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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 22.04.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 76

 

mir: O je, das kann jetzt verfassungsrechtlich beziehungsweise grundrechtlich ein Problem darstellen, wahrscheinlich könnte das auch unionsrechtlich ein Problem darstellen, denn: Was heißt es denn, ein anerkannter Flüchtling zu sein? Ein anerkannter Flüchtling zu sein, bedeutet, jemand zu sein, der das Asylverfahren schon durchlaufen und auch einen positiven Asylbescheid bekommen hat. Er ist eigentlich allen Österreicherinnen und Österreichern bis auf das Wahlrecht gleichgestellt. Das heißt jetzt laienhaft: Der arbeitslose Sepp aus Tirol darf nach Wien umziehen, aber die arbeitslose Fatima darf nicht nach Wien umziehen, weil das auf Grund der Wohnsitzauflage dann nicht geht.

 

So, jetzt denke ich weiter. Jetzt denke ich: Was tun die Paare dann? Was tut die Fatima, wenn ihr Partner dann in Wien lebt und sie irgendwo in der Pampa in einem Tiroler Bergdorf oben sitzt und sich denkt: Ich bin jetzt schwanger und jetzt bin ich auch noch arbeitslos, und jetzt muss ich drei Jahre lang darauf hoffen, dass ich eine Arbeit finde, und auch darauf hoffen, dass ich integriert werde, um innerhalb von diesen drei Jahren mit meinem Partner zusammenzuziehen. - Da, denke ich mir, macht ihr dann auch eine EMRK-Debatte auf, aus der ihr dann so leicht nicht herauskommt.

 

So, und jetzt denken Sie sich das Ganze nochmals politisch! Das war jetzt die juristische Lektüre, und jetzt einmal die politische: Was bedeutet das, eine Wohnsitzauflage? Die Wohnsitzauflage allein gibt es schon, stimmt, auch in Deutschland gibt es die in manchen Bereichen, aber aus menschenrechtlicher Sicht finde ich eine Wohnsitzauflage ziemlich problematisch, denn die erschwert nicht nur die Integration. (GR Markus Ornig, MBA: Geh bitte!) Weil: Wie soll sich ein Mensch oben irgendwo in der Pampa dann integrieren können? Das ist eine Einschränkung des Arbeitsmarktzugangs, weil: Was tut denn eine Pflegehelferin, wenn sie in irgendeiner kleinen ländlichen Region lebt? Wie schnell wird sie dann zu einer schnellen Arbeitsmöglichkeit kommen? (GR Markus Ornig, MBA: Im nächsten Landeskrankenhaus werden händeringend PflegerInnen gesucht!) Ja, und ganz, ganz wichtig, Herr Kollege - abgesehen davon, dass Ihnen das alles wurscht ist (GR Markus Ornig, MBA: Es ist mir nicht wurscht, aber es gibt Lösungen!), weil Sie davon ausgehen, dass sich eh etwas ergeben wird -, ist, dass es, wie ich finde, aus menschlicher Sicht auch eine Frage der Selbstbestimmung und der Menschenwürde ist, Menschen auf Grund menschenrechtlicher Bedingungen sozusagen irgendwo isolieren zu lassen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das finde ich nicht gut. Sie haben, glaube ich, einen Antrag gemacht, um der ÖVP eine reinzuhauen (GR Markus Ornig, MBA: Geh bitte!), aber leider ist das der falsche Weg - nicht auf Kosten der Geflüchteten! Dieser Antrag ist auf Kosten der Geflüchteten, und das ist nicht fair. Mit so einem Antrag machen Sie nichts anderes als eine Problemverlagerung. Ja, es stimmt, das jahrzehntelange Versagen der Integrationspolitik der ÖVP hat nur mehr zu einer Abschottungspolitik geführt, aber mit so einem Antrag bringen wir nichts weiter. Dieser Antrag trägt nicht zur Lösung bei, dieser Antrag trägt nur zu einer Problemverlagerung bei, und das auf Kosten der Geflüchteten. Es ist einer Menschrechtsstadt, wie Wien eine ist, unwürdig, dass ihr heute so einen Antrag einbringt, liebe Kollegen, denn das ist nicht fair. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Es ist einer Menschenrechtsstadt, wie Wien eine ist, unwürdig, dass wir keine zeitgemäßen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Rassismus haben. Es ist leider zu wenig, dass man sagt, man verfolgt eh keine rassistische Politik und dass wir ja eh keine Rassisten sind. Demokratie muss man sich tagtäglich erkämpfen und Demokratie muss man auch tagtäglich verteidigen. Es ist ja nichts Neues. Ich meine, vor Kurzem haben wir ja wieder erfahren, dass uns die Rechtsextremen wieder an andere Rechtsextreme verraten haben. Wir haben erfahren, dass wiederum Deportationsphantasien im Raum stehen. Stellen Sie sich einmal vor, wie es Menschen mit Migrationsgeschichte und Fluchtgeschichte geht, wenn jetzt diese aktuellen Sachen kommen! Nicht umsonst gehen tausende von Menschen Europa-weit auf die Straße. Sie sagen: Hey, wir haben es satt! Wir haben es satt, weil wir seit Generationen in dieser Gesellschaft leben! Wir haben es satt, dass wir auch das Recht haben, hier menschenwürdig behandelt zu werden! Sie sagen: Hey, wir haben es satt! Ich bin nicht die Ausnahme. Das sagt man ja immer wieder: Hey, Beri, du bist ja die Ausnahme, du bist schon integriert. Du hast studiert und bist jetzt Abgeordnete. Wir meinen ja nicht dich. Dann sage ich: Hey, was ist mit meiner Familie? Was ist mit meinen Nachbarn und Nachbarinnen, die auch von diesem Rechtsextremismus und Rassismus betroffen sind? Was ist mit meiner Ärztin? Was ist mit der Pädagogin im Kindergarten? (GR Wolfgang Irschik: Was ist mit den Terroristen?) Was ist mit all den Menschen, die von diesem grausamen Rechtsextremismus und Rassismus betroffen wären? Ja, und dann sagen Sie: Hey, wir sind demokratisch gewählte Parlamentarier und Parlamentarierinnen, wir sind ja Demokraten! Ich meine: Entschuldigung? Rassismus und Rechtsextremismus ist keine Meinung. Also es stimmt schon, ihr seid demokratisch gewählt, aber dafür seid ihr keine Demokraten und Demokratinnen, ihr seid Rechtsextremisten! (Ruf: Was? - GR Mag. (FH) Jörg Konrad: Von wem redest du? - Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.) Nein, die Botschaft wird ihre Empfänger und Empfängerinnen erreichen, liebe Kolleginnen und Kollegen, so viel müsstet ihr schon wissen. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Ordnungsruf! - GR Markus Ornig, MBA: Entschuldigung, Frau Vorsitzende, aber das geht nicht!) Ja, ja! Die Botschaft wird ihre Empfängerinnen und Empfänger erreichen. Wenn sie sich nicht angesprochen fühlen, dann …

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert (unterbrechend): Sehr geehrte Abg. Aslan, für den allgemeinen Vorwurf des Rechtsextremismus an den gesamten Gemeinderat …

 

GRin Mag. Berivan Aslan (unterbrechend): Habe ich nicht behauptet!

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert (fortsetzend): … erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (GR Wolfgang Seidl: Ich glaube, die GRÜNEN hat sie ausgelassen! - GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Das haben Sie davon!)

 

GRin Mag. Berivan Aslan (fortsetzend): Nein, ich habe nicht behauptet, dass … (Zwischenruf von GR Dr.

 

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