Landtag,
15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 67
und sie hier nicht allein lassen, denn Konsum, Leistungsdruck, Lifestyle, all das zählt und wird immer wichtiger und ist für viele der Jugendlichen, der jungen Menschen, nicht leistbar und auch nicht machbar.
Und wenn jetzt unser Herr Bürgermeister heute schon
gesagt hat, er muss sich ja selber loben, weil sonst macht es ja keiner, so
habe ich das jetzt aber ein bisschen ebenso in der Wortmeldung von der Kollegin
Wehsely empfunden, dass man sich selber lobt, vor allem, was die
Arbeitsmarktpolitik betrifft. Und es stimmt, es gibt hier Versuche, im Bereich
der Jugendarbeitslosigkeit Maßnahmen zu setzen, aber dass die nicht greifen,
muss man schon auch sehen. Denn wie sonst ist es zu erklären, dass in Wien die
Statistik der vorgemerkten arbeitslosen Jugendlichen in den Jahren von
2000 bis 2007 steigt. Sie steigt, und steigt in einem Ausmaß, wo man nicht
mehr zuschauen kann, und wo zwar das Versprechen einer Ausbildungsgarantie ganz
nett ist, aber den betroffenen Jugendlichen sehr wenig nützt. Denn wenn wir uns
anschauen, dass bei den Frauen, die 20 bis 24 Jahre alt sind, die
Arbeitslosigkeit von 2000 bis 2007 um 54 Prozent steigt und bei den
jungen Männern um 74 Prozent, so kann doch hier was nicht richtig sein. Es
kann doch hier in der Arbeitsmarktpolitik - die hier auch angesprochen worden
ist – dasjenige, was unternommen wird, nicht stimmen, es kann nicht gut laufen.
Und hier braucht es Maßnahmen von Seiten der Stadt, von Seiten der SPÖ, dass
diese Zahlen zurückgehen. Denn es stimmt, solange die jungen Menschen keine
Perspektive haben, keine Chance haben, aus ihrem Leben etwas zu machen - und da
gehört nun einmal ein Job, eine Ausbildung, dazu -, solange werden sie
frustriert sein, und leider werden viele diesem Frust auch Ausdruck verleihen.
Präsident Johann Hatzl
(unterbrechend): Sie haben noch eine Minute!
Abg Claudia Smolik
(fortsetzend): Sich hinzustellen und sagen, die Arbeitsmarktpolitik ist ein
gutes Beispiel, wo die Stadt Wien soviel macht, halte ich wirklich für verfehlt
und für einen Hohn für die, die seit Jahren einen Lehrplatz suchen und auf
Lehrstellen hoffen.
Ich möchte Sie, wie auch Kollegin Wehsely, auffordern
gemeinsam einen Konsens zu finden, wie wir Jugendlichen in dieser Stadt helfen
können. Wir brauchen auch eine Änderung in dem Freiraumangebot in dieser Stadt,
denn es wird zunehmen und alle, die länger in dieser Stadt leben, sehen, dass
der Freiraum in dieser Stadt für Jugendliche ohne Konsumzwang gering ist. Es
gibt immer wieder neue Lokale, alles Mögliche an Freizeitmöglichkeiten wird
angeboten, aber es gibt keine Freiräume, wo man sich ohne Konsumzwang treffen
kann, wo man nicht dazu verpflichtet ist, Ummengen an Geld auszugeben. Und
diese Freiräume für die Jugendlichen gilt es wieder zu schaffen. Mit ihnen
gemeinsam, in Kooperation mit allen, die in diesem Bereichen arbeiten
natürlich, aber wir müssen schon zur Kenntnis nehmen, dass Kinder und
Jugendliche in dieser Stadt, mit dieser Politik zum Teil auch, immer wieder den
Kürzeren ziehen, und das haben sie sich einfach nicht verdient. Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt Frau Abg Riha.
Abg Monika Riha
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Das Thema Gewalt eignet sich immer sehr gut zu
Übertreibungen. Wenn ich Herrn Kollegen Schock zuhöre, dann habe ich das
Gefühl, das Ende der Gesellschaft ist ausgebrochen, wenn ich Frau Kollegin
Wehsely zuhöre, dann frage ich mich, warum reden wir heute über Zukunft ohne
Gewalt, da müssten wir ja über Gegenwart ohne Gewalt reden.
Wie so oft, liegt die Wahrheit meistens in der Mitte.
Ein Fakt ist, an manchen Schulstandorten gibt es gewalttätige Übergriffe an
Jugendlichen. Das ist eine Realität, auf die die Politik reagieren muss. Es
macht aber auch keinen Sinn, die schuld nur auf einer Seite zu suchen, und dann
sind sicher nicht die Jugendlichen Schuld. Was aber die politische
Verantwortung in Wien betrifft, kann man leider den Vorwurf nicht ersparen, bei
einer Entwicklung nicht ganz genau hingeschaut zu haben, denn sowohl die
Kinder- und Jugendanwaltschaft als auch das Wiener Kontrollamt haben in den
letzten Jahren schon mehrfach auf diese Entwicklungen hingewiesen, aber es ist
daraufhin nicht viel passiert.
Probleme von Jugendlichen beginnen nicht erst im
jugendlichen Alter, sie beginnen viel früher. Und der beste Weg, Eskalationen
zu vermeiden, ist Prävention. Prävention gegen Gewalt beginnt meistens in der
frühen Kindheit, und es ist daher besonders wichtig, und das ist ein Thema auch
in den letzen Reden von mir, dass Geld investiert wird in Kinder, Familien, in
Bildungseinrichtungen, in Kindergärten, in Schulen. Es muss Angebote, und zwar
vielfältige, der Stadt geben, die auf mehreren Ebenen ansetzen:
Erstens, ich gebe Ihnen recht, Frau Wehsely, wir alle
Erwachsenen sind Vorbilder, ganz besonders die Politiker. Das sollten wir uns
nicht nur heute zu Herzen nehmen, sondern vielleicht auch an manchen anderen
Tagen. Aber im Besonderen wichtig für die Kinder und Jugendlichen sind die
Eltern, und genau dort müssen wir auch ansetzen. Es braucht in Wien ein
Eltern-Coaching, eine Art Elternschule. Es ist wichtig, frühzeitig anzusetzen,
es sollte in allen Wiener Kindergärten und in allen Wiener Schulen die
Möglichkeit eines Eltern-Coachings geben, und es müssten auch Anreize
geschaffen werden und vielleicht sogar Verpflichtungen, dass Eltern dieses
Angebot auch annehmen.
Prävention muss bei den jungen
Kindern beginnen. Möglichst ab dem 3. Lebensjahr sollte jedes Kind in Wien
einen Kindergarten besuchen können. Da sind wir wieder beim Kindergartenausbau.
Es gibt vielfache erfolgreiche Projekte im Kindergarten, wie zum Beispiel das
Projekt „Faustlos“ oder ähnliche, bei denen Kinder frühzeitig lernen, ihre
Konflikte gewaltfrei lösen zu können. Sozialkompetenz - und davon reden wir ja
- beginnt im Kindergarten. Gute Sprachkenntnisse sind ebenfalls eine
wesentliche Voraussetzung, um Konflikte lösen zu können
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