Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 79
Produktionsbereich strukturelle Probleme sind und dass Firmen von Wien in Billiglohnländer abwandern. Selbstverständlich ist das so, und selbstverständlich muss man sich da gemeinsam, und zwar die ganze Stadt gemeinsam, nicht nur die regierende SPÖ, den Kopf zerbrechen, wie man diese strukturellen Maßnahmen in den Griff bekommen kann.
Aber zum Beispiel die Entscheidung Baxter. Warum ist
es dazu gekommen? Der Bürgermeister hat gestern gesagt: Ja, das war eine
betriebswirtschaftliche Entscheidung. Na, selbstverständlich war es eine
betriebswirtschaftliche Entscheidung. Aber ich kann nicht einfach sagen, es ist
eine betriebswirtschaftliche Entscheidung. Und warum wird diese betriebswirtschaftliche
Entscheidung getroffen? Bei Baxter war sicher einer der Gründe das Austauschen
des Managements und die Sparmaßnahmen, die dort eingesetzt haben. Aber wie
viele Jahre haben wir mit Baxter verhandelt? Und ich habe noch Pressedienste im
Kopf aus dem Jahr 2004, wo es heißt: Ja, das Projekt Baxter wackelt, aber der
Finanzstadtrat ist der Hoffnung, dass das alles doch noch positiv geht. Da ist
so lange hinausgeschoben worden und es hat geheißen: Na, na, wir werden das
schon in den Griff bekommen. Wir haben unseren Außenwirtschaftsbeauftragten
wahrscheinlich auch damals einige Male in die USA geschickt. Er war nicht
wirklich erfolgreich. Hätte man damals schneller einen Abschluss getroffen,
dann wäre es wahrscheinlich heute schon möglich, dass Baxter in Wien mit einem
großen Bereich tätig ist.
Warum es nicht schneller gegangen ist, weiß ich
nicht. Einer der Gründe oder eine der Begründungen damals war, dass Wien für
diesen Standort zu hohe Mietkosten verlangen würde und Baxter zu wenig zahlen
möchte. Die Frage ist: Ist diese Entscheidung wirklich an den Betriebskosten
und an den Mietkosten gescheitert? Wenn das der Grund ist, dann ist es wirklich
ein Trauerspiel für Wien.
Die zweite Entscheidung, die von Sandoz, ist
besonders unangenehm. Es heißt zwar, es bleibt hier in Österreich die
Produktion erhalten. Das stimmt, aber wir alle wissen, was es bedeutet, wenn
die Verwaltung weggeht und wenn die Entscheidungsträger weggehen. Wir haben das
in vielen Bereichen erlebt. Ich erwähne da nur Semperit. Das ist schon lange
her, aber so bald das weg war, war auch der Wirtschaftsstandort Österreich
damals gefährdet. Oder ich nenne die Bank Austria, wo die Entscheidungen heute
in München getroffen werden. Es ist zwar in Wien nicht übertrieben viel
zugesperrt worden, und die Wiener Bank Austria ist erfolgreich, aber sie ist
auch die Cashcow der maroden HVB in München. Sie war zuerst für Wien
erfolgreich, jetzt ist sie nicht mehr für Wien erfolgreich.
Und dann kommt der Kollege Strobl hier heraus und
sagt: Na, furchtbar ist es, was passiert. Wien investiert in Forschung und
Entwicklung 4,12 Prozent. Ich frage mich, wo er sie her hat. Denn im
Wiener Budget habe ich noch keine Forschungs- und Entwicklungsausgaben gesehen.
Dass der Bund 2,27 Prozent an Forschungs- und Entwicklungsausgaben
ausgibt, ist bekannt. (LhptmSt Dr Sepp Rieder: Die Quote!) Die Quote,
ja. Eine Quote, das war schon so gedacht, Herr Vizebürgermeister. (LhptmSt
Dr Sepp Rieder: Das ist eine österreichweite Forschungsquote!)
Aber wo hat es begonnen? Bei 0,98 Prozent im
Jahr 1999. Und damals waren andere Minister, nämlich auch andersfarbige
Minister, wie der Minister Einem, für Forschung und Entwicklung zuständig. Und
hier ist nichts geschehen. Jetzt, in den letzten Jahren. Dies ist ein langsamer
Aufholprozess, aber es ist das erste Mal auch über dem EU-Durchschnitt, denn
der liegt bei 2,19 Prozent. Ist knapp darüber, aber Gott sei Dank darüber.
Das ist die Tätigkeit der Wirtschaft.
Der Kollege Barnet hat darauf hingewiesen, der
Infrastrukturminister gibt schon auch Geld aus für den Wirtschaftsstandort Wien
oder für den Wirtschaftsstandort Österreich und vor allem Wien, und hier laufen
viele Bundesmittel nach Wien. Das ist wichtig für die Wirtschaft und den
Wirtschaftsstandort Wien. Denn gestern hat der Herr Bürgermeister gesagt: Ja,
eine Firma ist weggegangen, er hat dabei Sandoz gemeint, und gleichzeitig waren
fünf Anfragen von anderen Firmen. Die sind aber nur gekommen, weil der Wirtschaftsstandort
Wien auf Grund der Steuererleichterungen, die der Kollege Schock sehr deutlich
erklärt hat, ein interessanter ist. Das bezieht sich nicht nur auf Wien, aber
selbstverständlich ist eine Großstadt wie Wien als Wirtschaftsstandort für
westliche Industrien von Interesse bei derartigen Möglichkeiten. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Ekkamp. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Franz Ekkamp (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Eine Diskussion über den Wirtschaftsstandort Wien ist
nicht nur zulässig, sondern auch immer notwendig. Es ist aber auch sehr
vielschichtig heute diskutiert worden. Mir ist da etwas aufgefallen. Der
ÖAAB-Abgeordnete zum Nationalrat, Herr Amon, hat anscheinend seine Gesinnung,
seine politische Einstellung ein wenig geändert. Aber vielleicht wäre das ein
Fall für einen Mandatsaustausch: Kenesei zur ÖVP, Amon zu den GRÜNEN. Das wäre
vielleicht ein Weg, dass man das ein bisschen besser in den Griff bekommen
könnte.
Wie ich schon gesagt habe, ist
manchmal auch Kritik notwendig, aber bevor man Kritik übt betreffend einen
Wirtschaftsstandort, sollte man einen Vergleich anstellen. Es ist so: Wenn man
Betriebe vergleicht, dann vergleicht man die Bilanzen oder auch die Gewinn- und
Verlustrechnung, und dann nimmt man eine Bewertung vor, meine sehr verehrten
Damen und Herren! Aber vom Einbringer dieser Aktuellen Stunde, vom Kollegen
Neuhuber, habe ich wenig gehört, wenig Ideen gehört. Die gehören genauso dazu.
Er hat nur gesagt: Eine Wiener Landessteuerreform ist notwendig. Das ist an und
für sich sehr, sehr wenig gewesen. Ja, Steuern abschaffen, da werden wir
wahrscheinlich überhaupt einen Applaus in ganz Österreich, in ganz Europa
bekommen, wenn wir uns hinstellen und sagen: Keiner bezahlt mehr eine
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