Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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ein bisschen ein Abgehen der Europäischen Kommission
beziehungsweise des Rates, denn hier hat der Rat die Kommission beauftragt,
Neuregelungen zu überdenken, inwieweit Förderungen an Betriebe, die Daseinsvorsorge
anbieten, gewährleistet werden können. Denn normalerweise widerspricht eine
Förderung, die gewährt wird, dem EU-Beihilfenrecht und würde ihm
dagegensprechen. Wenn es zu einer Neuausarbeitung in diesem Bereich kommt, dann
ist das sicher gescheit. Und wenn es dazu kommt, dass wir im Bereich des
schienengebundenen Nahverkehrs zu einer Regelung kommen, die den Städten und
Gemeinden und den Ländern und Regionen wieder die Möglichkeit bietet, hier die
eigenen Entscheidungen zu treffen, halte ich das für gescheit und für wichtig
und es wäre ein Schritt dazu, dass nicht alles zentral von Brüssel aus geregelt
wird.
Der Bereich, wo noch vieles mit der Daseinsvorsorge
nicht ganz so funktioniert, wie es funktionieren könnte, ist der jahrzehntelang
verschlafene Generalverkehrsplan zum Beispiel. Da hat es einer freiheitlichen
Ministerin bedurft, dass es jetzt wenigstens so etwas gibt. (Abg Heinz Hufnagl: Ein Plan ohne Geld, das
wissen Sie! Ein Plan ohne Geld mit langen Perspektiven!) Nein. Da gibt es den
gebürtigen Wiener Schwarz, der bei der FAZ tätig ist, in Prag als
Auslandskorrespondent sitzt und durchaus nicht als Freiheitlicher bezeichnet
werden kann, der uns durchaus sehr kritisch gegenübersteht, und der hat im
letzten "Betrifft" am Sonntag dargestellt, dass das etwas ist, was
leider 30 Jahre lang verschlafen wurde. Ich hoffe, dass das jetzt dazu
führt, dass die dort vorgesehenen Bereiche auch umgesetzt werden. Wien hätte
auf alle Fälle ein bisschen besser verhandeln können, weil da durchaus das eine
oder andere zu weit nach hinten geschoben wurde. Aber ich glaube, da muss sich
StR Schicker an der Nase nehmen, dass er dort nicht mehr durchgesetzt hat.
Eines muss man dem Landeshauptmann zugestehen, er hat
heute diese gravierenden Bereiche der Daseinsvorsorge, und das geht vom Wasser
über den ganzen Elektrizitätsbereich bis hin zum Müll, dargestellt. Und ich
muss Ihnen jetzt sagen: Der Müllbereich in Wien funktioniert. Man kann die
Strukturen dort noch ändern oder sonst was, aber eine Privatisierung dieses
Bereichs, der so ausgezeichnet funktioniert, ist nicht notwendig. Es wäre gut,
wenn es in vielen anderen europäischen Großstädten so funktionieren würde. Dass
man Strukturveränderungen durchführt, dass man eine Verwaltungsreform in
Bereichen, wo es Einsparungspotenziale gibt, durchführt, ist
selbstverständlich. Aber so wie es funktioniert, steht die freiheitliche
Fraktion voll und ganz dahinter. Eine Privatisierung ist dort in keiner Weise
notwendig.
Eines war interessant: Der Herr Landeshauptmann hat
heute in seinem Vortrag, der ja weit von einer politischen Rede entfernt war,
sondern der wirklich hoch akademisch gehalten wurde, gesagt, er möchte über
diese Themen weiter diskutieren. Und wenn er über diese Themen weiter
diskutiert, dann soll er es nicht nur so wie bei der KWK-Verordnung an seinem
Schreibtisch machen, sondern auch mit den hier im Haus befindlichen
Oppositionsparteien. Wenn das geschieht, dann wird er sicher interessante
Anregungen auch aus dem Bereich der Opposition erhalten und man wird sicher das
eine oder andere gemeinsam zu einer klaren Linie führen können.
Ein Beispiel dafür war die Unterstützung der FPÖ für
den ÖPNV-Vertrag, weil das eine gescheite Idee ist. Strukturänderungen sind
sicher dort auch notwendig, aber es ist einerseits die finanzielle Basis der
WIENER LINIEN gesichert und es ist andererseits der Personalstand der WIENER
LINIEN gesichert. Beides ist wichtig und notwendig.
Daher bin ich dankbar, dass er gesagt hat, er will
weiter diskutieren. Ich hoffe nur, dass es damit nicht an diesem Rednerpult
beendet wurde, sondern dass es wirklich eine intensive Diskussion in diesen
Bereichen gibt. Und mit dieser Zusage, dass die Freiheitlichen zu allen
Überlegungen, die es in diesen Bereichen gibt, auch mit eigenen Überlegungen
mitreden wollen und mitdiskutieren wollen und das auch einbringen wollen, halte
ich diese Mitteilung über die Daseinsvorsorge, die die Wienerinnen und Wiener
betrifft, für eine wichtige und in der tagespolitischen Auseinandersetzung sehr
notwendige. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Römer:
Als Nächster ist Herr Abg Hufnagl zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Heinz Hufnagl
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann, auch wenn
Bgm Häupl jetzt dem Besuch des Herrn Kofi Annan seine entsprechende Referenz
erweisen muss! Werte Damen und Herren des Wiener Landtags!
Komplexe Dienstleistungsangebote, Absicherung der
Lebensgrundlagen, Wahrung öffentlicher Interessen, menschenwürdiges Leben,
Nachhaltigkeit, Existenzgrundlagen - alles affine oder synonyme Begriffe für
den modernen, aber nur scheinbar neuzeitlichen Wert Daseinsvorsorge.
Die Begrifflichkeiten in unserer schnelllebigen Zeit
ändern sich und haben sich in diesem Zusammenhang auch tatsächlich gewandelt.
Die ursprüngliche Bedeutung, die prinzipielle Richtigkeit, der Grundtenor der
Daseinsvorsorge ist jedoch völlig außer Streit gestellt und weiter manifest.
Seit 1919 haben die Sozialdemokraten in diesem Haus,
also seit es allgemeine, freie und geheime Wahlen in Wien gibt, mit großem
Abstand alle Wahlauseinandersetzungen gewonnen und von der Bevölkerung einen
klaren Arbeitsauftrag zur Bewältigung der Pflichten in dieser Stadt übertragen
bekommen. Es sind also nunmehr 83 Jahre, nur unterbrochen durch die
unselige Zeit beseitigter Demokratie durch zwei Diktaturen, die die SPÖ für die
Entwicklung dieser herrlichen Stadt und ihrer Einrichtungen in Verantwortung
zeigen.
Die Bilddokumente anlässlich der Festsitzung des Wiener
Landtags "80 Jahre Wiener Landtag durch Loslösung von der
niederösterreichischen Landesverwaltung" haben uns wieder vor Augen
geführt, welche
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