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Landtag, 16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 53 von 78

 

Banden in Wien zum Betteln gezwungen werden, sind bereits durch die bestehende Gesetzeslage rechtlich geschützt, denn – noch einmal – organisiertes Betteln ist bereits verboten – auch für Kinder. Also diese neue Bestimmung trifft schlussendlich als zusätzliche Gruppe, als neue Gruppe, nur Kinder, die die eigenen Eltern begleiten, denn die, die, wie gesagt, nicht die eigenen Eltern begleiten, sondern – noch einmal – gemietet sind, sind ohnehin schon erfasst durch die bestehende Verbotsbestimmung. Also die neue Bestimmung lässt uns eine einzige neue Zielgruppe erschließen, nämlich die, die mit den eigenen Eltern da sind, die, die die eigenen Eltern begleiten. (Abg Nurten Yilmaz: Das stimmt ja nicht!) Das stimmt schon. Also wirklich, eins und eins macht zwei. Man schaue sich das Gesetz an, man schaue sich an, liebe Nurten, was im Gesetz bereits geregelt ist, man schaue sich an, wer alles dadurch erfasst ist. Es ist so! Jedes Kind, das derzeit in Wien zum Betteln angestiftet wird, weil es nicht mit den eigenen Eltern da ist, sondern weil es gemietet worden ist – sei es mit gefälschten Papieren oder wie auch immer –, ist bereits erfasst durch das Verbot des organisierten Bettelns. Es ist mit erfasst.

 

Das heißt – noch einmal –, die Bestimmung, die wir heute schlussendlich verabschieden, trifft als neue zusätzliche Gruppe nur Familien, echte Familien, die mit den Kindern hier betteln. Und somit muss ich leider sagen, die Behauptung, dass dieses Gesetz dazu da sei, um die Kinder zu schützen, die gemietet werden, um hier zu betteln, ist schlicht falsch. Ein Blick in die Statistik hilft. Wenn man sich die Anzeigenstatistik Innere Stadt anschaut, die Polizeistatistik vom vergangenen Jahr, so stellt man fest, dass der überwiegende Teil der Anzeigen Familien betroffen hat. Also es waren sehr wohl Eltern, die die eigenen Kinder mitführten, beziehungsweise in einigen wenigen Fällen waren es die Großeltern, und ein verschwindend geringer Teil waren Kinder, die eben nicht die eigenen Eltern begleiteten.

 

Worauf ich aus bin? (Abg DDr Eduard Schock: Genau umgekehrt! – Abg Nurten Yilmaz: Woher willst du das wissen?) Die Statistik gibt es, die ist einsehbar. Ich kann dir hinterher auch noch die Unterlagen zur Verfügung stellen.

 

Insofern kann ich an dieser Stelle nur sagen, worum es hier geht, ist tatsächlich, sich, wenn man das Ziel verfolgt, das Kindeswohl zu gewährleisten, die Frage zu stellen: Ist der Weg, der jetzt gewählt worden ist, der klügste, oder hätte es nicht gelindere Mittel gegeben, die bedeutet hätten, dass die Mutter und das Kind nicht auseinandergerissen werden, nicht voneinander getrennt werden? Hätte es einen Weg gegeben, mit dem sichergestellt wird, dass diese Kinder in Begleitung ihrer Mutter bleiben und auf diese Art und Weise relativ rasch das Herkunftsland wieder erreichen können, ohne dass sie die durchaus dramatische Erfahrung des Aufenthalts in Heimen machen müssen, von denen wir, wie gesagt, ganz sicher nicht wollen, dass Kinder dort auch nur einen einzigen Tag bleiben, geschweige denn womöglich monate- oder jahrelang?

 

Nebenbei: Wenn diese Menschen hier aufgegriffen werden, abgestraft werden, weil wir davon ausgehen müssen, dass sie in den allerwenigsten Fällen im Stande sein werden, diese 700 EUR aufzubringen, daher werden sie zum überwiegenden Teil tatsächlich dann ins Gefängnis weiterwandern, und wenn sie dann wieder in die Herkunftsländer kommen – was glauben Sie? Werden sie dort mit offenen Armen erwartet? (Abg Dr Wolfgang Aigner: Das ist nicht unser Problem.) Ja, Herr Aigner, wir wissen schon, es ist nicht Ihr Problem. Nichts ist Ihr Problem! Nichts ist Ihr Problem, das ist wunderbar. Es ist aber mein Problem, es ist das Problem meiner Fraktion (Abg Dr Wolfgang Aigner: Machen Sie Ihre Probleme nicht zu unseren Problemen!), es ist Gott sei Dank das Problem der überwiegenden Mehrheit der Abgeordneten hier in diesem Haus, die anders denken, die human denken, die menschlich denken. Es ist das Problem der Katholischen Aktion, es ist das Problem auch von Kreisen, von denen man meinen sollte, dass sie Ihnen als Christ nahe stehen, aber offenbar lassen Sie Ihre christliche Nächstenliebe in der Kirche drinnen, sobald Sie das Gebetshaus verlassen.

 

Ich sehe das nicht so, ich empfinde es nicht so, und mir geht es darum, einmal mehr festzuhalten: Ich glaube, das gelindere Mittel wäre der bessere Weg gewesen. Man hätte dafür sorgen müssen, dass diese Kinder nicht getrennt werden von den Eltern. Und einmal mehr: Diese Familien können jetzt auch noch mit schweren Repressalien rechnen, wenn sie die eigenen Herkunftsländer wieder erreichen, nachdem sie aus der Haft entlassen werden. Dort wartet nämlich auf sie sehr wohl die Kriminalpolizei, und das wird überhaupt nicht lustig werden.

 

In Summe also schließe ich damit ab, dass ich einfach feststelle: Es kann sein, dass manche von Ihnen der Illusion nachhängen, dass die bettlerfreie Stadt möglich und machbar ist. Ich glaube, meine Damen und Herren, dass es nicht möglich und nicht machbar ist. Zum Wesen der Stadt gehört es, dass es auch Gruppen gibt, die eben aus dem sozialen Netz herausfallen, entweder, weil dieses Netz nicht ausreichend ist, oder in manchen Fällen, weil sie selbst, aus welchen Gründen auch immer, keinen Platz darin finden. Es gibt eben in dieser Stadt Obdachlose, es gibt Sandler, es gibt Menschen mit Alkoholproblemen, es gibt Menschen mit Drogenproblemen. Ja, es gibt Menschen, die immer wieder betteln. Es gibt nicht nur Menschen, die aus Bulgarien und Rumänien und aus der Slowakei kommen, um zu betteln, es gibt insgesamt Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen betteln. Es gibt eben den berühmten bettelnden Sandler, der auch an einem Eck in der Mariahilfer Straße sitzt, nahe der Gruft, mit seinem Hunderl daneben, niemanden belästigt und nur sozusagen einen kleinen Becher in Händen hält, und wenn jemand vorbeigeht und was hineinwirft – fein.

 

Ich glaube nicht, dass diese Stadt, von der Sie sprechen und von der Sie träumen, in der die alle weg sind, ratzfatz sozusagen, und wenn sie es wagen, irgendwo an einer Ecke aufzutauchen und uns irgendwie an ihre missliche Lage zu erinnern und uns optisch zu

 

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