Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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erfolgt, werde ich sofort die zweite Lesung
vornehmen lassen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch.
Ich bitte daher jene
Mitglieder des Landtags, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein
Zeichen mit der Hand. - Das ist die Mehrheit, mit Gegenstimmen der ÖVP und der
GRÜNEN. Somit ist dieses Gesetz in zweiter Lesung mehrheitlich beschlossen.
Meine Damen und Herren! Es
gelangt nunmehr die Postnummer 2 (PrZ 848/01-MDBLTG) der
Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft das Ersuchen des Landesgerichts
St Pölten um Zustimmung zur Verfolgung des Abg Volkmar Harwanegg wegen des
Verstoßes gegen § 111 StGB.
Ich bitte die
Berichterstatterin, Frau Abg Mag Wehsely, die Verhandlung einzuleiten.
Die Damen und Herren des
hohen Hauses inklusive der Zuhörerinnen und Zuhörer ersuche ich, der
Berichterstatterin die notwendige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. - Bitte.
Berichterstatterin Abg Mag Sonja Wehsely: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Es liegt vor uns das Ersuchen des Landesgerichts
St Pölten um Zustimmung zur Verfolgung des Abg Harwanegg wegen des
Verstoßes gegen § 111 Strafgesetzbuch. Konkret handelt es sich darum, dass
der Privatankläger Helmut Elsner einen Strafantrag eingebracht hat, dem
folgender Sachverhalt zu Grunde liegt. In der Ausgabe 43 der periodischen
Druckschrift "Format" steht unter der Überschrift "Stehen am
Rande des Zusammenbruchs" ein Artikel, in welchem der Beschuldigte Volkmar
Harwanegg über den Privatankläger Helmut Elsner mit den Worten zitiert wird:
"Mir hat BAWAG-Chef Helmut Elsner vorgeworfen, dass ich die Medien über
Interna informiere. Es wird gelogen und manipuliert." Der Privatankläger
Elsner sieht darin einen Verstoß gegen den § 111 Strafgesetzbuch.
Die Mitglieder des Immunitätskollegiums haben am
15.1.2002 getagt und einstimmig beschlossen, an den Landtag den Antrag zu
stellen, dass Kollege Abg Harwanegg nicht auszuliefern ist. Dem liegt eine
unverbindliche Vereinbarung zu Grunde, die wir in Parteiengesprächen am Anfang
der Legislaturperiode für diese Periode festgelegt haben, wonach wir bei
Meinungsdelikten grundsätzlich nicht ausliefern und eine Auslieferung nur dann
in Betracht kommt, wenn auf Grund der Äußerung eines Politikers die beleidigte
Person in ihrer Existenz bedroht wird oder durch diese Aussage die Immunität
grundsätzlich in Gefahr gerät, weil die Öffentlichkeit einfach nicht verstehen
würde, wieso bei einer entsprechenden Aussage der Politiker geschützt ist.
Das ist jetzt beides nicht der Fall. Zu diesem
Entschluss ist das Immunitätskollegium einstimmig gekommen. Ich ersuche Sie um
Debatte und im Anschluss daran um Zustimmung zu diesem Antrag. - Danke schön.
Präsident Johann Hatzl: Ich danke der
Frau Berichterstatterin. - Ich habe gesehen, dass es dazu Wortmeldungen gibt.
Die Debatte ist somit eröffnet.
Als Erster spricht Herr Abg Ellensohn. Ich erteile
ihm das Wort.
Abg David Ellensohn
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt erklärt.
Eigentlich wäre es ganz einfach: Das Immunitätskollegium hat einstimmig
beschlossen, dem Gesuch nicht nachzukommen, es wäre also eine einfache Sache zu
sagen, machen wir überhaupt keine Wortmeldungen. Aber alle Fraktionen haben
sich zu Wort gemeldet. Das ist kein Wunder, weil es zumindest für die drei
Oppositionsparteien spannend ist, wenn sich SPÖ-Harwanegg und SPÖ-Elsner ein
kleines Match liefern und wir es uns erste Reihe fußfrei anschauen können.
Was bei der Berichterstatterin nicht vorgekommen ist,
ist, was Herr Harwanegg mit dem "Abräumen" gemeint hat und was das
"Format" im weiteren Verlauf dieser Geschichte aufgedeckt hat. Herr
Helmut Elsner - laut "Format" der "Genosse Golfer" - hat
einen Pensionsanspruch erarbeitet und im Jahr 2000 ausbezahlt bekommen,
angeblich - laut Zeitungsberichten - in Höhe von 3,6 Millionen. Das hört
sich nach nichts an, das sind aber Euro, es geht also um
50 Millionen S. Es ist schade, dass die vielen Bediensteten der Wiener Linien und andere Beamte jetzt
nicht mehr da sind. Da könnten wir nämlich schauen, wie mit dem Geld umgegangen
wird. Das ist BAWAG-Geld, das sind 50 Millionen S gewesen. (Abg
Johann Driemer: ... Pensionskassengeld!)
Auch wenn rechtlich alles
korrekt abgewickelt wurde, muss man sich überlegen: Was sind das für Verträge,
die in SPÖ-nahen Institutionen ausgegeben werden? - Es geht um
50 Millionen S. Alle Abgeordneten hier haben in den letzten Tagen das
Statistische Jahrbuch der Stadt Wien bekommen. Ein durchschnittlicher Wiener
mit einem durchschnittlichen Einkommen arbeitet 45 Jahre lang und erwirbt
sich dann einen Pensionsanspruch. In diesen 45 Jahren hat er im
Jahresschnitt 17 500 EUR netto verdient. Das besagen die Zahlen aus
dem Jahrbuch.
Dann kommt er in Pension und da ist er noch weit
hinter dem, was Herr Elsner als Einmalzahlung für die Pension bekommen hat. Da
sind dessen vorangegangene Gehaltszahlungen noch nicht mit eingerechnet, da ist
noch nicht mit eingerechnet, dass er ein paar Jahre später neuerlich annähernd
1 Million EUR als Abfertigung bekommen wird, sondern da geht es
ausschließlich um diese 50 Millionen S oder
3,6 Millionen EUR.
Jetzt hat dieser durchschnittliche Wiener oder die
durchschnittliche Wienerin bis zum 65. Lebensjahr gearbeitet. Das ist
lange, aber das werden wahrscheinlich einige von uns tun müssen. Er oder sie
kommt jetzt in Pension - wie lange muss diese Person in Pension sein, bis sie
das herinnen hat? Jetzt wird sie 90, 95, 102 Jahre alt, kommt als älteste
Wienerin oder ältester Wiener ins Büchlein hinein, und es reicht noch immer
nicht. Nun rechne ich aber zurück, und zwar zu einem Arbeitseintritt als
20-jährige Person. Da muss sie 192 Jahre alt werden, damit sie diesen
Pensionsanspruch hereinbringt - das ist sozialdemokratische Politik in dieser
Stadt!
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