Gemeinderat, 45. Sitzung vom 27.11.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 111
aber es zeigt trotzdem, mit welcher Chuzpe die Politik und auch die Bevölkerung gefrotzelt werden, anders kann ich das nicht bezeichnen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der zweite Punkt, warum dieses Budget heute schon überhaupt nicht mehr stimmt, ist die Gehaltsanpassung für die Bediensteten. Da wird nachgezogen zu der Regelung des Bundes, das ist völlig okay, aber es wurden im Budget nicht einmal annähernd diese 9,71 bis 9,15 Prozent berücksichtigt. In dieser Hinsicht gibt es dort schon ein Riesen-Riesen-Delta.
Last but not least, das angesprochene Personalpaket von 130 oder 150 Millionen - ich habe verschiedene Zahlen gehört, und wahrscheinlich ist es auch egal, was genau drinsteht. Dieses Budget, das angeblich zusätzliche Mittel sind - und es ist ja auch gut, dass es die gibt -, ist im Budget überhaupt nicht drin. Insofern, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es ein Fiktionsbudget. Es hat überhaupt nichts mit der Realität zu tun, oder, wie mein Kollege es heute genannt hat, es ist ein Luftschloss, mit dem wir es zu tun haben. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Eine strukturelle Schwäche des Budgets ist definitiv auch, dass wir von Seiten der Opposition überhaupt nicht herauslesen können, wo die Prioritäten gesetzt werden. Da bleibt für uns alles im Dunkeln, es gibt keine Erläuterungen, es ist eigentlich eine Black Box. Ich finde Gesundheitsförderung total wichtig, aber es wäre schön, wenn diese Umverteilung für uns auch lesbar wäre. Es braucht diese Umverteilung ganz, ganz dringend, denn das System ist ein krankes System, mit dem wir es zu tun haben. Mehr Salbe auf das kranke Gewebe zu schmieren, heilt trotzdem nicht schneller. Wir brauchen einen Weg vom Reparatursystem weg hin zur Prävention, zur Gesundheitsförderung. Ja zu Primärversorgungszentren, aber ich kann sie, ehrlich gesagt, aus dem Budget nicht herauslesen.
Ich möchte noch den Punkt der gesundheitlichen Chancengerechtigkeit ansprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es ist interessant: Die Reihen der SPÖ leeren sich bei diesem wichtigen Thema. Genau die gesundheitliche Chancengerechtigkeit sollte Ihnen ganz besonders am Herzen liegen. Es ist so. Um einen Bezirk herauszuziehen: Im 20. Bezirk wird man statistisch gesehen eher krank und man stirbt früher. Das ist ein Zustand, den man aus der Perspektive der Sozialdemokratie überhaupt nicht stehen lassen kann. Wir haben in Wien eine Bevölkerung, die weniger alt wird als der Durchschnitt in Österreich, und wir haben in Wien eine Bevölkerung, die früher krank wird. Da braucht es wirklich ganz massive Maßnahmen, um die Gesundheit für alle garantieren zu können. Davon sind wir mit diesem Budget ebenso weit entfernt wie von vielen anderen Punkten, die ich bereits angesprochen habe. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich komme zu jenem Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie eingangs angekündigt: Die zwei Inhalte meiner Anträge. Und zwar das Thema Kindergesundheit. Die Kindergesundheit hat viele Baustellen in Wien, teilweise extrem krasse. Wir brauchen deutlich mehr Geld, aber mein Antrag bezieht sich gar nicht auf mehr Geld, sondern lässt sich mit relativ wenig Aufwand verwirklichen, wenn man das möchte, nämlich die bessere Vernetzung der ExpertInnen im Bereich der Gesundheitspolitik in Wien mit der Politik und mit der Verwaltung. Wien hat zum Glück ganz viele Stakeholder im Bereich Kindergesundheit, aber was wirklich fehlt, ist der Zusammenschluss dieser Expertise im Feld draußen mit den GesundheitsexpertInnen und der Verwaltung. Es passiert relativ wenig an Vernetzung. Ich stelle heute den Antrag auf Errichtung eines Wiener Kindergesundheitsbeirates. Ich glaube, das ist eine wirklich gute Sache, die uns weiterbringen kann. Es gibt das Vorbild des Wiener Frauengesundheitsbeirates, ein ganz tolles Modell, das seit vielen, vielen Jahren wunderbar funktioniert, wo sich ExpertInnen aus Wissenschaft, Gesundheitseinrichtungen, NGOs, Vereinen mit Politik und Verwaltung austauschen. Das ist kein Einweg, sondern ein Mehrweg. Ich glaube, da könnten wir uns anlehnen für die Kindergesundheit. Ich stehe voll zur Frauengesundheit - da braucht es natürlich auch mehr Ressourcen -, aber was für die Frauen gut, wichtig und richtig ist, das soll uns für die Kinder ebenso gut, wichtig und richtig sein. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Frauengesundheit, meine sehr geehrten Damen und Herren - auch hier haben wir festgestellt, wir bräuchten mehr Geld für Studien, beispielsweise für die gynäkologische Versorgung. Mit 40 Prozent Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen können wir uns nicht zufriedengeben. Es wäre interessant, herauszufinden, wie wir Frauen motivieren können, mehr Vorsorgeangebote zu nützen.
Die letzte Minute, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich dafür nützen, für einen Ausbau des Erfolgsmodells des Community Nursings zu plädieren. Wir haben dieses Modell in Wien, es ist derzeit aus Mitteln des EU-Resilienzfonds finanziert. Der Bund hat schon angekündigt, die Mittel weiter bereitzustellen, wenn die Mittel von der EU auslaufen. Nachdem diese Community Nurses derzeit nur in fünf Bezirken sind und wir nur für zwei Bezirke auch School Nurses haben, wäre es schön, wenn wir in Wien eigene Mittel zur Verfügung stellen würden, um dieses Erfolgsmodell, das von vielen, vielen Vereinen und Bezirken angefragt wird, aufstocken zu können.
Es würde mich sehr freuen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie diesen beiden Anträgen zustimmen. Last but not least auch von meiner Seite ein großes, herzliches Dankeschön an all die GesundheitsarbeiterInnen, für die die Arbeitsbedingungen wahrlich nicht einfach sind, aber wir kämpfen dafür an ihrer Seite, dass es besser wird. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächste zu Wort gemeldet ist GRin Korosec. Die selbstgewählte Redezeit ist 10 Minuten ... (Zwischenruf von GRin Ingrid Korosec.) Ich stelle Ihnen auch gerne 14 Minuten ein, bei mir sind 10 Minuten eingemeldet ... Bitte sehr, 14 Minuten. Sie sind am Wort.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP): Frau Vorsitzende! Herr Kollege Wagner! Meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich hoffe, viele sind beim Livestream dabei!
Frau Kollegin Huemer, Ihren beiden Anträgen stimmen wir sehr gerne zu, sie sind beide sehr vernünftig und auch sehr wichtig.
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