Landtag,
32. Sitzung vom 15.09.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 9
gebührenden Form stellen.
Eine Sache möchte ich schon noch einmal sagen - ich
will nicht alles noch einmal sagen, was wir ohnehin am 29. Juni diskutiert
haben -: Ein gewisses Auswahlverschulden dafür, dass der Herr Gudenus überhaupt
Bundesrat war, liegt natürlich bei der FPÖ. Es ist eine Tatsache, dass, obwohl
er 1995 aufgrund einschlägiger Äußerungen sehr unrühmlich aus dem Nationalrat
geflogen war, die FPÖ ihn wider besseren Wissens 1996 - und wie ich in
Zeitungen gelesen habe, sogar gegen den ausdrücklichen Wunsch des damals noch
fast allmächtigen Parteiobmannes Jörg Haider - wieder in den Bundesrat entsandt
hat. Diese Verantwortung ist der FPÖ, aber auch jenen BZÖ-Mandataren, die
damals noch als FPÖ-Mandatare dem zugestimmt haben, nicht abzusprechen. Diese
Verantwortung haben sie natürlich auch heute.
Darüber hinaus meine ich, dass man heute natürlich
nicht im Detail darüber sprechen muss - wie es das letzte Mal von Seiten des
Kollegen RUDOLPH geschehen ist -, ob das Verbotsgesetz sinnvoll ist. Kollege
RUDOLPH hat das damals in Zweifel gezogen; ich bin der Meinung, dass das
Verbotsgesetz nach wie vor ein wichtiges und gutes Instrumentarium ist, um
gegen nationalsozialistische Wiederbetätigung vorzugehen. Es ist dies natürlich
nicht das einzige Instrument, sondern noch wichtiger ist, dass man politische
Bildung betreibt, dass man konsequent gegen jede Form der Diskriminierung von
Menschengruppen und Menschen auftritt und dass wir insgesamt die Demokratie so
gestalten, dass vielleicht künftig so fürchterliche Aussagen, wie sie vom Herrn
Gudenus gefallen sind, nicht mehr vorkommen.
Natürlich hat der Wiener Landtag nicht im Geringsten
darüber zu befinden, ob Herr Gudenus den Tatbestand des § 3h des
Verbotsgesetzes erfüllt hat oder nicht. Selbstverständlich kann darüber nur ein
unabhängiges Gericht befinden. Ich meine, das wird, falls eine Anklageerhebung
erfolgt, durch die Geschworenen auf rechtsstaatliche Art geschehen. Dass die
Äußerungen politisch absolut unakzeptabel und jenseits von alledem sind, was
erträglich wäre, darüber sind wir uns einig, und in dem Sinn halte ich es für
erfreulich, dass wir heute diesem Ersuchen des Landesgerichts für Strafsachen
voraussichtlich einhellig Folge leisten und zustimmen. Jede andere Entscheidung
wäre auch vollkommen unverständlich.
Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist daher geschlossen.
Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort. -
Sie verzichtet.
Wir kommen nun zur Abstimmung.
Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die dem
Antrag des Immunitätskollegiums zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Das ist
somit einstimmig beschlossen.
Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung
erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf
schriftlichem Wege bekannt gegeben.
Hohes Haus! Eine Minute noch. - Ich weiß, dass der
heutige Landtag natürlich auch eine große Verlockung für alle Redner und für
alle Fraktionen in sich gehabt hat, in der Thematik einen weiten Bogen zu
ziehen. Ich bin sehr froh, dass es bei allen Verlockungen dabei geblieben, dass
der - und gestatten Sie mir diese persönliche Bemerkung - sehr unerquickliche
Fall Gudenus senior dennoch Mittelpunkt in der Diskussion und in der
Auseinandersetzung geblieben ist, auch wenn es Phasen, kurze Momente gegeben
hat, in denen es möglicherweise auch Grenzverletzungen gegeben hat. Ich bin
aber davon ausgegangen, dass hier ein Punkt abzuhandeln ist, der nicht durch
andere Themen verzerrt werden soll.
Hohes Haus! Ich gehe davon aus, dass die nächste
Sitzung des Landtages nach der Wahl stattfinden wird. Die einzelnen
wahlwerbenden Parteien haben, wie man hört, ihre Kandidatenlisten bereits
fertig gestellt und befinden sich doch noch immer in der Beginnphase einer
Wahlbewegung, in die ich nicht eingreifen möchte. Denn naturgemäß würde ich
lügen, wenn ich sagen würde, das geht mich nichts an, oder da wäre ich sehr
neutral. Jeder, der mich kennt, weiß, was ich mir vorstelle und erhoffe, aber
das ist nicht der Inhalt einer Stellungnahme.
Was ich als Präsident des Wiener Landtages aber doch aussprechen
möchte, sind einige ganz wenige Wünsche. Es soll harte Diskussionen und
Darstellungen geben. Es soll durchaus sehr scharfe und klare Abgrenzungen in
den politischen Auffassungen und Zielvorstellungen für die Zukunft geben. Wir
sollen uns bewusst und nicht wehleidig sein: Wahlbewegungen sind nicht
zimperlich, und politische Diskussion und Auseinandersetzung ist nicht eine
chinesische Höflichkeitsfloskel, sondern sie muss an den Kern und in der Form
der Diskussion an den Rand der Auseinandersetzung gehen.
Trotzdem - mein letzter, persönlicher Wunsch -:
Beachten wir immer den persönlichen Respekt und die persönliche Zone von
anderen Mitbewerbern, und bemühen wir uns trotz aller Härte um Fairness.
Bemühen wir uns trotz aller Auseinandersetzung, uns dies zu überlegen: Egal, ob
wir uns hier wiederfinden oder nicht, nach der Wahlbewegung soll man noch immer
auch dem Mitbewerber in die Augen sehen können, mit dem Gefühl, man war hart,
man war vielleicht manchmal auch etwas ungerecht, aber man hat nicht eine
persönliche Methode zum Stil gewählt, die so verletzend war, dass man sich
nicht mehr in die Augen sehen kann.
In diesem Sinne: Eine interessante Zeit bis zur
nächsten Zusammenkunft des Wiener Landtages!
Die Sitzung ist geschlossen. (Allgemeiner
Beifall.)
(Schluss
um 9.50 Uhr.)
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