Landtag,
5. Sitzung vom 29.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 84
kann man doch wohl auch vom Bund verlangen, und auf nichts
anderes bestehe ich.
Präsident Heinz Hufnagl:
Danke schön für die Beantwortung. Die letzte Zusatzfrage wird von Herrn Abg
Schreuder gestellt. Ich bitte darum.
Abg Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Herr
Landeshauptmann!
Sollte es auf Bundesebene tatsächlich zu keiner
Einhaltung dieses Punktes 8 des Washingtoner Abkommens kommen, so müsste
doch das Land Wien ein vitales Interesse daran haben, dass einer der schönsten
Friedhöfe der Stadt saniert wird.
Können Sie sich vorstellen, dass - nachdem man das ja
auch weiß, man hat hier die Beispiele Budapest oder Prag und Sie selbst haben
jetzt Führungen angeboten durch den Jüdischen Friedhof und die waren total
überlaufen; also, es gibt ein unglaublich großes Interesse daran, dass man
diesen Friedhof auch wirklich besichtigt -, wenn es einfach zu keiner Lösung
kommt - und es werden ja nach und nach trotzdem Grabsteine ruiniert, die sind
teilweise aus Sandstein und dann nie wieder herstellbar - können Sie sich also
vorstellen, dass man sagt, okay, es ist eine Schande, was der Bund macht, das
Land Wien wird das in die Hand nehmen, wir sanieren diesen Friedhof, zumal die
finanziellen Mittel einfach das Budget der Kultusgemeinde übersteigen würden.
Präsident Heinz Hufnagl:
Bitte, Herr Landeshauptmann!
Lhptm Dr Michael Häupl:
Herr Abgeordneter!
Dass dies das Budget der Kultusgemeinde übersteigt,
trotz der Subventionen, steht ja außer jedem Zweifel, das ist ja die
wesentliche Begründung gewesen, warum das auch in diesen Eizenstat-Vertrag
hinein genommen worden ist. Ja, selbstverständlich ist mir der Jüdische
Friedhof ein Anliegen, ja selbstverständlich betrachte ich ihn nicht nur als
eine präsumtive touristische Attraktion wie in den beiden von Ihnen genannten
Städten - und in beiden Städten kenne ich den jeweiligen jüdischen Friedhof -,
sondern wir betrachten ihn natürlich als eine historische Stätte, die ja einen
Hinweis auf vieles aus unserer eigenen Geschichte gibt, wo wir sicherlich auch
mit der Abarbeitung selbiger bei weitem noch nicht fertig sind, auch wenn schon
vieles in den letzten Jahren in diese Richtung hin getan wurde.
Aber Sie dürfen mir glauben, dass ich ein ebenso
großes Anliegen habe, was die Frage beispielsweise der Schulen betrifft, was die
Frage der Gesundheitsfinanzierung betrifft, was die Frage etwa der Förderung
von Frauenvereinen betrifft und von vielen anderen Dingen. Selbstverständlich
ist es mir auch ein Problem, dass um rund ein Drittel die Bundessubventionen
für Kultur in Wien gekürzt wurden.
Wenn man all das zusammenrechnet, was der Bund hier
in Wien in den letzten Jahren zurückgenommen hat, dann bitte ich Sie auch um
Verständnis dafür, dass ich mit Sicherheit alle Mittel ausschöpfen werde, mich
nicht erpressen zu lassen, mich durch einen Akt der Unanständigkeit nicht
erpressen zu lassen.
Ich werde in meinem Leben nicht verstehen, warum man
sich zum Beispiel in der Ortstafelfrage erpressen lässt, schlicht und einfach
durch Negieren der österreichischen Verfassung. Ich werde auch hier nicht
verstehen, warum man sich dadurch erpressen lassen muss, dass einfach ein
internationaler Vertrag nicht eingehalten wird, sondern wir machen es einfach
nicht, und aus, und das wird allgemein von der Gesellschaft und von den Leuten
zur Kenntnis genommen. Ich halte das für ungeheuerlich und werde daher alle
Mittel ausschöpfen, dass dies unterbunden wird, gemeinsam mit allen
Gutwilligen. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Danke,
Herr Landeshauptmann!
Die 3. Anfrage (FSP - 01555-2006/0001 - KVP/LM) wurde von
Herrn Abg Dr Wolfgang Ulm gestellt und ich bitte um die Beantwortung. (Werden
Sie sich für ein in der Wiener Stadtverfassung verbrieftes Petitionsrecht für
Bürgerinnen und Bürger auf Landes- und Gemeindeebene einsetzen, welches die
Organe des Landes und der Stadt Wien verpflichtet, Petitionen,
Unterschriftenlisten und Bürgeranliegen zwingend in Behandlung zu nehmen?)
Bitte, Herr Landeshauptmann!
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Eine Diskussion, die wir seit längerer Zeit führen
und wo die Möglichkeit besteht, sie leicht polemisch zu führen, beispielsweise
dadurch, dass ich sage: „Ja, ich werde das unmittelbar dann beantragen, wenn
etwa im Nationalrat die Untersuchungsausschüsse auch als Minderheitenrechte
konstituiert werden - so wie vorbildhaft hier in Wien“, aber ich lege da gar
keinen besonderen Wert darauf. Es wird außerhalb, aber es wird da auch genug
polemisiert und ich muss das nicht auch noch besonders anreichern, sondern auch
versuchen, konstruktiv zu sein.
Aus meiner Sicht heraus gesehen - und das sagte ich
schon einmal hier - ist das Petitionsrecht eigentlich in einem alten
Staatsgrundgesetz entsprechend verankert. Es ist vollkommen selbstverständlich,
dass man nicht nur bei großen Unterschriftenaktionen, wie zum Beispiel zu der
uns allen hier sehr bewegenden Frage der Hundstrümmerl, diese Unterschriften
entsprechend entgegennimmt, sondern auch bei sehr viel kleineren Dingen und
sich natürlich auch damit auseinander setzt.
Es gibt ja viele außerhalb des Rechtsbereiches
befindliche, gute politische Gründe, dies auch zur Kenntnis zu nehmen und sich
damit zu beschäftigen.
Aber ich möchte Ihnen einen Vorschlag zur Güte machen
und würde die Klubobmänner aller hier vertretenen Parteien ersuchen, Verhandlungen
darüber zu beginnen, wie wir auf Ebene des Gemeinderates eine
Petitionskommission und auf Ebene des Landtages einen Petitionsausschuss
einrichten können, der sich mit diesen entsprechenden Eingaben auch hier
formell beschäftigen kann und eben formell dann auch diese Eingaben, wenn der
Petitionsausschuss oder die Petitionskommission dies beschließt, jeweils im
Gemeinderat oder im Landtag auch diskutieren kann.
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