Landtag,
14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 83
gesellschaftspolitischen Gruppen in diesem Land - die
Landwirtschaftskammer, die Bundeswirtschaftskammer, die
Industriellenvereinigung, die Arbeitnehmerorganisationen und so weiter, der
Städtebund, der Gemeindebund, die Landeshauptleutekonferenz - zusammengesessen,
stundenlang, tagelang, nächtelang, haben aber die Verantwortung um dieses Land
getragen und eine Reform beschlossen, die im öffentlichen Dienst immerhin
18 Jahre Durchrechnung bedeutet, und im ASVG von 15 auf 18 Jahre
steigend - immer getragen von der sozialen Verantwortung um dieses Land!
Wir haben heute eine Regierung - und das ist der
wahre Grund für den Unmut -, die sich hinstellt und Folgendes erklärt: Am 25.
dieses Monats endet eine Begutachtungsfrist. Es sind meinem Wissenstand nach
99 Prozent der Stellungnahmen negativ - es gibt eine einzige, die positiv
ist, und diese stammt vom ÖVP-Wirtschaftsbund -, und diese Regierung erklärt:
Was die alle da abgeben, sämtliche Bundesländer und so weiter, ist uns
vollkommen Wurscht! (StRin Karin
Landauer: Das stimmt ja nicht! - Zwischenrufe bei der ÖVP.) So hören Sie
doch bitte dem Herrn Bartenstein zu! Was sagt denn der Herr Bartenstein? (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Das sagt diese Regierung: Es ist ihr die Sozialpartnerschaft Wurscht, es sind
ihr die Landeshauptleute Wurscht, ihr ist alles egal - am 29. beschließen wir,
"baba und fall nicht"! Sie müssen zur Kenntnis nehmen: Das kann von
den arbeitenden Menschen in diesem Land nicht akzeptiert werden! (StRin
Karin Landauer: Wenn es so wäre, wäre das richtig! Aber es ist nicht so!)
Weil hier gefragt wurde: Wie können wir
Streikaktionen verantworten? - 35 Prozent der Befragten - das steht ja
heute auch schon in der APA, aber gut, ich erzähle es noch einmal -
unterstützen einen Streik aktiv, 40 Prozent sympathisieren damit. Wenn Sie
mir erklären wollen, dass 75 Prozent nicht die Mehrheit sind, dann lernen
wir gemeinsam neue Mathematik. Das heißt, in diesem Land hat es diese
Bundesregierung zustande gebracht, den hohen sozialen Frieden so in Frage zu
stellen! (Abg Mag Harald STEFAN: Die Hetze ist das!) Sie hat das
zustande gebracht mit der Kurzfristigkeit der Maßnahmen. (Abg Mag Harald
STEFAN: Das ist schon die Hetze!)
Herr Mag STEFAN, dann lade ich Sie ein: Gehen wir
hinaus zum Billa, gehen wir hinaus, wohin Sie wollen, und erklären Sie der
Verkäuferin, die nächstes Jahr in Pension gehen wollte: sie kann drei Monate
später gehen, bei minus 12 Prozent! Erklären Sie das dieser Verkäuferin. (Abg
Walter Strobl: Ist ja noch nichts beschlossen! - Zwischenruf des Abg Dr
Wilfried Serles.) Das steht in diesem Entwurf drin, und ich habe gelernt,
diese Entwürfe der Bundesregierung soll man ernst nehmen. Das gilt es zu
bekämpfen, in diesem Sinne! (Beifall bei
der SPÖ und den GRÜNEN. - Abg Harry Kopietz - in Richtung ÖVP -: Ihr Obmann
Finz hat gesagt, es gibt nichts nachzuverhandeln! - Weitere Zwischenrufe.)
Meine Damen und Herren von
der Freiheitlichen Partei! Auch wenn Sie krampfhaft versuchen, sich
herauszureden, auch wenn der Herr Vizekanzler sich krampfhaft bemüht, sich
herauszureden: das ist eh alles anders! (Abg Mag Christoph Chorherr: "In aller Klarheit"!) - merken Sie sich eines, "in aller Klarheit" gesagt: Der
Wiener ÖVP-Obmann, Herr Finz, erklärt, daran rüttelt man nichts mehr, das ist
so! Der Herr Bundesminister Bartenstein erklärt, 25 Begutachtungen sind
Wurscht, am 29. ist Ministerrat, "baba und fall nicht"!
Das ist die Realität. Ihr
seid nicht nur Juniorpartner in dieser Regierung, sondern etwas viel
Schlimmeres ist passiert: Ihr kommt nicht mehr vor. - Danke. (Beifall bei
der SPÖ und den GRÜNEN.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gemeldet ist Herr
Abg Tschirf. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Zum ersten Punkt: Wer die
Situation der Pensionen in Österreich kennt, und das nicht erst seit gestern,
weiß, dass hier vor allem, was das Pensionsalter betrifft, seit langem etwas
geschehen müsste. Ich selbst kann mich aus meiner früheren beruflichen
Tätigkeit daran erinnern, dass im Jahr 1987 - ich war damals damit beauftragt,
zu schauen, wie sich aufgrund der Altersstruktur das Pensionsalter entwickelt -
unter Bundeskanzler Vranitzky nichts geschehen ist. Erst im Jahr 2000 ist dazu
etwas geschehen. Der einzige Gewerkschaftsvorsitzende, bei dem ich mich daran
erinnern kann, dass er gesagt hat, wir müssen da im Interesse der Bediensteten
etwas tun, war damals Sigi Dohr. Er hat genau darauf hingewiesen, aber damit
leider kein Verständnis bei den Kollegen von der FSG gefunden hat.
Es war eines interessant,
und das wird mir auch in Erinnerung bleiben: Im Jahr 1993, als von Seiten der
EU aus Anlass des EWR die Fördergebiete analysiert wurden, war auch die
damalige Staatssekretärin Ederer dabei. Da ist klar und deutlich festgestellt
worden, dass es eines der wirtschaftlichen Probleme bei uns ist, dass sich
Großunternehmen hier einfach dadurch saniert haben, dass die Probleme in die
Frühpension hinübergeschoben worden sind. So hat man die Dinge hinausgeschoben.
Irgendwann ist natürlich die Stunde der Wahrheit gekommen: Das sind die
Probleme, die wir hier seit vielen, vielen Jahren vor uns herschieben! - Das
ist die eine Seite.
Das Zweite ist - und das ist für
mich als ÖAAB-Obmann und jahrzehntelanges Gewerkschaftsmitglied auch klar -,
wenn ein Begutachtungsverfahren vorliegt, hat man sich das anzusehen. Wir als
Wiener ÖAAB haben beispielsweise einige Punkte, bei denen wir klar sagen, über
diese werden wir noch reden. Ich habe heute auch die Gelegenheit gehabt ... (Abg
Harry Kopietz: Mit wem?) Im Gegensatz zu Ihnen habe ich die Gelegenheit
gehabt, heute mit dem Herrn Bundeskanzler darüber zu sprechen. (Abg
Christian Oxonitsch: Da sagt aber euer Obmann Finz etwas anderes!) Ich habe
die Gelegenheit gehabt, im Bundesvorstand mit dem Herrn Bundeskanzler zu
sprechen, und dabei ist das erörtert worden. (Abg Harry Kopietz: Hat er
zugehört?) Das ist eben die Frage, wie das mit der Anrechnung von
Kindererziehungszeiten ist. (Abg Christian Oxonitsch: Wie ist
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