Landtag,
17. Sitzung vom 27.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 66
nicht eine Verschärfung eines Mehrheitswahlrechtes
herauskommt. Wien ist einen interessanten Weg gegangen – ich unterstütze das
ausdrücklich – und hat die Frage der Vorzugsstimmen aufgewertet, sodass man
nicht nur eine Vorzugsstimme, sondern zwei geben kann. Wie ich überhaupt
glaube, dass die Vorzugsstimmen ein spannendes Instrument sind.
Wurde so etwas im Konvent bereits diskutiert, und
gibt es da von Ihrer Seite, gerade weil Wien als einziges Bundesland, glaube
ich, sehr weit gegangen ist, dahin gehende Vorstöße?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Also zunächst einmal noch
zurückkommend zum Bundesrat: Es hat ja gerade dieser inhaltliche Hinweis gezeigt,
wie notwendig diese Diskussion dazu ist, denn es ließe sich dem jetzt natürlich
das Argument entgegenhalten, dass föderal strukturierte Staaten, wie das
Deutschland oder auch Österreich sind, natürlich notwendigerweise nach sich
ziehen, dass man diesem Föderalismus auch im Gesetzwerdungsprozess durch die
zweite Kammer Rechnung trägt. In zentralistisch strukturierten Ländern hat man
das nicht, wenn ich von Großbritannien einmal absehe, aber da ist ja das House
of Lords, sagen wir einmal, als besonderes Beispiel in der Demokratie
heranzuziehen, auch im Gesetzwerdungsprozess selbst. Daher würde ich das in
dieser Diskussion vernachlässigen.
Aber diese Frage stellt sich für mich ganz ernsthaft
und pragmatisch, und dafür trete ich auch ein: Entweder man trägt den föderalen
Strukturen auch durch eine zweite Kammer Rechnung und gibt dieser zweiten
Kammer tatsächlich auch Rechte – wobei ich noch einmal ausdrücklich sage, was
die Zusammensetzung des deutschen Bundestages betrifft, vertrete ich persönlich
das deutsche Modell nicht, weil es eben, wie gesagt, die saubere Trennung von
Exekutive und Legislative nicht gewährleistet –, oder man schafft die zweite
Kammer ab. Aber das, was es heute ist, nämlich die Ausrede für Föderalismus,
das halte ich persönlich auf Dauer gesehen nicht für wirklich sinnvoll, und das
wird ja auch in der Öffentlichkeit zu den entsprechenden Diskussionen führen.
Also vor dieser Alternative werden wir stehen. Ich
hoffe sehr, dass der Konvent beziehungsweise die auf seinen Ergebnissen basierenden
politischen Diskussionen dem auch Rechnung tragen.
Was unsere Diskussion hier betrifft, so halte ich es
nicht nur für sinnvoll, sondern auch für notwendig, dass sich der Wiener
Landtag damit beschäftigt. Ich denke, dass man in einer bestimmten Entwicklungsphase
der Diskussionen und der Arbeit in den Arbeitskreisen, die höchst
unterschiedliche Entwicklungsstufen erreicht haben – so hat sich etwa der
Arbeitskreis 10, der sich mit den Fragen der Finanzverfassung beschäftigt,
noch nicht einmal konstituiert, während andere bereits acht, neun Sitzungen
absolviert haben –, hier auch diskutieren kann.
Darüber hinaus bin ich sehr offen für Vorschläge der
Präsidiale, wie man diese Diskussionen auch entsprechend verbreitern kann. Ich
halte dies für sinnvoll und für nützlich, nicht zuletzt vor dem Hintergrund,
dass ja keineswegs auszuschließen ist, dass es, wenn eine Verfassungsreform auf
dem entsprechenden Niveau kommt und es ist nicht nur lediglich eine
Zurückführung auf die Kelsen-Verfassung und eine Verwaltungsreform, dann auch
eine Volksabstimmung nach sich zieht, und da denke ich, dass die Volksvertreter
vorher flächendeckend einen Meinungsbildungsprozess durchführen können sollen.
Ob sie diesen abschließen werden, das kann ich nicht beurteilen, aber ich halte
eine breite Diskussion über die Arbeit im Konvent selbst für notwendig und
richtig.
Präsident Johann Hatzl: Die letzte
Zusatzfrage: Herr Abg Tschirf.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann!
Ich glaube, dass diese Diskussion, die wir hier über
den Bundesrat führen sollten, eine sehr sinnvolle ist, weil sich tatsächlich
die Frage stellt, welches Modell man wählt. Man könnte theoretisch auch den
Bundesrat jeweils aus Vertretern der Landtage zusammensetzen, die diese Aufgabe
zusätzlich übernehmen oder Ähnliches. Aber ich glaube, so wie er jetzt ist, ist
das sicher keine sehr glückliche Konstruktion.
Ich hätte aber noch eine Frage an Sie. Wenn wir über
die Neustrukturierung auf Bundesebene reden, könnten Sie sich auch vorstellen,
dass auf Bezirksebene wieder Gespräche darüber stattfinden, ob den Bezirken,
der Bezirksvertretung, den Bezirksvorstehern in einem neuen
Dezentralisierungspaket Aufgaben übertragen werden?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr
Abgeordneter.
Meine Haltung zur Dezentralisierung hat sich nie
verändert und ist ungebrochen die gleiche. Selbstverständlich bin ich der
Auffassung, dass man über Aufgaben der Dezentralisierung reden soll, weil ich
ja dem Subsidiaritätsprinzip nicht nur in Europa anhänge, sondern natürlich
auch im eigenen Haus, wenn man das so sagen kann. Daher bin ich jederzeit offen
für solche Diskussionen.
Was ich nicht für sinnvoll halte, ist, dass man über
die Dezentralisierung von finanziellen Mitteln redet und dann Aufgaben zuteilt,
sondern dass man umgekehrt zuerst über die Dezentralisierung von Aufgaben redet
und dann die notwendigen Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben zur Verfügung
stellt. Für das zweitere Modell und die zweitere Diskussion bin ich jederzeit
zu haben.
Präsident Johann Hatzl: Die
2. Anfrage (FSP/05181/2003/0001-KFP/LM) wurde von Frau Abg
Schmalenberg (Klub der Wiener
Freiheitlichen) gestellt. Sie ist an die Frau amtsführende Stadträtin der
Geschäftsgruppe Gesundheit und Spitalswesen gerichtet: Welche gesetzlichen Vorgaben hat der Pflegeombudsmann
Dr Werner Vogt?
Ich bitte um die Beantwortung.
Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Geschätzte
Damen und
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