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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 113

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Vielen Dank, Frau Stadträtin. Zur Geschäftsgruppe für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen sowie zum Jahresabschluss der Unternehmung Stadt Wien - Wiener Wohnen liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

 

15.01.39Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe für Kultur und Wissenschaft. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Nittmann. Ich erteile es ihr. Ich darf auch die Frau Kulturstadträtin herzlich begrüßen und bitten, Platz zu nehmen. Danke schön. - Bitte.

 

15.02.02

GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Frau Stadträtin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich möchte vorausschicken, dass ich hier als Anwalt des Steuerzahlers stehe. Das heißt, wenn ich im Folgenden über Kunst rede, dann mache ich das nicht in grundsätzlicher und allgemeiner Hinsicht, sondern ich rede über Kunst, die mit Steuergeldern finanziert wird. Da ist meiner Meinung nach ein anderer Maßstab anzulegen als bei einer Kunst, die sich dem Wettbewerb stellen muss. Subventionierte Kunst hat andere Zwecke zu verfolgen und andere Rücksichten zu nehmen, vor allem dann, wenn sie nicht zum Steigbügelhalter des Subventionsgebers degradiert werden soll. Wir reden also von subventionierter Kunst.

 

Nur vorweggeschickt: Ich bin nicht grundsätzlich gegen Kunstförderung. Ich befürworte sie, aber natürlich immer nur unter der Bedingung, dass die Subventionen nicht eingesetzt werden, um die Kunst macht- und parteipolitisch zu instrumentalisieren. Da sind wir beim Thema, beim Thema Staats- und Propagandakunst, Regie- und Regimetheater. Da nehme ich das Beispiel des Theaters an der Josefstadt. Herr Föttinger rühmt sich in einem Interview mit dem Satz: „Die Josefstadt ist durch mich relativ rot geworden.“ Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. „Die Josefstadt ist durch mich relativ rot geworden.“ Da spricht nicht der Bezirksvorsteher der KPÖ, sondern ein Theaterdirektor. Er rühmt sich weiters, furios zu polarisieren, auch wenn er zur Erkenntnis kommen musste, die FPÖ-Wähler durch einen Theaterbesuch nicht bekehren zu können.

 

Dass der Herr Theaterdirektor in seiner Eigenschaft als Direktor und Programmgestalter eine politische Agende verfolgt, daraus macht er jedenfalls kein Hehl. Er wird nicht müde, gegen sein Feindbild, die FPÖ, zu agitieren - mit Steuergeldern, versteht sich, die er - wie wir vermuten - eben genau zu diesem Zweck aus der öffentlichen Hand bekommt. Für seinen Vorgänger Helmut Lohner, dem viele Wiener Theaterbesucher nachtrauern, hat er nur die Bezeichnung Traummännlein über. Gleichzeitig meint Herr Föttinger, die Josefstadt sei eine Erfolgsgeschichte. Also, wenn man meint, eine Erfolgsgeschichte besteht darin, dass Abos gekündigt werden und Besucherränge leer sind, dann hat er sicher recht. So gesehen, ist aber wohl Herr Föttinger das Traummännlein und nicht Herr Lohner. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Nicht nur Herr Föttinger bekennt sich dazu, Politik auf und ins Theater zu bringen, zu polarisieren und immer dieselbe Personengruppe provozieren zu wollen, was auf Dauer äußerst langweilig, weil redundant wird, sondern auch Milo Rau. Milo Rau hat sich es auf den Leib und ins Programm der Wiener Festwochen geschrieben, ganz klar Politik zu machen. Es ist die Politik derjenigen, die ihm seinen opportunen Agitprop auch mit Steuergeldern finanzieren, insgesamt mit 14,5 Millionen EUR. Ich möchte da ein paar Passagen aus dem Programm der Wiener Festwochen zitieren: „Wien ist die Hauptstadt des Landes, in dem im Jahr 2000 zum ersten Mal eine rechtspopulistische Partei, die FPÖ, in die Regierung gewählt wurde. Zudem war die klassische Moderne unvollständig: elitär, rein europäisch und natürlich fast ausschließlich männlich.“ Was Rau unterschlägt, ist, dass die Moderne nicht nur elitär, europäisch und männlich, sondern bis auf wenige Ausnahmen auch links war. (GRin Ursula Berner, MA: Was? - GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: … ist links!) Ich zitiere weiter: „Mitten in der Nationalrats- und EU-Wahl sagen wir: Zeit für eine zweite Moderne! Zeit, gängige Denkweisen, institutionelle Abläufe und eingeschliffene Normen radikal in Frage zu stellen.“ (Bravo-Ruf bei der SPÖ.) Aufgeführt werden unter anderem eine „radikal dekonstruierte Mozart-Interpretation“ und natürlich das große Highlight: die „Wiener Prozesse“. „Ganz Österreich wird vor das Tribunal der Republik zitiert!“

 

Wenn man Schauprozesse auf die Bühne bringt, ohne deren Mechanismen offenzulegen und sie anzuprangern, meine Damen und Herren, dann handelt man nicht radikal, sondern reaktionär - und das, wie gesagt, mit 14,5 Millionen EUR. Ich erinnere mich noch an Wiener Festwochen, die einmal unter dem Motto standen: „Vermehrt Schönes!“ Auch davon ist man aber ganz offenbar radikal abgegangen. Ich habe mir in dem Zusammenhang auch die Frage gestellt, wie viele Sponsoren Herr Rau neben der Stadt Wien und den Institutionellen, wie der Ersten und der Wiener Städtischen, für das Programm der Wiener Festwochen und für die Veranstaltungen gewinnen könnte. Welche privaten Sponsoren, Kunstliebhaber und Apologeten des politischen Aktionismus würden mit 14,5 Millionen EUR einspringen?

 

Wenn es so ein Erfolg ist, schlage ich vor, dass sich Herr Milo Rau nächstes Jahr nicht an die Kulturstadträtin wendet, sondern versucht, Unterstützer für sein Programm zu finden, sodass sich die Wiener Festwochen durch private Mäzene, Sponsoren und - ganz unerhört - durch Kartenverkäufe selbst finanzieren. (Beifall bei der FPÖ.) So sähe ein radikaler Ansatz aus, statt Kunst immerzu aus der Komfortzone der Subvention zu betreiben. Da könnte man auch einmal die öffentliche Hand beißen, die einen bislang so gönnerhaft durchgefüttert hat. Das, meine Damen und Herren, wäre ein wahrer Bruch mit gängigen Denkweisen, institutionellen Abläufen und eingeschliffenen Normen, wie das Rau in seinem Programm vollmundig für sich in Anspruch nimmt.

 

Natürlich gilt der ikonische Ausspruch „Der Zeit ihre Kunst - der Kunst ihre Freiheit“. Wie hatten die Secessionisten das aber verstanden, jene Künstlergruppe, die sich von damals etablierten Kunstschulen und Kunstrichtungen abspaltete? Sicherlich nicht so, für die materielle Sicherheit mit ideologisch korrekter Gesinnungskunst bezahlen zu müssen.

 

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