Gemeinderat, 47. Sitzung vom 19.12.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 95
Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Vergabeverfahren insgesamt.“ Die Daten waren „unvollständig“, „teils lückenhaft“ und „fehlerbehaftet“. Das ist nur ein Beispiel unter vielen, vielen Punkten, die vom Rechnungshof kritisiert wurden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Wiener Gesundheitsverbund hat Probleme auf vielerlei Ebenen, und man muss davon ausgehen, dass mit diesem Prüfbericht eigentlich noch weitere Fragen zu unsauberen oder möglicherweise sogar skandalöseren Vergabepraktiken im Wiener Gesundheitsverbund existieren. Mein Appell an Gesundheitsstadtrat Hacker ist: Er muss da endlich die Verantwortung übernehmen und die dringenden Reformen im Wiener Gesundheitsverbund in Angriff nehmen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist GRin Korosec.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Vor zwei Jahren, Kollegin Huemer hat es gesagt, hat die Wiener ÖVP gemeinsam mit den GRÜNEN den Bundesrechnungshof angerufen, weil es eben Verdachtsfälle gegeben hat. Das Ergebnis der Prüfung war mehr als eindeutig - ich freue mich sehr, dass Herr StR Hacker auch schon hier ist -: Es handelt sich um keine Einzelfälle, sondern mangelhafte Vergaben waren im WIGEV an der Tagesordnung. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.)
Ein paar ausgewählte Beispiele: Bei mehr als zwei Dritteln der überprüften Fälle in der Medizintechnik gab es Mängel. Bei zehn von elf überprüften Fällen wurde kein einziges Mal durch den WIGEV überprüft, ob eigene Bedienstete diese Leistungen selbst erbringen können, und wir sprechen da, Kollege Seidl hat es angeführt, von einem Volumen von 100 Millionen EUR - 100 Millionen EUR - an Beratungskosten. Herr Stadtrat, es ist fahrlässig, solche Summen für Beratungen auszugeben und nicht einmal zu prüfen, ob man dies auch im eigenen Hause hätte machen können. Das ist unglaublich. (Beifall bei der ÖVP.)
Der Rechnungshof stellt in seiner Überprüfung auch fest, das hat Kollegin Huemer auch schon angeführt, dass ein vollständiger Überblick fehlt. Wie soll man nachvollziehen können, wenn man überhaupt nicht die Unterlagen dazu hat? Durch diese mangelhaften Vergaben wird der Wettbewerb mehr als beeinträchtigt, und wer ist das Opfer? Die Opfer sind die Steuerzahler.
Die Zustände passen in das generelle Bild des WIGEV: Die Wiener Spitäler sind längst selber zu den größten Notfallpatienten in dieser Stadt geworden. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben das Organisationsversagen beim Krankenhaus Nord miterlebt, immerhin eine halbe Milliarde Euro - eine halbe Milliarde Euro - wurde da unnötig versenkt. Daher muss gehandelt werden. Handeln Sie, Herr Stadtrat, sorgen Sie für echte Reformen! Ich gebe zu, Sie haben 2017, glaube ich, übernommen und ab dieser Zeit haben Sie Maßnahmen gesetzt, Einzelmaßnahmen, Compliance-Management-System, aber auch da sagt jetzt der Rechnungshof, das muss natürlich regelmäßig intern und extern geprüft werden. Nur mit der Einrichtung alleine ist es nicht getan. Sie haben Verbesserungen vorgenommen, allerdings ist das, meine Damen und Herren, nur ein Pflaster auf einer riesengroßen Wunde, und das ist zu wenig. (Beifall bei der ÖVP.)
Dieses Missmanagement zieht sich seit Jahrzehnten durch und durch. Wir wollen die Probleme an der Wurzel packen und die Organisation der Wiener Spitäler auf moderne Beine stellen. Daher ist die Ausgliederung des WIGEV in eine Anstalt öffentlichen Rechts notwendig, und es liegt einzig und allein in Ihrem Einflussbereich, Herr Stadtrat, das umzusetzen.
Vor fünf Jahren haben Sie diese Reformen selbst angekündigt, geschehen ist seitdem leider nichts. Für die Wiener Spitäler müssen professionelle Strukturen geschaffen werden, auch unter Einbindung der Opposition. Und dann kann es sein, dass durch diese Reform, durch eine wirklich große Reform, Vergabeskandale wie hier der Vergangenheit angehören. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Stadtrat - ich sehe Sie schon wieder nicht -, unsere Hand ist ausgestreckt, um den WIGEV zu einer modernen und effizienten Organisation weiterzuentwickeln. Sie sind aber in der Pflicht, diesen Prozess endlich zu starten und dann auch rasch umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und von GRin Mag. Barbara Huemer.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Florianschütz.
GR Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und via Livestream!
Was wir hier machen, ich habe den Eindruck, ich habe ein Déjà-vu. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das geht uns öfter so!) Denn wir diskutieren immer wieder dasselbe, und der Versuch ist immer die Skandalisierung. Kollege Seidl macht das ja nahezu perfekt, aber es nutzt nichts, denn es wird nicht wahrer. Ich zitiere einen von mir sehr geschätzten Dichter, Bertolt Brecht (Heiterkeit und Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.), und wenn Sie sagen, es ist alles ein Skandal, sage ich Ihnen darauf: „Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so.“ Die Reaktion auf den Namen Bertolt Brecht von Seiten der Konservativen richtet sich von selbst, meine Damen und Herren. (StR Dominik Nepp, MA: Ja, eindeutig!)
Wir führen eine Debatte, das unterstelle ich Ihnen jetzt einmal, damit der Titel der Debatte in der Zeitung steht. Das ist Ihnen gelungen, herzlichen Glückwunsch! Von der Sache und der Substanz ist da nicht wahnsinnig viel dahinter. Es hilft auch nichts, ganz im Gegenteil, es ist zu verurteilen, wenn man namhafte Persönlichkeiten, wie zum Beispiel den Direktor der Charité, der eine ausgewiesene Koryphäe auf seinem Gebiet ist, hier als ahnungslos desavouiert. Das ist erstens ungehörig und zweitens auch von der Sache falsch, sage ich Ihnen, und ist zurückzuweisen. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Apropos Sache, gehen Sie auf die Sache auch ein?)
Meine Damen und Herren, wir reden von 44 gezogenen Stichproben, und der Stand der Dinge momentan ist, dass davon 35 Verbesserungsvorschläge umgesetzt sind und sich 32 Verbesserungsvorschläge in Umsetzung befinden. Da muss man dann schon sagen, Herr Stadtrat,
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