Landtag,
16. Sitzung vom 26.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 35
wird und sie letztlich nur
die Kosten haben und vor der Alternative stehen, ob sie jetzt wieder mit der
nächsten Ausbildung beginnen und wieder das Risiko eingehen, dass der fertig
Ausgebildete abgeworben wird oder es auch bleiben lassen und die Ausbildung
einstellen. Und daher glaube ich, ist es höchst sinnvoll, über einen Lasten-
und einen Kostenausgleich zwischen den Unternehmen zu reden.
Es gibt das Thema des
Berufsausbildungsfonds. Die Idee, die sagt, Unternehmer die nicht selbst
ausbilden, sollen in einen Fonds einzahlen, aus dem jene Unternehmungen, die
sich der Aufgabe der Lehrlingsausbildung zuwenden und widmen, Unterstützung und
Förderung erhalten können. Diese Diskussion ist sehr lang, sie wurde oft auch
ideologisch verbrämt geführt.
Aber, liebe Kolleginnen und
Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats, ich glaube jetzt ist
es Zeit, diese Fragen neu zu bewerten und zu sagen, wir brauchen gut
ausgebildete Fachkräfte in der Zukunft, wir brauchen engagierte Mitarbeiter,
wir brauchen selbstbewusste Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, die
nicht von der ständigen Angst um den Arbeitsplatz auf Grund ihrer mangelnden
Ausbildung gepeinigt sind, und diese Aufgabe sollten wir gemeinsam wahrnehmen
und uns in diesem Sinn engagieren. Machen wir diesen Berufsausbildungsfonds. (Beifall
bei der SPÖ.)
Bis es soweit ist, ist die zweite Schiene in den Vordergrund zu stellen
und diese zweite Schiene sind die Lehrlingsstiftungen. Wenn die betriebliche
Ausbildung nicht möglich ist, dann müssen wir außerbetriebliche,
überbetriebliche Einrichtungen schaffen, nämlich die Lehrlingsstiftungen, wo
ein Jugendlicher, der keine Lehrstelle erhält, eine Ausbildung beginnen kann,
selbstverständlich immer mit dem Ziel, so schnell wie möglich in eine
betriebliche Ausbildung zu wechseln. Wenn das aber nicht möglich ist, kann er
seine Lehrausbildung in der Stiftung auch vollenden, die Lehrabschlussprüfung
machen und sich damit, mit einer anerkannten Ausbildung am Arbeitsmarkt
bewegen.
Das ist eine, glaube ich, ganz entscheidende Notwendigkeit und
Voraussetzung dafür, dass wir diesen jungen Menschen jene Zukunft bieten
können, die notwendig ist. Und im Geiste dieser Zusammenarbeit, die wir im
Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds pflegen, möchte ich Sie wirklich
einladen, nein, ich möchte Sie ersuchen, dass wir auch eine gemeinsame
Initiative setzen, dass der zuständige Minister für Wirtschaft und Arbeit,
Martin Bartenstein, seine Zustimmung gibt und Lehrlingsstiftungen in Wien
möglich macht, und zwar für die notwendige Zahl jener, die tatsächlich keinen
betrieblichen Lehrplatz bekommen können. Es ist unsere Pflicht, für diese Leute
zu sorgen. (Beifall bei der SPÖ.)
Und ich möchte zum Schluss nur eines in Erinnerung rufen: Es ist eine
Tatsache, dass der Wohlstand Österreichs in der Zweiten Republik nicht darauf
beruht hat, dass Österreich ein Niedriglohnland mit schlechten Ausbildungswegen
und schlecht ausgebildeten Fachkräften ist, sondern es ist eine Tatsache, dass
der Erfolg Österreichs auf hoher Produktivität und hochqualifizierten, gut
ausgebildeten Fachkräften und einem guten Sozial- und Lohnniveau aufgebaut ist.
Eine OECD-Studie hat erst letztes Jahr belegt, dass in Wirklichkeit die
Rahmenbedingungen, die Sicherheit und Einkommen in einem anständigen Ausmaß
gewährleisten, die Grundlage für eine erfolgreiche Volkswirtschaft sind.
Und wir sind in Europa, und das kann man auch auf der Homepage von
Minister Bartenstein nachlesen ...
Vorsitzende Erika Stubenvoll
(unterbrechend): Bitte, dann zum Ende kommen.
GR Norbert Scheed (fortsetzend):
Auf der Homepage des Ministers Bartenstein nachlesen. “Die duale
Berufsausbildung ist europaweit als Best Practice Modell“ anerkannt. Wir haben
allen Grund dafür zu sorgen, dass wir dieses großartige Ausbildungssystem nicht
kaputt machen, sondern für die Zukunft bewahren im Interesse der jungen
Menschen und der Wirtschaft dieses Landes. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Prof Erika Stubenvoll:
Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Dr Vana gemeldet. Ich erteile ihr
das Wort.
Abg Dr Monika Vana
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Ich finde es sehr bedauerlich,
dass der zuständige Stadtrat heute bei dieser Debatte nicht anwesend ist, weil
er doch seit Jahren eigentlich gerade die Jugendbeschäftigung und seinen
Einsatz für die Jugendbeschäftigung mit vollmundigen Ankündigungen im Munde
führt. Das heißt, ich frage Sie, wird er noch kommen, oder interessiert es ihn
einfach nicht.
Aber zu Ihnen, Herr Kollege
Scheed. Ihre Rede war sehr rührend, sie hat ja fast zu Tränen gerührt, aber ich
sage Ihnen ehrlich, nach drei Tagen Gemeinderat kann ich es nicht mehr hören
dieses Wien ist super, Wien ist super, Wien ist super, wir sind super und der
WAFF ist super und die Arbeitsmarktpolitik in Wien ist super. Es ist nicht
alles super in Wien, (Abg Mag Sonja Wehsely: Das kostet vor allem viel
Geld!) Sie haben es ja selber angeschnitten, den höchsten Anstieg aller
Lehrstellensuchenden in ganz Österreich. Das haben Sie natürlich nicht dazu
gesagt, im Österreich-Vergleich. (Abg Godwin Schuster: Es stimmt aber!) Ein
Anstieg von 58 Prozent an Lehrstellensuchenden allein im letzten
Jahr.
Zweitens, den höchsten
Lehrstellenmangel in ganz Österreich und den höchsten Anstieg an
Jugendarbeitslosigkeit in ganz Österreich. Plus 17 Prozent allein im
letzten Jahr, rund 9 000 15- bis 25jährige Jugendliche sind
beim AMS als arbeitslos gemeldet. Sie wissen, die Dunkelziffer liegt höher, und
ich kann es jetzt nicht mehr hören, dass Sie die Arbeitsmarktpolitik immer wie
eine heiße Kartoffel hin und her schieben, vom Bund zu Wien und Wien ist Bund,
meine lieben Herrschaften. Frauschaften gibt es ja wenige in der
Arbeitsmarktpolitik und leider sitzen auch im WAFF-Kuratorium, und im
WAFF-Vorstand insbesondere, sehr wenig Frauen.
Sie versagen alle, Bund und Wien
versagen gleichermaßen, Sie haben Handlungsspielräume in Wien. Und wenn Sie,
Herr Kollege Scheed, den WAFF über
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