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Landtag, 14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 83

 

gibt: auf die Lohnniveaus, die massiv unterschiedlich sind, auf die Arbeitslosigkeit, die viel höher ist als in Österreich, auf den zu erwartenden Migrationsdruck und das Pendlerwesen, auf die Umwelt- und Kernenergiesektoren, auf die Landwirtschaft.

 

Ich möchte auch daran erinnern, dass der Herr Europaparlamentsabgeordnete Martin gegen den Beitritt Polens gestimmt hat; wahrscheinlich nicht zuletzt deswegen, weil dort, neben der jetzt herrschenden Arbeitslosigkeit, ein massiver Anteil der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig ist und das ein ungelöster Bereich ist.

 

Verkehr, Verwaltungskapazität, alle diese Probleme haben wir aufgezeigt und sind dann zu gewissen Schlussfolgerungen gekommen, die auch heute noch stehen bleiben können, bis auf die Schlussfolgerung der Volksabstimmung, die ist, wie man so schön sagt, materiell derogiert, das heißt, die hat sich durch den Zeitablauf erledigt.

 

Wenn ich jetzt Herrn Prochaska sprechen höre von der – und dem kann ich durchaus zustimmen – "Heimkehr zu den entwickelten, zivilisierten Staaten", dann tut es mir schon ein bisschen weh, wenn wir über die Beneš-Dekrete reden und uns vor Augen führen, dass vom vorherigen Rat in Kopenhagen durchaus Kriterien erstellt wurden, die die zukünftigen Mitgliedstaaten erfüllen müssen, wenn sie der EU beitreten wollen. Man fordert das ja jetzt auch von der Türkei. 2004 wird man sich genau anschauen, wie es mit den Menschenrechten dort steht, und wenn ja, wenn das alles positiv ist, wird man laut EU aktive Beitrittsverhandlungen beginnen.

 

Daher muss ich schon noch ein Wort zur Frage der Sudetendeutschen sagen. Das ist für uns keine Kleinigkeit, nicht irgendetwas, das man ad acta legen kann. Da geht es schlicht und einfach um die Vertreibung von 2,7 Millionen Menschen und die Ermordung von 300 000 Menschen. Das ist für uns schlicht und einfach Völkermord, und da erhoffen wir uns schon noch weitere, detaillierter und eingehendere Äußerungen als das, was der Herr Präsident Václav Klaus gestern in Wien gesagt hat. Unsere Hoffnungen reichen natürlich bis hin zur Reparationszahlungen.

 

Nichtsdestoweniger findet sich über diese Punkte in der Deklaration eben ein Kompromiss wieder, und deswegen werden wir sie mittragen.

 

Abschließend möchte ich noch generell sagen, dass wir uns freuen, dass man der Vision eines geeinten Europas einen Schritt näher kommt. Trotz aller Probleme, die die EU hat – ich denke jetzt nur an die offensichtlichen außenpolitischen Probleme, sichtbar geworden am Irak-Krieg –, trotz all der internen Probleme und der kritischen Dinge, die wir auch weiterhin kritisch beleuchten werden, befürworten wir diese Vision eines geeinten Europas.

 

Gleichzeitig freue ich mich, dass es nach langen Diskussionen in, ich glaube, fünf oder sechs Sitzungen und nach durchaus sehr kontroversiellen Verhandlungen dem Redaktionsteam gelungen ist, ein einstimmiges Papier zu erstellen, eben einen Kompromiss, einen kleinsten gemeinsamen Nenner, aber einen positiven Kompromiss zu erzielen. Somit ist das meines Erachtens – 1994 haben wir zwar auch zugestimmt, aber nicht dem Maßnahmenkatalog – der erste Kompromiss seit 1994 über Themen der EU. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Römer: Als nächster Redner ist Herr Abg Mag Schieder gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Mag Andreas Schieder (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Werte Damen und Herren!

 

Letzte Woche, am 16. April, ist in Athen feierlich die Beitrittsakte von den Staaten der Europäischen Union unterzeichnet worden. Es finden in den Beitrittswerberstaaten seit April bis in den Herbst laufend die Referenden zum Beitritt zur Europäischen Union statt. Ungarn hat sein Referendum schon extrem positiv hinter sich gebracht.

 

Der Konvent befindet sich nun in seiner Schlussphase, und für Juni 2003 ist sein Schlussbericht angesetzt. Das heißt, große Dynamik und wichtige Entscheidungen von extrem weitreichender Bedeutung für die Zukunft Europas stehen zur Zeit an. Es sind Entscheidungen nicht nur für die Europäische Union und die Mitgliedstaaten, die alten und die neuen, sondern es sind vor allem auch Entscheidungen für die Menschen, die in Europa leben.

 

Gerade in diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, dass es auch eine Positionierung Wiens gibt, und zwar deshalb, weil diese Veränderungen, die gerade in dieser großen Dynamik in Europa stattfinden, nicht Veränderungen und Dynamiken sind, die in Brüssel passieren und mit uns nichts zu tun haben, sondern weil sie auch mit unserem Leben hier zu tun haben. Sie finden eben nicht nur im fernen Brüssel statt, sondern greifen auch mitten hier in das Leben von Wien ein.

 

Immens wichtig ist gleichzeitig auch die Beantwortung der Frage betreffend die zukünftige Rolle der Städte in der Europäischen Union. Es ist von den Vorrednerinnen und Vorrednern ja auch ausgeführt worden, dass gerade die Städte hier eine eminent wichtige Aufgabe zu erfüllen haben. Daher möchte ich das kurz zusammenfassen und fragen: Was sind nach der Europadeklaration und auch nach unserer Ansicht die wichtigen Eckpunkte für eine zukünftige Europäische Verfassung?

 

Da geht es vor allem um die Stärkung des demokratischen und parlamentarischen Prinzips. Es muss Schluss gemacht werden mit der Schieflage in Europa, dass die Staaten Europas ein parlamentarisches System haben, dass alle Staaten Europas funktionierende parlamentarische Demokratien darstellen, die Europäische Union selber in ihrer Konstruktion jedoch noch nicht so weit gegangen ist. Daher ist hier eben die Stärkung des parlamentarischen Prinzips vorzunehmen. Das sollte bis hin zu einem Initiativrecht des Europäischen Parlaments reichen, und auch durch die Wahl eines Kommissionspräsidenten durch das Europäische Parlament wäre zum Beispiel die Stärkung des parlamentarischen Prinzips

 

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