Landtag,
2. Sitzung vom 15.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 65
wovon Ausnahmen gemacht werden können. Das ist in Wien auch der Fall, da gibt es Tempo 30-Zonen, die nicht überall geliebt werden, aber sich besonders in den Bezirken großer Beliebtheit erfreuen, insbesondere seitens der Vorsteher. Da gibt es im Wesentlichen die Ausnahme der Stadtausfahrten. Es ist ein bemerkenswertes Pro-Argument, dass ausgerechnet an diesen Stellen die Feinstaubbelastung, die ja nicht nur durch die Schadstoffe, die aus dem Verbrennungsprozess des Motors kommen, sondern auch durch die Aufwirbelung entsteht, besonders hoch ist.
Es
gibt Studien - mit denen ich mich befasst habe, da ich mich seit 35 Jahren
mit Umweltpolitik und Umweltfragen beschäftige -, die den unmittelbaren
Zusammenhang sehr klar ausweisen, hier also eine Kausalität herstellen. Es gibt
Studien - selbstverständlich soll man das nicht wegreden -, die diesen
Kausalitätszusammenhang bestreiten, auch die sind zur Kenntnis genommen worden.
Wissen werden wir es erst dann, wenn wir das machen, was ein seriöser
Naturwissenschafter macht, nämlich messen und wägen.
Das
ist der Grund, warum das nicht nur ich gestern gesagt habe, sondern dasselbe
schon Kollege Schicker und Kollegin Sima mitten im Wahlkampf gesagt haben, so
wie auch ich selbst: Man setzt diese Maßnahme, und sie wird evaluiert durch
Messen und Wägen. Da man zwei Messperioden braucht, wie jeder Fachmann
bestätigen wird - zwei Messperioden, jeweils vornehmlich in der Winterzeit,
aber das wird über das ganze Jahr hinweg evaluiert -, werden wir nach zwei
Jahren wissen: War das eine sinnvolle Maßnahme, oder war das keine?
Da
stehe ich nicht an, wenn das keine sinnvolle Maßnahme ist, diese wieder
zurückzunehmen. Wenn es eine sinnvolle Maßnahme ist, dann erwarte ich
allerdings Ihre Huldigung. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. -
Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Präsident Johann Hatzl: Nächste
Zusatzfrage: Herr
Abg Madejski.
Abg
Dr Herbert Madejski (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Es freut mich, dass wir
heute die Gelegenheit haben - weil Sie ja gestern bei einem Festakt waren -,
noch kurz dieses Thema zu besprechen, das hier ja gestern stundenlang
diskutiert wurde. Es hat mich gefreut, dass dieser Dringliche Antrag so einen
Widerhall gefunden hat, und es hat mich gefreut, dass Sie jetzt gesagt haben:
Nach zwei Jahren wird evaluiert, und wenn es nichts bringt, dann stellen wir
eben rund 450 000 neue Tafeln wieder auf. Aber gut, sei's drum, wir
stellen sie wieder auf.
Aber
ich hätte eine andere Frage an Sie. Herr StR Schicker hat heute in einem
Pressegespräch Folgendes gesagt, und das ist schon interessant, denn gestern
hätte er das Gleiche auch hier sagen können; offensichtlich sind die Meinungen
zwischen Ihnen, dem Herrn StR Schicker und der Frau StRin Sima nicht gleich. Er
sagt nämlich: Die Feinstaubbelastung durch den Wiener Verkehr ist nicht stark,
der meiste Feinstaub kommt nicht aus Wien, mit Tempo 50 kann daher der
Verkehrsstadtrat gut leben, selbst wenn der Umwelteffekt vernachlässigbar ist.
Also offensichtlich ist
auch Herr StR Schicker davon überzeugt, dass hier kein Effekt vorhanden ist,
und genau das ist es, was wir behaupten. Meine Frage an Sie: Gehen Sie in der Meinung
mit StR Schicker konform, dass es vernachlässigbar ist?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm
Dr Michael Häupl: Da muss man sagen, nicht alles, was an den Haaren herbeigezogen ist, ist
auch schon ein Vergleich. Denn ich möchte schon darauf hinweisen, dass es dabei
überhaupt keine Meinungsunterschiede gibt. Als vor geraumer Zeit - es ist fast
ein Jahr her - die Umweltstadträtin darauf hingewiesen hat, dass, je nach
Studie, zwischen 66 und 75 Prozent dieses Sekundärschadstoffes, also des
Feinstaubs, nicht hausgemacht sind, sondern durch Transmission ins Wiener
Stadtgebiet verfrachtet werden, ist allenthalben der Aufschrei gekommen - nur
um darauf hinzuweisen -: Ausrede, damit man selber nichts machen muss! Und und
und.
Jetzt sind wir in der Situation, nachdem etwas
gemacht wurde, dass - und das muss man fairerweise auch dazusagen - nach dem
Immissionsgesetz Luft auch die Länder verpflichtet sind. Worüber man zum
Beispiel diskutieren könnte, ist, wie sinnvoll etwa eine Schadstoffbelastungsbekämpfung
bei einem Sekundärschadstoff ist, der zu rund drei Vierteln durch Verfrachtung
verbracht wird, wenn man da die Bekämpfung länderweise vorschreibt. Aber das
möchte ich jetzt gar nicht diskutieren. Wir sind dieser Verpflichtung als
solcher nachgekommen, und das ist bei weitem nicht die einzige Maßnahme, die
hier gesetzt wurde. Die einzelnen Maßnahmen werden auch sehr differenziert
beurteilt. Wenn ich beispielsweise Partikelfilter bei Dieselfahrzeugen
betrachte, so ist das etwas, was immer wieder begrüßt wird. Die
Temporeduktionen spalten die Meinungen nicht zuletzt auch der Experten selbst.
Es gibt hier bei uns überhaupt keine unterschiedliche
Meinung. Denn ich sage noch einmal - und das lässt sich auch durch die
öffentlichen Meldungen zumindest jener Zeitungen, die sich etwas intensiver
damit beschäftigt haben, nachweisen -, dass man diese Maßnahme als eine von
vielen vorgeschlagen hat und dass auch damals dazugesagt wurde, dass diese
Maßnahme evaluiert wird. Diese Maßnahme wird im Bewusstsein dessen gesetzt,
dass dort durch die Straßenverkehrsordnung ohnehin jetzt schon Tempo 50
vorgesehen ist und dass gerade dort der Nachweis zu erbringen ist: Bringt das
etwas oder bringt das nichts? Ich meine damit die Westausfahrt, ich meine damit
die Südausfahrt, jetzt einmal unabhängig von den Autobahnen, über die wir
sowieso nicht zu bestimmen haben.
Daher kann ich die Aufregung zwar
politisch nachvollziehen, das ist mir klar, aber von der Sache her kann ich sie
nicht nachvollziehen. Denn wir machen im Prinzip nichts anderes, als
auszuprobieren, was geschieht, wenn wir Ausnahmen von der
Geschwindigkeitsbeschränkung, die im Ortsgebiet gilt, zurücknehmen, das
Ergebnis messen und wägen. Und wir sagen heute schon, dass wir
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