Landtag,
23. Sitzung vom 24.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 69
Was ich aber sagen wollte: Eigenartig im Lichte der Begutachtung ist der Vorwurf, dass von der Anhebung des Pensionsantrittsalters von 60 auf 65 Jahre nur nach dem 1. Jänner 1950 geborene Beamtinnen und Beamte betroffen sind und weiterhin etliche Möglichkeiten für Frühpensionierungen bestehen. Eigenartig ist das deshalb, weil der Bund mit seinem nunmehrigen Pensionsentwurf hergeht und in Rücknahme der Bestimmungen aus der Pensionsreform 2003 weitere Möglichkeiten schafft, mit 60 in Pension gehen zu können. Also das ist offensichtlich eine sehr späte Einsicht, dass die generelle Anhebung des Pensionsantrittsalters doch etwas zu rasch vorgenommen wurde. Die Wiener Reform, die die Personen besonders berücksichtigt, die bereits 5°Jahre oder weniger vor ihrem möglichen Pensionsantritt stehen und das sind die 55-Jährigen und Älteren, von denen wir hier die ganze Zeit sprechen, diese Wiener Reform geht her und erspart sich diese Korrekturen.
Im Übrigen ist die rasche
Anhebung des Pensionsantrittsalters bei den Bundesbeamtinnen und bei den
Bundesbeamten ja auch keine ehrliche. Ich habe da nachgelesen: Großzügige
Finanzierung, also Frühpensionierungsmöglichkeiten, gibt es da nach wie vor,
Vorruhestand mit dem 55. Lebensjahr, Lehrerinnen und Lehrer gehen sogar
mit dem 50. Lebensjahr. Andere, auch teilweise vom Verfassungsgerichtshof
als verfassungswidrig anerkannte, Frühpensionierungsmöglichkeiten unterlaufen
da nach wie vor ganz, ganz stark diese Ziele. Das zum Vorwurf, der uns gemacht
wird, dass wir Frühpensionierungsmöglichkeiten beibehalten.
Die im Wiener
Pensionsmodell vorgesehenen Frühpensionierungsmöglichkeiten stellen eine sehr,
sehr sinnvolle Maßnahme dar und das zeigt sich auch daran, dass in dem derzeit
zur Begutachtung ausgesandten Entwurf eines Pensionsharmonisierungsgesetzes ein
flexibler Pensionsantritt möglich ist. Da gibt es dieses Stichwort des
Pensionskorridors. Was man auch noch sagen muss, ist dass der Pensionskorridor,
so wie er vom Bund jetzt gerade dargestellt wird - und da möchte ich auf etwas
Frauenspezifisches eingehen - zum Beispiel eine krasse Benachteiligung von
Frauen ist, denn wenn man da in diesem Modell die ganzen Erläuterungen
durchliest, dann kommt man drauf, dass Frauen bis zum Jahr 2033 der Zugang
zu diesem Pensionskorridor überhaupt nicht ermöglicht wird, das heißt, das ist
ein blanker Pensionsraub an Frauen! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir können in Wien mit
dieser Pensionsreform durchaus eine Vorreiterinnenrolle in Anspruch nehmen. Wir
haben uns hier an dem Erwerbsleben von Menschen orientiert und versucht,
flexible Pensionsantritte zu schaffen. Was die Erreichung eines
Durchrechnungszeitraums zum Beispiel von 40 Jahren erst im Jahr 2042
betrifft - auch eine Kritik, möchte ich sagen, denn die Bundesbeamtinnen und
Bundesbeamten erreichen diese Durchrechnung der Pensionsreform 2003
bereits im Jahr 2028 -, ist Folgendes zu sagen: Eine rasche Anhebung in
dem Fall würde dazu führen, dass auch länger zurückliegende Zeiten in die
Durchrechnung miteinbezogen werden und wenn man da ein bissel darüber
nachdenkt, wird man draufkommen, dass zum Beispiel so Geschichten wie
Teilzeitbeschäftigungen et cetera und das dann vielleicht noch kombiniert mit
schlechteren Zeiten aus den ASVG-Aufwertungsfaktoren zu Pensionseinbußen führt,
die aus unserer Sicht nicht vertretbar sind und speziell Frauen werden von
solchen massiv betroffen. Abgesehen davon zielt die Wiener Pensionsreform auf
eine echte 40-jährige Durchrechnung ab, indem sie auch die ASVG-Zeiten und die
Zeiten der anderen Gebietskörperschaften mit einbezieht.
Jetzt noch zu einem sehr,
sehr wesentlichen Punkt unserer Reform. Es ist ein Maßstab unserer sozialen
Gesinnung, dass wir eine Regelung aufgebaut haben, ein System unter dem Titel
“Solidarbeitrag“ aufgebaut haben. Während der Bund generell hergeht und allen
Pensionsbezieherinnen und Pensionsbeziehern, egal welche Höhe die Pensionen
haben, den gleichen Betrag wegnimmt, gibt es in Wien eben die Möglichkeit,
abhängig von der Pensionshöhe und zwar unterschiedlich und sozial gestaffelt,
diesen Solidarbeitrag einzuheben. Ich denke mir, das ist im Sinne von
Umverteilung eine sehr, sehr tolle Lösung.
Eines möchte ich zu diesen
Kinderberechnungszeiten und gerade zu der Kritik, wie die Reform auf Frauen
wirkt, noch sagen: Im Wiener Modell gibt es die Erhöhung des
Kinderzurechnungsbeitrags um 100 Prozent statt um bloße 50 Prozent
wie beim Bund und es gibt auch die Möglichkeit der Zurechnung von bis zu
5°Jahren ruhegenussfähiger Zeiten im Falle des Vorliegens von Kindererziehungszeiten
und das stellt eine wesentliche und gerechtfertigte Verbesserung für Frauen
dar. Das heißt, wir nehmen das ernst, dass wir auch unsere Reformen gendern und
frauenspezifisch begutachten. (Beifall bei der SPÖ.)
Das Flickwerk der
Pensionsreform des Bundes geht sehr massiv zu Lasten der Frauen. Alle
ExpertInnen sagen uns, dass es aufgrund der frauenspezifischen Erwerbsverläufe
zu starken frauenspezifischen Pensionseinbußen kommen wird. Da wird überhaupt
keine Rücksicht genommen, da wird hier überhaupt nichts wettgemacht. Und ich
würde da an Ihrer Stelle mit der Kritik auch ein bisschen vorsichtig sein, weil
heute zum Beispiel im “Standard“ zu lesen ist, dass der Kärntner
Landeshauptmann darüber nachdenkt, Ersatzzeiten für Frauen einzukaufen, um hier
etwas abfedern zu können.
In Bezug auf diese ganze
Frauendebatte möchte ich schon auch noch eines sagen: Die österreichische
Bundesregierung ist dazu verpflichtet, in ihrer gesamten Politik die Strategie
des Gender Mainstreamings anzuwenden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier
in irgendeiner Art und Weise irgendjemand Gender-Kompetenz hat, weil das
ansonsten nicht so ausschauen könnte und Frauen durch diese Reform nicht so
benachteiligt werden könnten, ganz im Gegensatz zum Wiener Modell. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vom
Ergebnis können wir daher sagen: Das Wiener Pensionsreformmodell ist das
einzige Modell im ganzen Bund, das die Eckpunkte der Pensionsreform des Bundes
sozusagen einhält, Stichwort: 65-45-80. Jedoch die
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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