Landtag,
15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 67
„Standard“ unter dem Titel „Griff in die Mottenkiste“ den Rat gegeben, sich nicht auf Diskussionen über das Alter der Frau des Propheten einzulassen. Damit dann aber keine tatsächliche Berichtigung gemacht werden muss, sage ich jetzt: Die Behauptung betreffend das Alter von sechs Jahren stimmt einfach nicht! Das ist eine Aussage, aber es gibt auch andere Aussagen, in denen von 16 bis 20 Jahren die Rede ist. Nehmen Sie das zur Kenntnis, wenn die Muslime das sagen und beharren Sie nicht einfach auf Rechtsquellen, die Sie hier zitieren!
Angeblich stammt die beste Rechtsquelle, die Sie hier
zitieren, laut Eigendefinition vom Katholischen Akademikerbund. Es ist aber
einfach nicht richtig, wenn aus Büchern von Bukhari und Muslim zitiert und
behauptet wird, dass diese Bücher als unangefochtene Heiligtümer gelten. Dabei
geht es auch um die Überlieferer und ob die Menschen, deren Aussagen zitiert
werden, als integer anerkannt werden, und Muslim, der Schüler des Bukhari war,
hat etliche der Tradanten, die Buchari als inter sah, selber als nicht
zitierungsfähig anerkannt. Es sind also schon diese zwei, die Sie als unfehlbar
zitieren, nicht ganz miteinander d’accord gegangen, daher brauchen Sie uns
heute nicht mit solchen G’schichterln kommen!
Auch die Behauptung, dass man die Auffassung
vertrete, dass die Frau unrein sei, ist ein Schmarr’n! Nur weil das irgendein
Islamophober wie Sie in einem Artikel im „Standard“ bringt, kann man das doch
nicht einfach zitieren und sagen: Das ist die Meinung der muslimischen Männer
in diesem Land! Das ist einfach nicht richtig! Im Gegenteil! Wenn Sie sich mit
der Geschichte befassen, dann werden Sie sehen, dass im Islam der Frau die
Rechtssubjektivität zuerkannt wurde. Sie hatte Rechte wie das Erbrecht, das
Scheidungsrecht und demokratische Rechte, die in Europa erst im vorigen Jahrhundert
anerkannt wurden beziehungsweise teilweise noch nicht einmal fünfzig Jahre alt
sind.
Jetzt auch noch schnell zum Begriff „europäischer
Islam“. – Jawohl! Muslime leben in Europa, und diese sind mit anderen
Herausforderungen konfrontiert. Es entwickelt sich ein Islam der europäischen
Prägung, und man wird sich mit den Herausforderungen der Muslime in Europa
beschäftigen müssen. Aber es wird in Europa sicherlich nicht einen
vorherrschenden, von nicht Muslimen diktierten Islam geben, wie sich das manche
Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei vielleicht vorstellen oder
glauben machen wollen. Religion bleibt immer noch ein autonomes Recht der
jeweiligen Glaubensgemeinschaften, und Nichteinmischung und Trennung von
Religion und Politik bedeutet ja nicht nur, dass Religionsgemeinschaften sich
nicht in die Politik einmischen, sondern es heißt auch, dass sich die
politischen Parteien nicht in religiöse Angelegenheiten einmischen. Letzteres
tun Sie aber ständig, nicht zuletzt auch mit Ihrem Versuch, über einen
Gesetzesantrag im Nationalrat das Schächten von Tieren zu verbieten, um der
jüdischen und muslimischen Bevölkerung in Österreich eins auszuwischen!
Bei der Frage betreffend die Rolle der Frau im Islam bleibt
Ihnen anscheinend verborgen, dass die Sprecherin der Islamischen
Glaubensgemeinschaft in Österreich eine Frau ist. Das heißt, das Gesicht, das
der Islam in Österreich in den Medien, im Fernsehen, im Radio und in der
Zeitung, hat, ist das Gesicht einer Frau, und das im Gegensatz zu allen anderen
Religionsgemeinschaften. Ich kann mich noch erinnern, dass Terezija Stoisits
bei einer Anhörung im Parlament, als sich die Religionsgemeinschaften zur
Hereinnahme eines Passus betreffend Gott in die Präambel der Verfassung
äußerten und alle Religionsgemeinschaften von Männern vertreten wurden, ihre
Freude darüber kundgetan hat, dass als Einzige die Islamische
Glaubensgemeinschaft von einer Frau vertreten war.
Nun noch ein paar Worte zu Kollegin Vassilakou betreffend
Religionskritik: Jawohl! Religionskritik gab es und muss es geben. Dabei ist es
aber sehr wichtig, dass die Religionskritik, wie es auch Robert Misik
formuliert hat, vorwiegend aus den eigenen Reihen kommt. Man kann nicht zum
Beispiel die Frauenrechte oder die Menschenrechte nur dann entdecken, wenn es
um die Muslime geht. Da muss man schon mit mehr Sensibilität agieren!
Kollege Stefan!
Die Aussagen von Winter waren nicht nur unsensibel, sie waren falsch,
hetzerisch und zutiefst beleidigend! Sie haben den Ruf Österreichs aufs Spiel
gesetzt! Damit wird die Stellung Österreichs international wirklich ins
Zwielicht gebracht! (Beifall bei der SPÖ und von Abgeordneten der GRÜNEN.)
Vor ein paar Tagen fanden in Dubai Wien-Tage statt.
Wien verdient gerade am Tourismus aus den arabischen Ländern wahnsinnig viel.
Wir verbuchen in diesem Zusammenhang an die
330 000 Übernachtungen pro Jahr. Die Fluglinie des Emirates fliegt
zweimal am Tag und ist voll gebucht. Da kommen zahlungskräftige Touristen und
Touristinnen zu uns! Was sollen sie sich von einem Land denken, in dem sie dann
Plakate mit Aufschriften wie „Daham statt Islam!“ sehen und Beschimpfungen
ihres Propheten hören?
Gestern hat man im „Standard“ gesehen, wie die
Botschafter der arabischen Staaten dem Herrn Bundespräsidenten für seine
Haltung in dieser Sache gedankt haben.
In meinem letzten Appell richte ich mich auch an die
Kollegen von der ÖVP, und ich meine das jetzt wirklich nicht polemisch und will
das Ganze jetzt nicht auch noch steigern. Ich bitte Sie nur, die Sache auch in
Ihren Reihen zu überdenken! Die jetzigen Verurteilungen kamen eindeutig und
klar auch von Außenministerin Plassnik, von Molterer und auch von Ihnen selbst.
Ich meine, man sollte wirklich ein bisschen in sich
hinein gehen und nachdenken, ob man in Zukunft etwa bei Aktionen wie in der
Brigittenau, die von den Freiheitlichen unterstützt werden, mitmachen sollte!
Man sollte überlegen, ob man Ausdrücke wie „artfremd“ wirklich verwenden
beziehungsweise ähnliche Aussagen, zum Beispiel von Herrn Missethon, die es
immer wieder gibt, wirklich unterstützen sollte!
Ich meine es wirklich ehrlich: Man
sollte in sich gehen
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular