Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 122
komme selbst auch aus der Szene der Bildungslandschaft. Wer am wenigsten dort vertreten war, sind leider Lehrerinnen und Lehrer und Direktorinnen und Direktoren. Hier jetzt zu sagen, dass ein Bildungsinnovationsfestival dazu führt, dass Schulen in Wien innovativer werden, geht auch am Ziel vorbei. (GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc: Das habe ich ja nicht behauptet!) Auch diese Maßnahme schafft es nicht, tatsächlich in die Schulen zu gehen, tatsächlich die Probleme im Klassenzimmer und tatsächlich die Probleme im LehrerInnenzimmer und in der Direktion zu lösen. Also auch dieses Projekt geht ein bisschen am Ziel vorbei.
Das nächste Projekt, das schon erwähnt wurde, ist das Wiener Bildungsversprechen. Auch hier wird so getan, mit dem Wiener Bildungsversprechen können wir allen Schülerinnen und Schülern in Wien mehr Chancen geben und wir geben ihnen ein Versprechen, dass sie ihre Lebenschancen und ihre Bildungschancen erreichen können. Das Wiener Bildungsversprechen passiert genau an 22 Schulen von zirka 500 Pflichtschulen, das heißt, es sind weniger als 5 Prozent aller Schulen, die bei dem Projekt überhaupt mitmachen können. Das heißt, hier wieder so zu tun, als würde man allen Schülerinnen und Schülern die Bildungschancen erhöhen, geht auch völlig an dem vorbei, was das Projekt überhaupt leisten kann. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich habe das Gefühl, dass Sie mit all diesen Projekten, die die NEOS, die Sie, Herr Stadtrat, in letzter Zeit auf die Wege geleitet haben - das Innovationsfestival, auch dieser Innovations-Hub, das Wiener Bildungsversprechen, die Wiener Bildungschancen und jetzt diese Mutmillion -, lauter Sachen machen, aber am eigentlichen Problem und an den eigentlichen Herausforderungen, die wir Lehrerinnen und Lehrer täglich im Klassenzimmer haben, die Lehrerinnen und Lehrer täglich im Klassenzimmer spüren und die die DirektorInnen haben, meilenweit vorbeigehen. Wenn Sie sich eine Zielscheibe vorstellen und in der Mitte sind Probleme wie Bildungsungerechtigkeit, Spracherwerb, Leistungsunterschiede, fehlende Grundkompetenzen, und Sie wollen diese Probleme auf der Zielscheibe lösen, schießen all diese Projekte nicht einmal auf die Zielscheibe, sondern weit daneben. Das kann tatsächlich nicht eine Bildungspolitik sein, die wir grundlegend unterstützen. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)
Ein Punkt, den ich auch noch unbedingt ansprechen will, weil er hier vorhin schon von Kollegin Emmerling oft gefallen ist, ist Innovation, Innovation, Innovation an Schulen. Ja, ich bin auch für Innovation, ich bin auch für viele dieser Projekte, die dort gemacht werden, und ich bin auch dafür, dass neue Ideen an die Schulen kommen. Bevor ich aber von Innovation an den Schulen rede, muss ich einmal die Basics schaffen. Ich unterrichte ja selbst wieder und habe von der Bildungsdirektion meine Weiterverwendung bekommen. Das ist noch nicht der Vertrag, sondern das ist einmal nur quasi: Sie dürfen weiter unterrichten, an der und der Schule, von dem und dem Zeitpunkt an, zu den und den Konditionen. Ich habe diesen Brief diese Woche bekommen, in der siebten Schulwoche. In der siebten Schulwoche schreibt mir die Bildungsdirektion: Sie werden gebeten, sich beim Schulleiter oder bei der Schulleiterin zum Dienstantritt zu melden. (Heiterkeit bei GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) Das schickt mir Ihre Behörde in der siebten Schulwoche. Ich soll mich doch bitte bei meinem Direktor oder bei meiner Direktorin melden, denn ich sei jetzt wieder - das finde ich nämlich auch spannend - vertraglicher Hauptschullehrer. Es gibt seit zehn Jahren keine Hauptschule mehr in dieser Stadt, aber die Bildungsdirektion schreibt mir in der siebten Schulwoche, ich möge mich bitte bei meinem Direktor melden, denn ich sei jetzt wieder in einer Hauptschule in Wien zum Dienst angetreten. Das ist ein völliges Versagen der Basics der Bildungspolitik. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)
Sie können sehr gerne über Innovation reden, und wir können über all das reden, was all diese tollen NGOs und diese Vereine machen. Ich finde die alle gut, und die Arbeit ist toll. Wenn ich als Bildungspartei und wenn ich als Fortschrittskoalition aber nicht die Basics von Bildungspolitik mache, nämlich dass Lehrerinnen und Lehrer rechtzeitig ihre Verträge bekommen, rechtzeitig angestellt werden und rechtzeitig ihre ordentlichen Gehälter bekommen, dann ist es ein absolutes Versagen von Bildungspolitik in dieser Stadt. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)
Der zweite Punkt, auf den ich kommen will, der in den letzten Wochen auch schon oft genannt wurde, ist die Bürokratie. Wir haben im letzten Gemeinderat schon einen Antrag dazu gestellt, dass die Bürokratie an Wiener Pflichtschulen auf ein Minimum zu reduzieren sei und dass die Stadtregierung und dass Sie als NEOS endlich etwas dazu beitragen sollen, dass diese bürokratischen Tätigkeiten für Lehrerinnen und Lehrer und DirektorInnen auf ein Minimum zu reduzieren sind.
Wir wissen alle, die ständigen Listen, das ständige Ausfüllen, das ständige Arbeiten mit diesen Schülerverwaltungsprogrammen, mit unterschiedlichen Schülerverwaltungsprogrammen, mit Programmen die null Kompatibilität haben, raubt DirektorInnen Zeit für ihre pädagogische Arbeit, raubt LehrerInnen Zeit für ihre pädagogische Arbeit und raubt auch allen anderen Personen, die an der Schule arbeiten, Zeit, die sie mit den Kindern oder für die Vorbereitung oder für die Individualisierung des Unterrichts verwenden könnten. Wir haben dazu im letzten Gemeinderat schon einen Antrag gestellt und haben auch dieses Mal zwei Anträge mitgebracht, die auch darauf abzielen, die Bürokratie an Wiens Schulen zu minimieren.
Der erste Antrag, den wir einbringen wollen, betrifft das Gratisessen jetzt auch an Offenen Ganztagsschulen. Wir finden es gut, dass das Essen für Schülerinnen und Schüler gratis ist, wir finden es nicht gut, dass das Restessen - und die MA 56 selber, Frau Kollegin Emmerling, spricht von Restessen, das haben nicht wir erfunden - lieber weggeschmissen werden soll, als es den Lehrerinnen und Lehrern am Ende des Tages zu geben, wenn etwas übrig geblieben ist. (GRin Dr. Jennifer Kickert: Oder am Nachmittag im Hort!) Lehrerinnen und Lehrer dürfen dieses Restessen essen, wenn sie 2,40 EUR zahlen. Das ist noch okay, aber die Schulen müssen eine Excel-Liste darüber führen, welche Lehrerin und welcher Lehrer an welchem Tag essen gegangen ist, damit die Schule das am Ende des Jahres an die MA 56 schicken kann. (Beifall bei
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular