den Vorwurf jedenfalls vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehen.
Präsident Johann Hatzl: Herr Abg DDr
Schock.
Abg DDr Eduard Schock (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Landeshauptmann!
Sie haben selbst ausgeführt, dass es in
institutioneller Hinsicht eine wesentliche Änderung gibt, dass nämlich die
Macht im Hauptverband zugunsten der Wirtschaftskammer verschoben wird. – Es spiegelt halt auch die realen
Machtverhältnisse in der Bundesregierung wider, dass es zwar einen roten
Bundeskanzler gibt, dass aber andere in dieser Republik regieren, und zwar vor
allem die Wirtschaft. Allein aus diesem Grund ist es für mich unverständlich,
wie Sie da zustimmen können!
Substanziell gehört in dieses Haus allerdings die
Verschiebung der Finanzierung zu Lasten der Länder. – Herr Landeshauptmann! Die Oberösterreicher haben sich zum
Beispiel ausgerechnet, dass dieses Reformpaket, das die Krankenkassen und eine
reine Bundesmaterie betrifft, das oberösterreichische Budget mit
7 Millionen EUR belastet. Wenn man diese Berechnung für Wien
anstellt, dann sieht man, dass das Wiener Budget durch dieses
Krankenkassen-Sanierungspaket mit 10 Millionen EUR an Mindereinnahmen
belastet wird. Ich verstehe daher nicht, warum Sie das so kleinreden! Ich
meine, 10 Millionen EUR weniger im Wiener Budget sind ein Grund, den
Konsultationsmechanismus auszulösen!
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