Landtag,
8. Sitzung vom 26.01.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 59
Jung: Jeder, der zu uns kommt!) Ja, jeder muss das
unterschreiben. Das heißt, Sie lassen auch einen USA-Staatsbürger, einen
Briten, einen Deutschen ein Bekenntnis zum westlichen Wertekanon
unterschreiben. (Abg Mag Wolfgang Jung: Ja! Was haben Sie dagegen?) Na
wunderbar! Zumindest da hätten wir eine gewisse Klärung.
Dann stellt sich natürlich die Frage: Was ist der westliche Wertekanon? Wer entscheidet, was der westliche Wertekanon ist? Wissen Sie, Herr Jung, Sie entscheiden es Gott sei Dank nicht. (StR Johann Herzog: Es gibt Grundrechte in der Verfassung!)
Wissen Sie was, so einen großen Quatsch habe ich mein
Leben lang noch nicht gehört, und ich möchte Sie aufklären. Jeder, der
eingebürgert wird in Österreich, darunter auch ich vor etlichen Jahren,
unterschreibt nämlich bereits jetzt – und zwar nicht erst, seitdem Sie in der
Regierung waren anno dazumal, sondern seit viel, viel, viel länger –
automatisch bei der Einbürgung ein Bekenntnis zur österreichischen
Rechtsordnung. Jawohl, das tun wir. Das haben wir alle getan. Und das ist gut.
Das heißt, Sie verlangen etwas, was es schon gibt.
Also wenn Sie etwas darüber hinaus wollen und Sie sprechen von einem
Wertekanon, so möchte ich Ihnen sagen, dass Werte verhandelbar sind. Die
Verfassung ist nicht verhandelbar, die Rechtsordnung zu einem bestimmten
Zeitpunkt ist nicht verhandelbar. Dazu unterschreiben Sie auch ein Bekenntnis.
Werte sind an sich was Verhandelbares, das gehört zur Natur der Dinge. Und wenn
Sie, irgendeiner von Ihnen, und ich uns zusammensetzen an einem Tisch und
versuchen – kann man das bitte ein bisschen leiser drehen (Die Rednerin spricht
in Richtung Techniker auf der Galerie.), denn das ist ein bisschen sehr laut
(Abg Mag Wolfgang Jung: Das ist hervorragend eingestellt!) –, also wenn Sie und
ich, irgendeiner von Ihnen und ich uns zusammensetzen an einen Tisch und
versuchen, uns zu einigen auf den westlichen Wertekanon, glauben Sie, wir
werden uns jemals einig werden?
Wenn ich davon ausgehe, dass das, was Sie hier
eingebracht haben als Antrag, dem westlichen Wertekanon nach Ihren
Vorstellungen entspricht, möchte ich Sie nur darauf hinweisen, dass Sie im
Zusammenhang mit der deutschen Staatssprache in Ihrem Bekenntnis auf alle
Minderheitensprachen vergessen haben, die verfassungsrechtlich festgehalten
sind. Also Ihr Antrag ist ein bisschen verfassungswidrig, er schrammt ein
bisschen an der Verfassungsmäßigkeit vorbei, weil Sie nämlich hier einiges
vergessen haben. Alleine diese Beispiele sollten dafür reichen, wie damit zu
verfahren ist. Ich sage Ihnen ganz einfach, das ist eine Sackgasse. Damit kommen
Sie nicht weit.
Das Letzte, was Sie beabsichtigen, ist, Menschen
wieder auszubürgern, weil sie sich nicht nach Ihren Vorstellungen verhalten
haben. Auch das ist eine Sackgasse, denn das österreichische Recht verlangt,
dass jemand seine eigene Staatsbürgerschaft ablegt. Das heißt, diese Menschen
würden dann staatenlos werden und damit per definitionem für immer in
Österreich bleiben, weil sich kein Land der Welt fände, das die Verpflichtung
hätte, diese Menschen aufzunehmen.
Das heißt, reservieren Sie jetzt schon ein paar
Grundstücke auf dem Mond. Sie sind übrigens im Internet dieser Tage zu
ersteigern. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Das empfehle ich Ihnen, und damit
werden Sie dann, irgendwann einmal vielleicht in 200 Jahren, die Lösung aller
Probleme erreicht haben.
Ich schließe vielleicht, weil wir heute ein bisschen
religiös unterwegs waren und weil es ein bisschen modern ist in letzter Zeit,
allerlei hier zu zitieren, mit einem Bibelzitat ab, das ich Ihnen schon gerne
mit auf den Weg geben möchte. Es heißt also in der Bibel: „Wen Gott
abgeschrieben hat, den lässt er selbstherrlich werden." Merken Sie sich
das! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl:
Zum Wort gemeldet hat sich Frau Mag Ekici. Ich erteile es ihr.
Abg Mag Sirvan Ekici (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter
Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Besucher
und Besucherinnen auf der Galerie!
Mit Bedauern muss ich leider feststellen, dass die
FPÖ einen neuen Lieblingsfeind gefunden hat, und zwar die Muslime, was mich als
Muslima natürlich besonders schmerzt und emotional auch trifft. Schon im
Wahlkampf haben wir das ja schon inhalieren müssen und miterleben müssen, dass
die Muslime als Sündenböcke herhalten mussten, deswegen sei an dieser Stelle
vorweg festgehalten: Eine ganze Bevölkerungsgruppe auf Grund ihrer Religion zu
diffamieren, ist widerlich, menschenverachtend und deswegen auf das Schärfste
zurückzuweisen. (Beifall bei der ÖVP und von Abgeordneten der SPÖ und der
GRÜNEN. – StR Johann Herzog: Was Sie sagen, ist leider zurückzuweisen!)
Ihrerseits wird immer das reine Österreichertum
hochgehalten – wir haben Ihre Wahlkampfslogans im Straßenbild sehen müssen –,
seien Sie aber an dieser Stelle bitte auch daran erinnern, dass bereits im
alten Österreich und vor 1918 Menschen muslimischen Glaubens in Österreich
gelebt haben, die sich sehr wohl mit Österreich identifiziert haben, und dass
der Islam zum Selbstverständnis Österreichs gehört. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Österreich
sind mit der gesetzlichen Anerkennung des Islam und den daraus erwachsenden
Möglichkeiten Strukturen geschaffen worden, die den Muslimen im Entwickeln
einer Identität als Muslim und sich als Bürger mit Österreich zu identifizieren,
entgegenkommen. Dieses Modell passt für Europa und auch für Österreich, und wir
werden ja auch in ganz Europa darum beneidet. Schauen Sie sich ausländische
Zeitungen, europäische Zeitungen an, die über Österreich sehr positiv
berichten. Das sei an dieser Stelle hier nur festgehalten.
Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Die schrecklichen und abscheulichen Ereignisse des 11. September
2001, die von Leuten begangen wurden, die ein falsches Bild über Religion
erzeugt haben, und der darauffolgende Kampf mit dem Terror und dessen
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