Landtag,
19. Sitzung vom 29.01.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 48
derartig massiver Eingriff in seinen Bestand von Ihnen befürwortet wird und Sie dabei Umweltschutzinteressen hinter Interessen der Transitlobby stellen?" – Soweit der Text der Anfrage.
Kollege Maresch, für die verkehrsorganisatorisch
notwendige Nordostumfahrung Wiens wurde bis jetzt keine endgültige
Trassenentscheidung getroffen. (Abg Mag
Rüdiger Maresch: Das sagen Sie!) Kennen Sie vielleicht eine entsprechende
Entscheidung vom Infrastrukturministerium? Kennen Sie eine Finanzierungszusage
von der ASFINAG? Wenn ja, dann unterscheiden Sie sich von allen anderen
99 Kollegen dieses Hauses. Also Sie gehen ganz bewusst von einer fiktiven
Annahme aus. Abgesehen davon, dass sich diese Entscheidung erst treffen wird,
gehen Sie nach der Methode vor, der angefragten Stadträtin eine noch gar nicht
getroffene Positionierung zu unterstellen, um darauf aufbauend Ihre vorhaltende
Kritik aufzusetzen, und dies alles, um die Antistraßenlobby vorsorglich zu
bedienen! (Abg Mag Rüdiger Maresch: Drei
Monate haben Sie Zeit!)
In die Berufswirklichkeit eines Mittelschullehrers
übersetzt, hieße dies anzunehmen, ein Schüler werde die nächste entscheidende
Prüfung sowieso nicht schaffen, ihn daher jetzt schon auf jeden Fall
durchfallen zu lassen und ihn dann noch scheinheilig zu fragen, warum er sich
angeblich bei einer anderen Schule angemeldet hätte. Das ist eine sehr feine
Pädagogik, Marke Prof Maresch, in Wirklichkeit ein dialektischer Blunzenzug,
die Erfindung der negativen self fullfilling prophecy und in Wahrheit ein
klarer Missbrauch des Fragerechts hier im Wiener Landtag. Fein ausgedrückt,
Kollege Maresch, Ihre Anfragen haben Veredlungsbedarf, in aller Klarheit und
Ernsthaftigkeit.
Weil das Thema
"Nationalpark" der Sozialdemokratie von der ersten Stunde an so
wichtig ist, in aller gebotenen Klarheit und Eindeutigkeit:
Erstens hat die Wiener SPÖ den Nationalpark Donauauen
geplant und entwickelt, als die GRÜNEN noch nicht einmal wussten, ob sie
weiterhin eine basisdemokratische Protestbewegung bleiben oder in irgendeiner
Form zu einer politischen Partei mutieren wollen. (Abg Günter Kenesei: Das ist gemein!) Das ist von der Zeitleiste
her belegbar. (Abg Mag Rüdiger Maresch:
Früher habt ihr Sozialisten geheißen, jetzt seid ihr nur mehr
Sozialdemokraten!)
Zweitens wird die Nordostumfahrung Wiens, die
nebenbei mit einer ganzen Reihe von Verbesserungen im öffentlichen Verkehr – Schnellbahnertüchtigung,
neue Straßenbahnlinien und Autobuslinien – verbunden sein wird, keinen massiven
Eingriff in den Nationalpark bedeuten. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Daheim, vor
dem Fernsehapparat!) – Reden Sie sich nur aus! Ich habe genug Zeit, Kollege
Maresch!
Noch einmal: Diese Nordostumfahrung wird keinen
Eingriff in den Nationalpark bedingen. Warum? Weil in Wien das
Nationalparkgesetz und vor allem auch das Naturschutzgesetz als gültiges Recht
strikt eingehalten wird. Dafür steht nicht nur der Herr Bürgermeister mit
seiner politischen Potenz und seiner inneren Einstellung als Biologe, sondern
dafür stehen auch die hinter mir sitzende Frau Stadträtin und die gesamte
sozialdemokratische Fraktion. Schreiben Sie sich das in Ihr grünes Klassenbuch!
(Beifall bei der SPÖ.)
Wenn man Ihnen Ihre scheinheilige Maske ein bisschen
herunternimmt, dann werden Sie ungeduldig und versuchen, mich mit Zwischenrufen
aus der Ruhe zu bringen. (Abg Mag Rüdiger
Maresch: Haben Sie damit ein kleines Problem?) Es wird Ihnen aber nicht
gelingen. (Abg Günter Kenesei: Was haben Sie heute für ein Problem?) Ich
habe überhaupt kein Problem, Kollege Kenesei. Ich habe nur ein Problem damit,
wenn die GRÜNEN hier Positionen vertreten, die bar jeder realen Grundlage sind
und daher korrigiert gehören. Das ist das einzige, was ich damit verfolge. (Abg
Günter Kenesei: Für wen halten Sie heute eine Verteidigungsrede?)
In das Jahr 2002 fiel auch die neue
Wienerwalddeklaration, an der die GRÜNEN auch nicht mitgearbeitet haben, aber
sei's drum. Damit sind der Schutz für neue Entwicklungsziele im Wienerwald
aktuell definiert und Maßnahmen zur Sicherung sowohl von Natur- und
Erholungsräumen als auch von Lebens- und Wirtschaftsräumen verankert worden.
Darauf aufbauend wurde anlässlich des Wienerwald-Millenniums im Auftrag der
Bundesländer Wien und Niederösterreich eine Machbarkeitsstudie erstellt, die
eine klare Empfehlung für die Errichtung eines Biosphärenparks ergeben hat.
Die GRÜNEN liegen leider, wie so oft in der
Umweltpolitik, mittlerweile daneben, aber in der Frage werden sie von den
Freiheitlichen übertroffen. Ich erinnere mich, dass vom Kollegen RUDOLPH
angefangen über die Kollegin Reinberger und andere freiheitliche Mandatare
stereotyp ein Nationalpark Wienerwald verlangt worden ist. Klingt gut, ist ein
griffigerer Begriff als Biosphärenpark, nur ist es einfach nicht durchsetzbar.
Ich sage Ihnen hier in aller gebotenen Klarheit noch einmal, warum und was rein
fachlich gegen eine derartige Festlegung spricht: (Abg Mag Rüdiger Maresch: Haben Sie überhaupt gelesen, was wir damals
gesagt haben?)
Erstens gibt es im Wienerwald keine ausreichenden
Flächen, die für eine absolut bewirtschaftungsfreie Kernzone herangezogen
werden können, schon gar nicht 75 Prozent, die ein Nationalpark bedingen würde.
(Abg Mag Rüdiger Maresch: Das hat auch
keiner gesagt!) Außerdem hätte ein Mosaik von vielen kleinen Nationalparks,
wie es beispielsweise von den Freiheitlichen verlangt wurde, überhaupt keine
Chance auf internationale Anerkennung. Die Bewirtschaftung von derartigen
Kleinnationalparks wäre an und für sich in der Praxis unmöglich. Der Wienerwald
ist – das ist eine bekannte Tatsache – von einer ganzen Reihe von wichtigen
Verkehrsbändern durchzogen, nehmen wir die A1, die Westautobahn, die A21, die
Außenringautobahn, nehmen wir die B1, die Bundesstraße, die nach Sankt Pölten,
Linz, Salzburg und so weiter führt und Wien mit dem Westen verbindet, und
schlussendlich die wichtigste Bahnlinie Österreichs, die Westbahn, die
ebenfalls ganz schwierig in das Korsett eines Nationalparks zu bringen ist.
Der aus Wiener Sicht wahrscheinlich
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