Landtag,
11. Sitzung vom 05.07.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 22
Milchprodukte, Energie und
Wohnen.
Meine Damen und Herren! Das
ist hausgemachte Inflation, denn sonst hätten wir sie nicht in dieser
Dimension! Dabei sind aber die jetzige Erhöhung der Tarife der Öffis und der
Parkgebühren sowie die Erhöhung der Mineralölsteuer ab vorgestern noch gar
nicht berücksichtigt. Das heißt, die Inflationsrate wird laut WIFO im Herbst
auf 2,5 Prozent ansteigen und mindestens bis nächstes Jahr Juli/August
halten!
Meine Damen und Herren! Das
ist ein perfides Spiel von Ihnen, etwa wenn man über die Wohnkosten spricht.
Die Wohnkosten bestehen nämlich nicht nur in der nackten Miete, die heute ja
schon einen relativ geringen Anteil ausmacht, sondern es kommen vor allem die
Betriebskosten hinzu, und die Betriebskosten gestaltet die Stadt Wien, die
Kommune und das Land, natürlich größtenteils beziehungsweise zu 100 Prozent
selbst. Sie haben die Wassergebühren, die Kanalgebühren und die Müllgebühren
erhöht. Gleichzeitig beschließen wir heute voraussichtlich mit Ihren Stimmen
das Valorisierungsgesetz.
Das ist eine Todesspirale
für Mieter und für alle Beitragsbezieher, vor allem für Bezieher der
Wohnbeihilfe; darauf werde ich dann noch eingehen. – Sie erhöhen alle
Gebühren. Dadurch steigen die Betriebskosten massiv, weil die Betriebskosten
fast schon zu 50 Prozent aus diesen Gebühren bestehen. Somit heizen Sie
die Inflation an. Durch die Inflation können Sie früher valorisieren. Und dann
steigen die Betriebskosten wieder. Das ist wirklich eine Todesspirale für die
Mieter!
Meine Damen und Herren!
Eigentlich ist es nicht verständlich, dass Sie diese für Mieter und
Beihilfenbezieher asoziale Politik weiterführen! Das Mindesteinkommen ist
innerhalb eines Jahres von 630 EUR auf 690,06 EUR gestiegen, das ist
ungefähr eine 10-prozentige Erhöhung. Und wenn ich jetzt die Wohnbeihilfe etwas
näher beleuchte, dann ziehe ich diese Mindesteinkommen als Basis heran. Das
sind nämlich Mindesteinkommen auf Nettobasis, was ja ganz interessant ist. Das
Nettoeinkommen beträgt 690,06 EUR, für zwei Personen sind es
1 037,13 EUR, pro Kind gibt es 72 EUR und so weiter.
Wissen Sie, wie viele
Wienerinnen und Wiener dieses Nettomindesteinkommen gar nicht erreichen können?
Ein Beispiel: Eine alleinstehende Mutter mit einem Kind bekommt
Familienbeihilfe, allerdings nur alle zwei Monate ausbezahlt, von
156,30 EUR. Diese Familienbeihilfe zählt zum Beispiel nicht zu diesem
Nettoeinkommen von 690 EUR. Das Kinderbetreuungsgeld beträgt, wenn ich die
Familienbeihilfe schon dazu rechne, 450,43 EUR. Diese Frau erreicht also
das Mindesteinkommen von 690 EUR gar nicht! Das heißt, sie bekommt
überhaupt keine Wohnbeihilfe!
Wissen Sie, wie viele Leute
unter dieser Grenze sind? – Es gibt 244 000 geringfügig
Beschäftigte! All das scheint an Ihnen, an der SPÖ, an der Gewerkschaft, an
allen, vorbeigegangen zu sein! Es ist an Ihnen vorbeigegangen, dass sehr viele Menschen
in Österreich dieses Minimum von netto 690,06 EUR, das Sie vorschreiben,
gar nicht erreichen! Meine Damen und Herren! Das ist keine soziale, sondern
eine asoziale Politik, sowohl von der Bundesregierung als auch von der SPÖ in
Wien! (Beifall bei der FPÖ.)
Es gibt heute 55 000 Bezieher von
Wohnbeihilfe. Das ist eine massive Steigerung. 1999 waren es 19 000. Das
heißt, die Armut greift um sich. Und es gibt viele, die das gar nicht
beantragen können, weil sie das Mindesteinkommen nicht erreichen.
Meine Damen und Herren! Wir fordern, dass die
Wohnbeihilfe nicht anhand der nackten Miete berechnet wird, denn das wird
nichts bringen, weil diese nur alle vier oder fünf Jahre steigt, wenn gemäß
Mietvertrag die automatische Valorisierung kommt. Wir fordern, dass die Wohnbeihilfe
in Wien in Zukunft mit einem Faktor der Betriebskosten gefördert wird! (Beifall bei der FPÖ.)
In Wirklichkeit sind Sie die Preistreiber, und Sie
vermiesen den Leuten das Einreichen!
Meine Damen und Herren! Das Mindesteinkommen für Wohnbeihilfe
war vor zehn Jahren – ich habe mir das angeschaut – mit 551 EUR
vorgeschrieben. Die jetzigen ominösen 690 EUR bedeuten eine Steigerung um
21 Prozent netto. Da frage ich Sie: Wie viele Österreicher beziehungsweise
Wiener haben in den letzten zehn Jahren um netto 21 Prozent mehr im
Börsel? Ich werde es Ihnen anhand von WIFO-Zahlen sagen: Die Einkommen sind
brutto um nicht einmal 15 Prozent gestiegen. Sie verlangen aber von den
Einreichern, dass das Nettoeinkommen steigt. Wo sind wir denn, bitte? Dann
passen Sie das geforderte Netteinkommen gefälligst ans Bruttoeinkommen, an die
Erhöhung, die die Gewerkschaft bei den Kollektivverträgen aushandelt, an! Das
macht eh nur mehr sehr wenig aus!
Der Mindestlohn von 1 000 EUR, den Sie jetzt
beschlossen haben, ist ohnedies eine Chuzpe! Und da sind viele nicht dabei. Da
sind Teilzeitbeschäftigte, Tagesmütter und 244 000 geringfügig
Beschäftigte nicht dabei! Sie haben 300 000 Leute vergessen! Was Sie
da in der Bundesregierung machen, ist ja alles nur Schmäh!
Meine Damen und Herren! Valorisieren Sie die
Bedingungen, denn sonst werden die Leute in Zukunft immer weniger netto im
Börsel haben und um die Wohnbeihilfe nicht einreichen können!
Meine Damen und Herren! Nachdem am 1. Juli die Öffis
endgültig erhöht wurden, wenn man keine Vorverkaufsfahrscheine gehabt hat, und
Sie heute das Valorisierungsgesetz beschließen, stecken Sie gleichzeitig aber
zwei Millionen an Steuergeld ins Ernst Kirchweger-Haus, und man sagt noch groß:
Das ist jetzt die Lösung eines jahrzehntelangen Problems! Herr Sperl, der das
betreuen wird, sagt: „Natürlich ist das eine politische Entscheidung. Wir
glauben, dass soziale Betreuung der richtige Weg ist, durch eine Absiedlung
oder Delogierung würde die Situation nur eskalieren.“
Dazu sage ich, wie man in Wien
sagt: Leiwand! Wer in Wien zerstört, Mitbürger einschüchtert, bewusst nicht
arbeitet, demonstriert und provoziert, der wird sozial betreut. Und die Armen,
die das Mindesteinkommen nicht erreichen, können nicht für die Wohnbeihilfe
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