Landtag,
15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 67
endet immer damit, dass es zu Ausschreitungen kommt. Und er endet für sehr viele Menschen immer wieder auch mit dem Tod. Das zeigt sich nicht nur in der traurigen Geschichte Österreichs, sondern das zeigt sich heute weltweit in vielen Ländern, allerdings Gott sei Dank nicht in Österreich!
Meine Damen und Herren! Gerade deshalb ist es
besonders wichtig, dass wir heute hier darüber reden, denn wir wollen das in
Österreich und in Wien nicht. Es ist wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen.
Wir dürfen ganz sicherlich nicht zur Tagesordnung übergehen, schweigen und so
tun, als ob nichts gewesen wäre!
Unter diesem Aspekt ist es mir sehr wichtig, an
dieser Stelle die Aussagen von Frau Winter als zutiefst rassistisch und
beleidigend, aber leider auch als faschistoid zurückzuweisen. Ich weiß nicht,
ob ihr Letzteres bewusst war, aber Sie können es ihr ja noch erzählen! Sie
können ihr die Gründe erklären, die Sie ja verstehen, und ich hoffe, dass sie
die richtigen Schlüsse daraus zieht. – Sie haben gemeint, sie hätte sich
entschuldigt. Ich habe sehr aufmerksam Zeitungen gelesen und auch die
Berichterstattung im Fernsehen verfolgt. Ich kann mich aber nicht an eine
Entschuldigung erinnern! Vielleicht habe ich sie aber, wie gesagt, verpasst.
Nun möchte ich auf einen zweiten Teil zu sprechen
kommen. – Es mag sein, dass in der Empörung rund um die Aussagen von Frau
Winter untergeht, dass all das sehr wohl Tradition und System bei der FPÖ hat.
Es mag sein, dass man meint, die Aussagen von Frau Winter seien sozusagen eine
zugespitzte Bierzeltvariante. Es gibt auch eine – unter
Anführungszeichen – Salonvariante, also eine zivilisiertere Art und Weise,
dieselben Inhalte zu verpacken und in die Welt zu setzen. Jedenfalls möchte ich
Ihnen an dieser Stelle aber jetzt – gerade weil heuer das Gedenkjahr
ist – sagen, dass die Art und Weise, wie Sie mit diesem Thema bereits seit
Jahren Politik betreiben, zutiefst verantwortungslos ist!
So haben Sie zum Beispiel auch bei der Wienwahl in
Ihrer Kampagne den Slogan „Daham statt Islam" propagiert. Ich schlage
Ihnen vor, gerade jetzt in diesem Gedenkjahr das Wort „Islam“ durch „Judentum“
zu ersetzen und sich anzuhören, wie das klingt. – Wenn man dann „Daham
statt Judentum" hört, dann hat man wahrscheinlich schon eine Vorstellung,
wie bedenklich das ist, was Sie hier machen. Dann versteht man vielleicht, was
es eigentlich bedeutet, wenn man eine große Gruppe von Menschen – in
diesem Fall sind es Österreich-weit 400 000 Menschen –ganz einfach
pauschal als jemanden darstellt, der in diesem Land oder in dieser Stadt nichts
verloren hat und nicht dazu gehört!
Meine Damen und Herren! In der Art und Weise, wie sie
vorgehen, kränken, beleidigen und erreichen Sie nicht nur irgendwelche
radikalen Kräfte, die es vielleicht am Rande der islamischen Religion gibt,
sondern Sie erreichen damit jeden, und Sie meinen damit auch jeden! Sie wissen
genau, dass damit auch Frauen und Kinder gemeint sind, die ganz einfach in
diese Religion hineingeboren wurden und sie vielleicht gar nicht praktizieren.
Sie wissen, dass Sie damit kollektiv jeden Menschen erreichen und beleidigen,
in dessen Pass unter Religionsbekenntnis „Islam" steht. – Ist das
wirklich das, was Sie wollen? Ist das wirklich das, worauf Sie aus sind? Wollen
Sie uns wirklich sagen, dass all diese Menschen in Österreich nichts verloren
haben? Oder wollen Sie damit sagen, dass all diese Menschen sogar in Europa
nichts verloren haben? Frau Winter hat sich nämlich auch angemaßt, auch für
andere europäische Länder Vorschläge zu machen, wenn sie meint, diese Leute
sollen sozusagen hinter das Mittelmeer geschickt werden, wo sie herkommen. Mit
ihren Vorschlägen hat sie offenbar den gesamten europäischen Raum in Geiselhaft
genommen!
Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist zutiefst abzulehnen
und verurteilenswert! So etwas hat überhaupt keinen Platz in Österreichs
Politik. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch an die Kollegen der ÖVP, die
noch im Saal sind und uns lauschen, appellieren, auf eigene Kollegen wie etwa Herrn
Lhptm Pröll oder auch Herrn Missethon einzuwirken, die auch immer wieder
mit sehr grenzwertigen Äußerungen auffallen und sich in diesem Bereich sehr
eindeutig positioniert haben, und zwar in einer Art und Weise, die auch immer
wieder beleidigend war. (Abg Dkfm Dr Aichinger: Was soll
das? – Zwischenruf von Abg Alfred Hoch.)
Herr Hoch! Wenn jemand den Begriff „artfremde
Minarette“ in den Mund nimmt, dann meine ich doch, dass so viel
Geschichtssensibilität vorhanden sein müsste, dass derjenige erkennt, dass der
Ausdruck „artfremd" nicht unbedingt ein Begriff ist, den man im Jahr 2007
verwendet! Ich gehe davon aus, dass man zur Geschichte dieses Begriffs einiges
weiß. Wenn das nicht der Fall ist, dann kann man das Ganze aber zumindest
bedauern und damit aufhören!
Ich möchte Ihnen nur sagen: Auch Ihnen kann ich ein
klein bisschen Verantwortung nicht absprechen! In dem Moment, in dem die ÖVP in
diesem Bereich langsam, aber doch mit einstimmt und sich relativ eindeutig positioniert,
muss die FPÖ in ihren Wahlkämpfen natürlich versuchen, ihre Schäfchen ins
Trockene zu bringen, und sich daher wohl oder übel noch extremerer Zuspitzungen
bedienen. – Ich möchte an dieser Stelle davor warnen, dass die Entwicklung
in die Richtung geht, dass die ÖVP nach und nach in bestimmte Fußstapfen tritt
und bestimmte Bereiche für sich besetzt und die FPÖ folglich noch weiter nach
rechts außen rückt und noch extremere Formulierungen bringt! Das sind sehr wohl
kommunizierende Gefäße! Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt! Ich weiß, dass
Sie das nicht gerne hören! Nichtsdestotrotz kann ich Ihnen das von hier aus
nicht sparen! Ich fände es wirklich sehr gut, wenn man damit aufhören würde! Es
würde uns gut tun!
Ich will mit zwei Feststellungen abschließen. –
Meine Damen und Herren! Religionskritik ist etwas Wichtiges und Wertvolles und
sollte immer wieder erfolgen, von hier aus, aber auch in der Öffentlichkeit,
und zwar nicht nur im Zusammenhang mit dem Islam, sondern im Zusammenhang mit Religionen
im Allgemeinen.
Sie fragen sich, warum niemand
bereit ist, eine
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