Landtag,
25. Sitzung vom 25.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 72
Mein Vater ist noch im Jahr 1945
Hauptbezirksparteiobmann im Bezirk Horn geworden und war dort auch
Vizebürgermeister. Obwohl Horn eine schwarze Stadt war, konnte er nicht
Bürgermeister werden, weil es eine Vereinbarung zwischen Wirtschaftsbund und
ÖAAB gegeben hat: Der ÖAAB besetzt den Obmannsessel, und der Wirtschaftsbund
besetzt den Bürgermeistersessel. Seitdem habe ich immer Verdacht, dass der ÖAAB
in der ÖVP leicht benachteiligt ist. (Allgemeine Heiterkeit.) Es hätte
mir dies eine Warnung sein sollen, dass es die Görgs in der ÖVP oder in der
Politik nur zum Vizebürgermeister bringen. (Allgemeine Heiterkeit.)
Aber obwohl er immer Wahlergebnisse ablieferte, von
denen ich nur träumen konnte, hat er sich mit seiner Partei, der er immer die
Treue gehalten hat, sehr bald überworfen. Aus einem ganz einfachen Grund: Er
war nicht nur Vizebürgermeister, sondern auch Wohnungsstadtrat. Wohnungen sind
damals nicht gebaut worden, sie sind zugeteilt worden, und mein Vater hatte die
Aufgabe, in Horn die frei werdenden Wohnungen zuzuteilen. Sehr spitzfindige
Parteifreunde sind draufgekommen, dass, obwohl es eine schwarz regierte Stadt
mit einen schwarzen Wohnungsstadtrat ist, sehr viele Sympathisanten der SPÖ
Wohnungen bekommen. Mein Vater ist von seiner Partei zur Rede gestellt worden,
und er hat eine einfache und lapidare Antwort gehabt; er hat gesagt - ich gebe
den Originaltext wieder -: „Meine Freunde, bei den Roten gibt's halt mehr arme
Teufel als bei uns Schwarzen.“
Nach 10-jähriger Parteiobmannschaft weiß ich, dass
das keine ideale Antwort für einen Parteiobmann ist (Allgemeine Heiterkeit.),
wenn man das einfach so sagt. Aber auch das muss ich sagen, ich habe meinen
Vater heiß geliebt, und ich bin ein Produkt seiner Gene, seiner Erziehung,
seines Vorbilds, auch mit meinen Grenzen. In einem hat er es nicht geschafft:
Er hat mich nie von den Segnungen des Fleißes überzeugen können. (Heiterkeit.)
Aber ich möchte auch meiner Fraktion hier an dieser
Stelle sagen: Ich war immer stolz darauf, für unsere Gesinnungsgemeinschaft in
führender Position tätig sein zu können, und ich werde immer stolz darauf sein,
dieser Gesinnungsgemeinschaft anzugehören!
Und ein Zweites: Ich erinnere mich noch gut an meine
erste Rede hier im Gemeinderat, die ich offensichtlich nicht so gut vorbereitet
hatte wie meine letzte. Ich erinnere mich deswegen so gut, weil der erste Satz,
den ich nach der Begrüßung gesagt habe, der war, dass ich es als eine Ehre
betrachte, dieser Stadt und diesen Bürgern dienen zu dürfen. Ich habe mich dann
den ganzen Rest der Rede darüber geärgert: Bernhard, wie konnte ein so
pathetischer Satz, auch wenn er ehrlich gemeint gewesen ist, durch den
Kontrollfilter deines Gehirns durchkommen!
Heute, meine Damen und Herren - und das ist mein
letzter Satz in diesem Haus -, sage ich aus dem Herzen und mit dem grünen Licht
des Kontrollfilters meines Gehirns: Ich habe für dieses Haus, für diese Stadt
und für die Bürger gerne gearbeitet, und es war mir eine Ehre, diesem Haus,
dieser Stadt und ihren Bürgern dienen zu dürfen. - Danke sehr. (Allgemeiner,
stehend dargebrachter, lang anhaltender Beifall.)
Präsident Johann Hatzl:
Hohes Haus! Herr Vizebürgermeister!
Ich bin davon überzeugt, und Sie haben es in Ihrer
Rede dokumentiert, dass vom Grundsatz her Abschied zu nehmen nicht immer
einfach ist, egal ob man sich freut, Abschied nehmen zu können, oder ob man es
mit Wehmut macht, oder auch aus anderen Gründen. Es gibt persönliche Emotion,
Sie haben sie für uns erkennen lassen, und Sie haben sie nicht verborgen.
Zumeist - das gebe ich auch gerne zu - ist es
glücklicherweise, wenn man Abschied nimmt, vom Alter her auch eine
Zwischenetappe im Leben. So betrachte ich auch Ihre Entscheidung, heute
Abschied vom Wiener Landtag und Gemeinderat zu nehmen, als ein gewisses Ende
einer Zwischenaufgabe, die Sie über ein Jahrzehnt lang ausgefüllt haben, und
als einen gewissen Start wieder für etwas Neues, das Sie interessiert. Sie
haben es angedeutet, und es ist auch gut so, wenn man sich nicht ganz von dem
trennt, das einem in einem gewissen Sinne auch ans Herz gewachsen ist.
Sie sind 1992 Obmann der Wiener ÖVP und knapp danach
Stadtrat für Wien geworden. 1996 erzwang zugegebenermaßen das Wahlergebnis eine
Koalition (Heiterkeit.), wodurch Sie mit Ihrer Partei zum
Koalitionspartner meiner Partei, der SPÖ in Wien, wurden, und Sie haben vom
Stadtrat zum amtsführenden Stadtrat für Planung und Zukunft - auf Zukunft haben
Sie Wert gelegt, und das ist auch heute spürbar gewesen - gewechselt. Sie sind
auch Vizebürgermeister und Landeshauptmann-Stellvertreter geworden.
Es ist keine Floskel, wenn ich es jetzt so sage: Sie
haben in den Funktionen, die Sie ausgeübt haben, tatsächlich Ihren Einsatz,
aber auch Ihre Leistungen für Wien, für das Land und für die Stadt Wien,
erbracht, und das ist fürs Erste einmal mit einem großen Danke zu versehen! (Allgemeiner
Beifall.) Das ist unbestritten, und ich sage auch dazu: Sie haben
selbstverständlich - und das war nicht immer ganz einfach - Ihre Erfolge, auf
die Sie mit Recht verweisen können, für die Stadt erzielt, und diese Erfolge
sind Ihnen auch nicht abzusprechen.
Natürlich waren Sie in dieser Zeit
von 1996 bis 2001 als Vizebürgermeister und als amtsführender Stadtrat - und
wir haben es auch heute gespürt - in Ihrem Herzen der Wiener ÖVP-Obmann, und
natürlich auch in einem gewissen Maße Gegenpol des Wiener Bürgermeisters,
zumindest auf politischer Ebene und trotz Koalition. Sicherlich hat es auch
manches gegeben - das ist jetzt nicht mit positiv oder negativ zu beurteilen -,
was Sie nicht erreicht haben oder umsetzen konnten. Wir wissen, dass nicht
alles so geworden ist, wie Sie es sich vorgestellt hatten. Zum Ausgleich, kann
ich zumindest tröstend sagen, gibt es natürlich auch manches, das Sie an den
Vorstellungen der SPÖ verändern konnten. In diesem Zusammenhang haben Sie in
den Diskussionen und Verhandlungen auch in unsere Vorstellungen eingegriffen,
wenn ich das - entschuldigen Sie! - so ausdrücke.
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