Landtag,
15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 67
Geschichte bekannt. Die Argumente gegen „die Muslime“ seien Rationalisierungen und grobe Verallgemeinerungen und keine Argumente, denen man mit Gegenargumenten begegnen könne. Es handle sich hier eindeutig um „hate speech“ und nicht um „free speech“. Angesichts der Erfahrungen unserer Geschichte sei das, was da passiert sei, ein Skandal. Laut Bunzls Worten handle es sich zudem um eine Selffulfilling Prophecy: Man thematisiere das Ganze, um Unruhen zu provozieren, um nachher beweisen zu können, dass der Islam und Muslime in dieses Land nicht passen.
Wenn Sie sich wundern sollten, warum Ihr Antrag
unsere Zustimmung nicht bekommt, dann sage ich Ihnen: Weil Sie haargenau mit
diesen Klischees arbeiten! Sie fangen wieder an, alles aufzulisten. Es geht um
Dinge, die wir schon hundertmal hier diskutiert haben. Sie listen Menschen auf
und behaupten, dass sie vom Verfassungsschutz in Deutschland verfolgt werden,
was einfach nicht stimmt. Eine der Damen ist nicht einmal mehr in Österreich!
Sie greifen die Islamische Glaubensgemeinschaft in diesem Antrag an, obwohl es
einhellige Zustimmung aller Seiten in Österreich zu deren Verhalten in diesem
Fall gegeben hat.
Dann argumentieren Sie mit der Trennung von Kirche
und Staat, obwohl Sie eigentlich die Partei sind, die immer religiöse Dinge ins
politische Leben einführt. Sie wollen uns weismachen, dass all Ihre
Behauptungen, Ihre Islamfeindlichkeit und Ihre rassistische Haltung gegenüber
Muslimen nur dadurch zu erklären seien, dass Muslime zum Beispiel Ehrenmorde
begehen und ähnliche Machtdemonstrationen betreiben. – All das erinnert
mich ein bisschen an die Geschichte.
1996 wollte niemand anderer als Ewald Stadler, Ihr
damaliger Generalsekretär, das „wehrhafte Christentum“ in das Parteiprogramm
einbringen, und er hat das damit begründet, dass er gegen die Islamisierung und
für die Rettung des Abendlandes vor dem Morgenland sei.
1999 ließ Westenthaler, der nervös wurde, weil Richie
Lugner für den Nationalrat kandidiert hat, mit der tollen Aussage aufhorchen,
dass es für freiheitliche Wähler untragbar sei, jemanden zu wählen, der in
Wien – und jetzt kommt’s, meine Damen und Herren! – eine Moschee gebaut
hat. Das war 1999, als es noch keinen „11. September“ gegeben hat und Sie
noch nicht gewusst haben, wie man Bin Laden buchstabiert. Damals gab es noch
keine Diskussion über Islamisierung der Weltpolitik, aber auch damals haben Sie
schon mit solchen Methoden gearbeitet!
Im Wiener Wahlkampf ging es weiter. Da hieß es
„Pummerin statt Muezzin“. Im Nationalratswahlkampf lautete die Parole: „Daham
statt Islam“. Westenthaler behauptete, dass man die Gipfelkreuze durch
Halbmonde ersetzen werde. (Abg Nurten Yilmaz: Das war wirklich das Beste!)
Ja! Das war das Beste, wenn man das auch ein bisschen humoristisch sieht!
In Kärnten forderte Ihr langjähriger Vorsitzender ein
Minarett-Verbot, und das in einer Stadt wie Spittal an der Drau, wo 111
Musliminnen und Muslime wohnen! – In ganz
Kärnten leben so viele Muslime wie in Berlin in einer einzigen Straße in
Kreuzberg!
Vielen von Ihnen ist wahrscheinlich verborgen
geblieben, dass es in Linz zwischen Weihnachten und Silvester eine Aktion gab,
bei der auf das Grundstück, auf dem der Bau einer Moschee geplant ist,
Schweineköpfe gebracht wurden, und zwar in der blöden Annahmen, dass dadurch
das Grundstück verunreinigt ist und die Muslime deswegen dort keine Moschee
bauen!
Wenn Sie von Gewalt reden und in Ihrem Antrag sagen,
dass der Anschlag auf ein Lokal der muslimischen Jugend auf einen
innerislamischen Konflikt zurückzuführen sei, dann frage ich Sie: Was sagen Sie
zu den Schändungen des islamischen Friedhofs? Wo bleiben da Ihre
Verurteilungen?
Noch dazu reden Sie jetzt von Drohbotschaften. –
Ist Ihnen eigentlich entgangen, dass mein Name dort auch genannt ist? Ist Ihnen
entgangen, dass ich genauso Mordanrufe und Mails mit Drohungen und
Beschimpfungen bekomme? Wissen Sie, dass einer dieser Aggressoren auch
ausgeforscht und mittlerweile zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt wurde?
(Abg Mag Harald Stefan: Wer war das? Wann war das?) Das war vor einem
Monat! Ich kann die Person nur zuordnen: Es war ein österreichischer Staatsbürger,
autochthon wie Sie! Er hat keine muslimischen Vorfahren und auch keinen
muslimischen Namen! Man hat das auch damit begründet ... (Weitere
Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Meine Herren! Ich habe mich wirklich bemüht, heute
dazu beizutragen, dass diese Diskussion hier in einem guten Klima und in einer
angenehmen Atmosphäre verläuft und nicht wieder eine hetzerische Steigerung
erfährt! Wir haben uns all Ihre Argumente angehört. Nehmen Sie sich das zu
Herzen und hören Sie doch auch einmal darauf, was die anderen sagen! Ich meine
jetzt vor allem auch Sie, Herr Stefan! Sie wollten ja auch, dass ich auf Ihre
Argumente eingehe!
Im Hinblick auf die Behauptungen von StR Herzog, der
jetzt nicht einmal da ist, weil ihn offenbar nicht interessiert, was da zu sagen
ist, müsste man heute eine Religionsstunde im Wiener Landtag abhalten, um
wirklich im Detail darauf eingehen zu können. Aber dann würde es gleich wieder
heißen, dass die Trennung von Politik und Religion in dieser Stadt nicht
eingehalten wird!
Ich möchte wirklich ausdrücklich die tollen
Reaktionen loben, die es seitens aller kirchlichen und fast aller politischen
Lager gegeben hat! Wir haben tolle Solidarisierungs-Mails bekommen!
Sie haben bei Ihrer Hetze viel gesagt, heute wurde
schon alles Mögliche erwähnt, etwa auch der Vergleich mit dem Tsunami, der Tod
und Schrecken bringt. – Ich meine, es ist ein Skandal, mit Muslimen so zu
agieren! Etwas untergegangen dabei ist, dass sich auch die Epileptiker in
Österreich von Ihnen beleidigt fühlen. Auch diese Gruppe hat Sie aufgerufen,
sich zu entschuldigen. Sich über Krankheiten anderer lustig zu machen, ist
nämlich auch nicht die feine Art!
Nur ganz kurz, damit das nicht im
Raum stehen bleibt: Gudrun Harrer hat in einem Kommentar im
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