Landtag,
13. Sitzung vom 07.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 57
Trotzdem ist natürlich der Anlass des Frauentages glücklicherweise
dazu da, um besonders auf die Anliegen von Frauen aufmerksam zu machen. Deshalb
sind die Blumen - weil ich diesbezüglich ja schon einige Beschwerden bekommen
habe - heute ganz besonders für die Frauen gedacht. Betrachten Sie sie
einerseits als Zeichen der Gratulation zum Frauentag, aber bitte betrachten Sie
sie auch als Einladung zu einer gemeinsamen Arbeit für die Frauen in dieser
Stadt.
Lassen Sie mich zur Einleitung dieser Mitteilung
einen kurzen Blick auf die Zahlen werfen, die die Ausgangslage darstellen und
als Grundlage für die Einschätzung der Situation der Frauen dienen können.
In Wien leben 842 300 Frauen, das sind
52 Prozent der Gesellschaft. Wir sind also die Mehrheit, wenn man das auch
vielleicht in den Spitzenpositionen nicht erkennen kann, wiewohl wir in Wien
auch da sehr gut liegen.
40 Prozent der weiblichen Gesamtbevölkerung in
Wien sind erwerbstätig, gegenüber 55 Prozent der Männer. Die Erwerbsquote
der Wienerinnen, also der Anteil jener an der erwerbsfähigen Bevölkerung, liegt
mit 60 Prozent um 10 Prozent über dem österreichischen Durchschnitt.
Es sind in Wien die Hochschulabsolventinnen um 6 Prozent mehr als im
österreichischen Durchschnitt, und glücklicherweise ist der Anteil derer, die
das niedrigste Bildungsniveau aufweisen, in Wien am geringsten von ganz
Österreich. Ich denke, die Frauenpolitik der vergangenen Jahre und Jahrzehnte
beziehungsweise die Gesellschaftspolitik hat hier Positives erreicht.
Wie sehen die Leitlinien dieser Frauenpolitik in Wien
aus? - Es hat sich ja schon in der Diskussion vorher gezeigt, dass es hier sehr
unterschiedliche Meinungen gibt, auch was die Grundsätze betrifft. Oberstes
Ziel der Wiener Frauenpolitik war, ist und bleibt Eigenständigkeit und
Selbstbestimmung der Frauen, und es ist meine ganz tiefe Überzeugung, dass
dafür ökonomische Unabhängigkeit eine unabdingbare Voraussetzung ist. Ich weiß
mich darin auch mit der großen Mehrheit der Wiener und Wienerinnen eins. Egal,
ob die Frauen alt oder jung, verheiratet oder allein stehend, mit Kindern oder
ohne Kinder, Zuwanderinnen oder alteingesessene Wienerinnen sind, alle sagen:
Wir wollen berufstätig sein, wir wollen Beruf und Familie vereinen, wir wollen
beides - und uns nicht entscheiden müssen.
Das ist auch das Prinzip, von dem wir in unserer
Frauenpolitik ausgehen, das Prinzip, zu dem sich das Land Wien bekennt und das
wir unter anderem auch durch das Wiener Gleichbehandlungsgesetz in unserem
eigenen Wirkungsbereich verankert haben. Wir haben also dieses eindeutige
Prinzip der Gleichstellung von Männern und Frauen, der Vereinbarkeit von
Berufstätigkeit und Familie auch gesetzlich verankert.
Es ist natürlich auch so, dass Männer auf Grund ihrer
Sozialisation Defizite haben, und ein Teil der feministischen Pädagogik zeigt
exemplarisch auf, dass es auch diese Defizite von Männern zu beseitigen gilt.
Ich freue mich, dass es auch in der Vergangenheit bereits sehr viel mehr Männer
gegeben hat, die sich mit Fragen wie zum Beispiel mit dem Thema Gewalt in der
Familie befassen, und dass gerade auch die Stadt Wien gemeinsam Dinge wie eine
Männergesundheitspolitik – als exemplarisches Beispiel seien die in diesem Haus
veranstalteten Männergesundheitstage angeführt - macht. Ich meine, dass eine
fortschrittliche Männerpolitik eine wichtige Ergänzung zu einer
emanzipatorischen Frauenpolitik darstellt. Beides gehört zusammen, und für
beides stehen wir hier in dieser Stadt und in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ.)
Trotzdem besteht unser wichtigstes Anliegen natürlich
darin, vor allem die Beseitigung der Benachteiligungen von Frauen anzugehen –
ich nenne hier nur den noch immer vorhandenen Einkommensunterschied, die
gläserne Decke, an die auch viele Wienerinnen stoßen, die Mehrfachbelastung und
das ebenso traurige wie aktuelle Thema Gewalt. Das Prinzip der Wiener
Frauenpolitik besteht darin, möglichst konkret an den Lebensumständen der
Frauen anzusetzen, um diese Benachteiligungen auszugleichen. Das tun wir
gemeinsam mit dem dichtesten Netzwerk frauenrelevanter Beratungsein-richtungen,
das es in Wien gibt – es ist in Wien weit besser als im Rest Österreichs -,
sowie dank einer unglaublich engagierten Frauenabteilung, die seit zehn Jahren
Motor dieser Entwicklung ist und bei deren Mitarbeiterinnen ich mich bei dieser
Gelegenheit sehr, sehr herzlich bedanken möchte! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir bekennen uns zu einer Doppelstrategie, bei der
Gleichstellungspolitik und Frauenförderung einerseits und Gender Mainstreaming
andererseits nicht als Gegensätze gesehen werden und nicht - wie dies, so
befürchte ich, zum Teil bei Diskussionen auf Bundesebene der Fall ist - das
eine gegen das andere ausgespielt wird, sondern bei der davon ausgegangen wird,
dass diese beiden Strategien zusammengehören. Gender Mainstreaming ist ein ganz
wichtiger Zugang und bedeutet, alle Maßnahmen darauf zu untersuchen, welche
Auswirkungen sie auf Männer und Frauen haben. Gleichzeitig gilt es, Lobbyarbeit
zu leisten, Frauenförderung und Gleichstellungspolitik zu beitreiben – das ist
die andere Seite. Beides müssen wir tun, und für beides brauchen wir auch
entsprechende bundespolitische Rahmenbedingungen.
Was ist in meinen Augen das dringendste Anliegen, das wir im
Moment haben, die größte Sorge? - Es wurde bereits angesprochen: die österreichweit
steigende Arbeitslosigkeit, die auch vor Wien nicht Halt gemacht hat. Wien
fordert hier vom Bund ganz entschieden entsprechende Maßnahmen, um dieser
Entwicklung gegenzusteuern; auch aus der Sicht der Frauen ist das unbedingt
notwendig. Dort, wo Wien Maßnahmen setzen kann, haben wir das getan, gerade
auch im Hinblick auf Maßnahmen, die Frauen zugute kommen. Es wurde bereits von
meiner Kollegin Ramskogler erwähnt, dass in Wien die Frauenarbeitslosigkeit
weit stärker zurückgegangen ist als im Bundesdurchschnitt. Ich darf dem noch
ergänzend hinzufügen, dass in Wien um 69 Prozent mehr Frauen in
arbeitsmarktpolitische Maßnahmen eingebunden sind als im Vorjahr. Man sieht:
Unsere Maßnahmen haben gegriffen! 2 500 arbeitslose Frauen nehmen an
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