Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 113
ohne Visionen gibt es nur Stillstand. Visionen bringen hingegen eine Stadt voran, und dafür möchte ich dir herzlich danken, liebe Veronika. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Natürlich richte ich auch ein Dankeschön an dein Büro, denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten den Laden sozusagen am Laufen. Herzlichen Dank und noch einen schönen Abend. (Beifall)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die tatsächliche Redezeit hat neun Minuten betragen, die fraktionelle Restredezeit beträgt zwölf Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Baxant. Welche Zeit soll ich einstellen, sieben Minuten oder zwölf Minuten? - Bitte. Ich stelle zwölf Minuten ein.
GR Petr Baxant, BA (SPÖ): Danke, Frau Vorsitzende, für die zusätzliche Zeit. Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Joseph Beuys, ein deutscher Künstler des letzten Jahrhunderts, ein ehemaliger Flieger der deutschen Luftwaffe, abgestürzt über der Krim im Zweiten Weltkrieg, sagte über sich selbst, dass er beziehungsweise sein Denken wurde zurechtgeschossen wurde. Er ist einer der ersten Gründer der Grünen Partei in Deutschland. Er ist dann ausgetreten, weil er enttäuscht war, was man vielleicht ein bisschen nachvollziehen kann. Trotzdem war er ein großer Europäer und ein großer Künstler, und er war unglaublich einflussreich. Er hat 1982 bei der „documenta 7“ in Kassel eine Kunstaktion gestartet, und zwar die Aktion „7.000 Eichen - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“. Das war eine unglaublich interessante Aktion, mit der er im Grunde die Stadt Kassel bis heute geprägt hat. 1982 wurde begonnen, und der Prozess hat 5 Jahre gedauert. Es wurde die Pflanzung von 7.000 Eichen in einer Stadt geplant, wo stadtplanerisch vorher eigentlich nichts anderes war als ein Parkplatz. Es gab dort nur Straßen und ganz wenige Bäume. Mittlerweile ist die Stadt eine vollkommen andere, sie hat sich vollkommen verändert. Anhand dieser Kunstaktion „7.000 Eichen - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ ist man sehr schnell draufgekommen, dass Stadtverwaldung durch Stadtverwaltung möglich ist. Ich meine, das ist auch interessant.
Und warum erzähle ich all das hier? (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Das fragen wir uns auch!) Das fragt man sich, gell! Das fragt ihr euch wahrscheinlich auch! Warum erzähle ich über Joseph Beuys? Joseph Beuys war einer, der das Kunstwerk und das Konzept der Sozialen Plastik quasi in den künstlerischen, kulturellen Kontext inauguriert hat. Was ist eine Soziale Plastik? Ich meine, eine Soziale Plastik im besten Sinne des Wortes ist nicht nur die Aktion „7.000 Eichen“ die bis heute wirkt und die diese Stadt bis heute vollkommen verändert hat. Übrigens war das damals eine der ersten Renaturierungsmaßnahmen Europas. Eine Soziale Plastik, die wir heutzutage in Wien feiern, waren die Wiener Festwochen und vor allem die „Wiener Prozesse“. Ich war echt begeistert, ich habe mir das wirklich angeschaut, vor allem den Prozess gegen die FPÖ. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich habe mir das angeschaut, weil es wirklich interessant war. Und ich meine, diejenigen, die es gesehen haben, müssen selber zugeben: Am Ende hat es einen interessanten Twist gegeben, und sogar Frauke Petry war überaus glücklich und hat das Gefühl gehabt, dass sie eigentlich gewonnen hat.
Das war jedenfalls ein unglaublich interessanter Prozess über drei Tage! (Zwischenruf von GR Peter L. Eppinger.) Peter! Über drei Tage kann man nicht provoziert sein! Es war am Anfang vielleicht provokant. Ja. Die Namen beziehungsweise Titel waren provokant. Das Thema ist provokant. Die Fragen sind provokant: Ist die FPÖ eine regierungs- oder demokratiefeindliche Partei? Muss man ihr die Parteienförderung entziehen? Ich meine, das sind sehr provokante Fragen. Und diese Fragen wurden über drei Tage bis ins Detail, wie Jörg Neumayer vorher gesagt hat, mit Experten, mit Zeugen aus der FPÖ, aus dem Kulturbereich, aus dem Politikbereich, aus dem Verwaltungsbereich, und so weiter diskutiert. (GRin Mag. Ulrike Nittmann: Das war super langweilig!) Und was ist am Ende herausgekommen: Eine meiner Meinung nach hochweise und hochvernünftige Entscheidung der Geschworenenjury. Zwei Fragen waren zu beantworten. Erstens: Ist die FPÖ eine demokratiefeindliche Partei? Es waren sieben Geschworene, und diese haben sieben zu null entschieden. Ja, das ist sie. Nun ja, das war nicht sehr überraschend. Das finde ich nicht so überraschend.
Etwas anderes war aber viel überraschender, und ich glaube, da hat sich Frauke Petry wirklich gefreut und das Gefühl gehabt, dass sie gewonnen hat. Da gab es nämlich noch eine viel wichtigere Frage, die mit dem politischen Wirken zu tun hat, nämlich: Soll eine Demokratie eine politische Partei, die vermeintlich die Demokratie abschaffen möchte, selbst auch finanzieren? Das ist wirklich eine durchaus provokante Frage, und ich habe von Anfang an gewusst, dass die Geschworenen dementsprechend entscheiden werden. (Lebhafte Zwischenrufe bei der FPÖ.) Lasst mich ausreden! Ihr könnt dann eh etwas dazu sagen! Die Geschworenen haben fünf zu zwei für euch entschieden, und das auf einem vermeintlich linken, progressiven Wien-Festival. Das ist eine unglaublich tolle Geschichte, und ich muss euch wirklich empfehlen: Schaut euch das an! (Zwischenruf von GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.) Udo! Schau dir das an! Schau dir wirklich die kompletten drei Tage an, weil das sehr interessant ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich verstehe euch nicht, und deswegen kann ich nicht antworten! Ich rede am Mikrofon, und daher ist das lauter als eure Stimmen. Das ist Physik! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Ich war eifersüchtig und neidisch, und ich habe es auch dem Milo Rau vorgeworfen, dass er nur die FPÖ quasi vor Gericht gezerrt hat. Ich habe zu ihm gesagt: Warum kannst du nicht auch die SPÖ vor Gericht ziehen? Ich meine nämlich, dass das eine tolle Werbung für eure Partei gewesen ist! Das war ein unglaublich tolle Diskussion, und ich glaube, sehr viele Menschen sind sich vielleicht dessen bewusst geworden, dass die FPÖ eine mühsame Partei ist, mit der man unter Umständen nicht unbedingt zusammengehen will, wenn man so überzeugt ist wie ich. Schließlich kam aber heraus: Als aufrechte Demokraten und als Vertreter des Rechtsstaates haben wir auch eine Partei wie die FPÖ zu schützen. Und ich finde, das war wirklich herausragend! Es hätte sich keiner gedacht, dass das herauskommt, und deswegen war ich begeistert und
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