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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 20.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 110

 

So viel zu meinen Vorbemerkungen. Mir ist klar, dass das Letztgenannte nur auf Bundesebene gelöst und diskutiert werden kann - stopp, ich korrigiere mich: Gelöst werden kann, diskutiert werden kann es hier selbstverständlich, und das soll es auch.

 

Demokratie, ich habe es schon erwähnt, hört aber nicht beim Zugang zu Wahlen auf. Wir wollen deshalb demokratische Strukturen insgesamt stärken und erweitern, denn Demokratie heißt, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen. Das halte ich für zentral, gerade auf kommunaler Ebene, denn dort ist das direkte Wohn- und Lebensumfeld der Menschen, dort wird laufend über den Alltag der Menschen entschieden. Ob das jetzt Freizeitflächen sind, ob es der Verkehr ist, ob es Projekte zur Integration oder zum Umweltschutz sind, und vieles, vieles mehr - das betrifft die Menschen direkt, und daher soll es auch von ihnen mitbestimmt werden.

 

Wir nutzen in Wien die unterschiedlichsten Wege, um Menschen einzubinden. Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei den vielen, vielen bedanken, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten an diesen Wegen gearbeitet haben. Wien hat eine partizipative Tradition - zum Beispiel in der Stadtentwicklung, bei der Parkgestaltung und in vielen Bereichen mehr. Mir ist wichtig, diese Tradition auszubauen, ganz besonders unter einem Aspekt - das schließt an das an, was ich ganz am Beginn gesagt habe -: Wir wollen laut für die Leisen sein. Das heißt, wir wollen besonders darauf schauen, dass jene, die bisher wenig mit Beteiligungsprojekten in Berührung gekommen sind, die bisher wenig gehört worden sind, die vielleicht nicht starke Lobbys hinter sich haben oder die gar nicht wählen dürfen, Werkzeuge in die Hand bekommen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen, um mitzubestimmen.

 

Das haben wir in der Vergangenheit mit vielen Dingen auch schon ein bissl vorhüpfen können. Die „Werkstadt Junges Wien“ ist so ein Beispiel, das ist das bislang größte Kinder- und Jugendbeteiligungsprojekt, bei dem über 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Kinder und Jugendliche gemeinsam darüber nachgedacht haben, was wir als Politikerinnen und Politiker in ihrem Auftrag zu verändern haben. Aus diesem Auftrag ist schon ziemlich viel passiert. VBgm Christoph Wiederkehr hat vor Kurzem die Kinder- und Jugendmillion vorgestellt - ein gutes Beispiel dafür, dass diese „Werkstadt Junges Wien“ auch schon irrsinnig viel ausgelöst hat.

 

Auch das Klimateam ist so ein Beispiel. Der Klimateamansatz ist genau so ein innovativer Ansatz, bei dem es darum geht, nachhaltige Stadt mit den Menschen, die betroffen sind, zu erarbeiten und zugleich zu schauen: Wie kann man ganz besonders die einbinden, die bis jetzt nicht - im Zusammenhang mit Klima besonders, im Zusammenhang mit Partizipationsprojekten im Allgemeinen - teilgenommen haben? Und im ersten Jahr können wir sehen, dass 70 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesagt haben, sie waren bis jetzt noch bei keinem Partizipationsprojekt beteiligt. Also man sieht, das gelingt hier, und ich kann alleine schon deshalb sagen: Die Klimateams sind gekommen, um zu bleiben. Die zwei Pilotjahre sollen uns helfen, auch was die Niederschwelligkeit betrifft, die Innovation betrifft, etwas zu institutionalisieren, zu verstetigen, was wir hier gerade ausprobiert haben.

 

Also langer Rede kurzer Sinn: Es sind Traditionen, die wir weiterentwickeln, und Neues, das wir machen. Ein Beispiel für beides ist die Lokale Agenda 21 - starke Tradition, viel Neues wird gemacht. Hier wird nämlich mit allen Stakeholdern gerade an einem Prozess zur Evaluierung, zur Neugestaltung und zum Ausbau der Lokalen Agenda gearbeitet.

 

Es gibt also unzählige Beispiele, und in diesen und anderen Bereichen ist es genau deshalb notwendig, an dem zu arbeiten, weil es eine Frage der Gerechtigkeit und ein Gebot der Demokratie ist. Das wiederum war der Grund, warum wir uns haben fragen müssen: Gelingt uns das jetzt ausreichend? Gibt es da schon genug? Reicht uns der Zustand unserer Demokratie, der Möglichkeiten, die die Menschen in unserer Stadt haben, aus, um den Bedürfnissen und Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden? Oder müssen wir uns fragen: Wie können wir mehr Menschen ermächtigen, sich zu beteiligen?

 

Genau diese Fragen waren der Hintergrund für die Enquete, von der ich heute kurz berichten darf. Diese hat vor zwei Wochen stattgefunden, der Titel „Die Wiener Demokratie im Wandel?!“ war das Motto und die Frage „Krisen, Transformation und Chancen - wie gestalten wir die Zukunft der Wiener Demokratie gemeinsam?“ die Leitfrage. Und allen war klar, dieses „wie“ kann einmal jedenfalls beantwortet werden mit: Demokratie stärken und mit Innovationen vorangehen.

 

Ich traue mich, für die Anwesenden bei der Enquete zu sprechen - und ich möchte mich auch bei denjenigen bedanken, die aus den Gemeinderatsklubs dabei waren, den ganzen Tag dabei waren -, wenn ich sage, dass man festhalten kann, der Austausch dort war fruchtbar und jedenfalls motivierend. Was war? - Um es sehr kurz zu erzählen: Hochrangige Expertinnen und Experten haben den Tag begonnen: Caroline Paulick-Thiel von Politics for Tomorrow, Dominik Hierlemann von der Bertelsmann-Stiftung, Regina Paesler-Schorling aus der Stadt Hamburg und Sieglinde Rosenberger von der Uni Wien haben den Auftakt gemacht für eine Diskussion, die dann von den über 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Workshops den ganzen Tag vertieft wurde und zuletzt auch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Klubs aus dem Gemeinderat geführt wurde.

 

Das Ziel war - und das, finde ich, ist wirklich gut gelungen -, diesen Austausch zur Weiterentwicklung der Demokratie in Wien anzuregen - ich möchte das auch an dieser Stelle sagen: Das, wovon ich hier berichten darf, ist ein Start -, diesen Demokratieausbau anzustoßen, und ich freue mich daher wirklich sehr, dass es bei dieser konstruktiven Auseinandersetzung vor zwei Wochen gelungen ist, sehr viele Empfehlungen für den Ausbau der Demokratie zu formulieren. Das heißt, es war ein starker Auftakt für den notwendigen Prozess, die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in Wien zu stärken. In den nächsten Tagen wird die Dokumentation der Enquete fertig sein, sie wird natürlich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Enquete und auch uns hier als Basis für die Arbeit zur Verfügung stehen.

 

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