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Landtag, 27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 66

 

Bundesländern, aber zum Beispiel auf Nationalratsebene, wo ein Bundeskanzler aus politischen Gründen einen Schritt gegangen ist, der rechnerisch sehr wohl möglich war - wenn man will. - Ich lese jetzt nicht die Details von Hagenbach-Bischoff und Hare vor, ich setze voraus, dass das dem Herrn Landeshauptmann und auch dem Herrn Oxonitsch bekannt ist. – Ziel ist: Wer die Mehrheit hat, soll die Mehrheit haben, und wenn man die Mehrheit verliert, soll man sie verlieren.

 

Diesen Hagenbach-Bischoff- und Hare-Antrag möchte ich hiermit einbringen, und ich überreiche ihn der Frau Präsidentin. (Der Redner überreicht Präsidentin Mag Heidemarie Unterreiner den Antrag.)

 

Zum zweiten Argument des Herrn Bürgermeisters: Es ist natürlich völlig richtig, wenn er, in Richtung ÖVP, auf die Kammer verweist. Ich durchblicke die gesamte Kammerstruktur nicht ganz, aber es gibt dort ja wesentliche Bereiche, wo, glaube ich, 100 Prozent Wirtschaftsbundvertreter sind! - Das ist indiskutabel. (Abg Dr Herbert Madejski: Das ist ein Kurienwahlrecht!) Als noch indiskutabler wäre das zu bezeichnen - ich sage das jetzt in Richtung ÖVP -, was jetzt bei der ÖH nicht versucht, sondern durchgeführt wurde. Nun, ganz proportional ist das nicht, was da die ÖVP durchgeführt hat!

 

Trotzdem - verzeihen Sie mir jetzt einen unpassenden Vergleich, um das Ganze bildhaft darzustellen:

 

Jemand, der zugeschaut hat, wie einer verprügelt worden ist, dem man die Zähne eingeschlagen hat, den Bauch – nun, sagen wir nichts Böses – aufgeschlitzt (Ironische Heiterkeit.) und dann auch noch mit den Augen einiges aufgeführt hat, der sagt: Pass auf, ich mache dir einen Vorschlag: Ich hau' dir noch einmal zwei blaue Augen – und bedanke du dich dann quasi dafür, so nach dem Motto: Unter Blinden ist der Einäugige König und so weiter. - Ich will weder das eine noch das andere.

 

Und wenn es eben auf der einen Seite besonders arg zugeht und auf der anderen Seite hier von Seiten der SPÖ nur ein Drittel dessen passiert, dann ist das - im Verhältnis - so wie bei demjenigen, dem nur zwei blaue Augen geschlagen werden: Der kommt sozusagen wirklich klasse davon, und zu dem könnte man sagen: He, sei doch zufrieden! Du hast ohnedies nur zwei blaue Augen gekriegt! Du weißt ja, was du sonst noch hättest abkassieren können! - Das stellt uns als Pazifisten aber natürlich nicht zufrieden, Herr Landeshauptmann. (Lhptm Dr Michael Häupl: Muss auch gar nicht!)

 

Ganz kurz zur Briefwahl – ernsthaft: Natürlich ist es super praktisch, wenn man irgendwo etwas ausfüllt und irgendwo einwirft - und es ist wirklich mühsam, wo hinzugehen. Ja, man soll alles, was geht, leichter machen. Es gibt allerdings ein wirklich ganz hohes Gut, ein Prinzip, das uns demokratiepolitisch wirklich heilig ist: Das ist das geheime Wahlrecht. Gerade aber, wenn wir die Strukturen in Österreich kennen, die in vielen Bereichen - nicht nur, aber besonders im ländlichen Raum - autoritäre sind, muss man sagen: Es soll sich niemand rechtfertigen müssen, dass er oder sie geheim die Stimme abgibt. Diese Errungenschaft gilt es, in keinem Bereich hintanzuhalten. Deswegen stehen wir, solange wir das geheime Wahlrecht nicht garantiert haben, der Briefwahl kritisch gegenüber.

 

Zum E-Voting hat unsere Klubobfrau vorgeschlagen, Testversuche zu machen. Man muss ja nicht mit einer Nationalrats- oder Gemeinderatswahl beginnen, aber es könnte unmittelbare Partizipationsmöglichkeiten in anderen als Landtags- oder Nationalratswahlen geben, um Partizipation auszuprobieren. Das hat viele Vorteile, dagegen gibt es aber auch viel Skepsis und viele Einwände - auch bei uns GRÜNEN. Deshalb haben wir nicht gesagt: Stellen wir irgendetwas auf E-Voting um, sondern: Versuchen wir einmal, das in einem Bereich auszuprobieren und das wissenschaftlich zu begleiten! – Da wird man nicht mit der Gemeinderatswahl beginnen.

 

Ein Letztes, wo bei uns die Diskussion noch nicht abgeschlossen ist, ist die Geschichte mit dem Hauptwohnsitz.

 

Herr Kollege Hahn, ein Unterschied zum so genannten Ausländerwahlrecht besteht schon: Wenn man seinen Hauptwohnsitz in Wien hat, soll man hier wählen dürfen! - Ich plaudere kein Geheimnis aus, wenn ich sage, dass ich - aus mir unerfindlichen Gründen -, weil meine Eltern noch immer in Niederösterreich den Zweitwohnsitz haben, noch immer in Niederösterreich wahlberechtigt bin. – Nun, hinausreklamieren werde ich mich nicht! Wirklich dort befinden tue ich mich nicht so oft. Ich bin dort noch gemeldet, aber ich verstehe nie ganz, warum ich wahlberechtigt bin. – Nun, bekommen eben die niederösterreichischen GRÜNEN eine Stimme mehr. (Beifall von StR David Ellensohn.) Ich werde das nicht verhindern! Ich gehöre sogar der seltenen Spezies der Stammwähler an - was mir auch in Niederösterreich nicht schwer fällt, muss ich sagen. (Beifall bei den GRÜNEN. – Heiterkeit bei Lhptm Dr Michael Häupl und LhptmSt Dr Sepp Rieder.)

 

Ganz verstehe ich nicht, warum ich dort wahlberechtigt bin, das muss ich jetzt ehrlich sagen. Und wenn ich jetzt übertreibe und darauf verweise, dass es Leute gibt, die aus durchaus legitimen Gründen mehrere Nebenwohnsitze haben: Warum man denen automatisch 4, 5, 6, 7 Wahlrechte einräumen soll, geht mir persönlich nicht in den Sinn. Ich weiß, es gibt Argumente - auch in unserer Fraktion - dahin gehend, dass man sagt: Warum soll nicht ein Pendler dort, wo er lebt, und dort, wo er arbeitet, also zwei Mal, wählen können? - Ich glaube, darüber ist die Diskussion noch nicht abgeschlossen.

 

Das Wesentliche ist: Wir wünschen uns, Herr Kollege Schuster, ein faires, proportionales Wahlrecht. Rechnerisch ist es möglich. Vielleicht geben Sie sich einen Renner? Vielleicht geht die Sonne im Westen auf, und Sie werden heute unserem Antrag zustimmen? - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsidentin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr Abg Mag Kabas zum Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Mag Hilmar Kabas (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

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