Gemeinderat, 38. Sitzung vom 24.05.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 123 von 146
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, Sie stimmen unserem Antrag zu. Wir weisen ihn dem Ausschuss zu, um ihn eben dort noch einmal zu diskutieren. Ich hoffe sehr auf Ihre Zustimmung und Unterstützung, und dass wir uns 2024 über die Informationen eines Frauengesundheitsberichts austauschen können. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Dr. Gorlitzer. Ich erteile es ihm.
GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Der Gesundheitsausschuss machte vor knapp zwei Wochen eine Bildungsreise und erfuhr einige Möglichkeiten, wie Digitalisierung im Gesundheitssystem zum Beispiel in Estland oder im dänischen System möglich ist. Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei den Damen und Herren vom Büro des Gesundheitsstadtrats bedanken, die das Ganze exzellent organisiert haben. Es war wirklich eine tolle Erfahrung und hat uns viele „insights“ darüber gegeben, was so alles möglich ist.
Wir sind also vorletzte Woche am Freitagabend wieder zurückgekommen. Am Samstag habe ich dann im vermeintlich modernsten Spital Europas, dem sogenannten papierfreien Spital, Visite gemacht. Wie ich da Visite mache und den Laptop aufmache, versuche ich, den einzuschalten, stehe allerdings vor einer schwarzen Oberfläche. Das heißt, wir sind wieder dazu zurückgegangen, bei der Visite alles aufzuschreiben, weil die Computer nicht funktioniert haben. Anschließend bin ich dann in den OP gegangen. Wenn man bei uns in den OP hineinkommt, steht dort ein großer Kühlschrank, in dem die OP-Präparate darauf warten, dass sie abgeholt werden. Da kommt der Kollege zu mir her und sagt: „Bitte gib einmal in den Computer ein, dass das abgeholt werden kann.“ Dazu braucht es nicht nur eine elektronische Eingabe - die war ja vorhanden -, sondern auch einen Zettel, den man ausdruckt, damit dieses OP-Präparat - im konkreten Fall war es ein amputiertes Bein - dann auf die Pathologie getragen werden kann. Der Zettel konnte aber nicht ausgedruckt werden, weil der Drucker nicht funktioniert hat.
Zum Schluss bin ich dann oben von einem externen Spital angerufen worden. Das hat einen Patienten mit Verdacht auf einen Aortaeinriss, also einen Einriss in der Hauptschlagader, gehabt. Da habe ich gesagt: „Na, schicke mir einmal die Bilder. Ich möchte mir das einmal anschauen.“ Er hat gesagt: „Aber wie?“ Denn die Spitäler können ja untereinander nicht effektiv kommunizieren. So werden sensible Bilder und Daten per WhatsApp zwischen Arzt und Arzt hin und her geschickt. Da habe ich mir gedacht: Willkommen im finsteren digitalen Mittelalter in Wien! Da sind wir weit weg von dem, was andere Staaten schon längst können, obwohl wir uns einig sind, dass E-Health und Digitalisierung im Gesundheitswesen die Situation substanziell verbessern können.
Wir von der Wiener Volkspartei - und im Speziellen mein Kollege Holawatsch - haben schon mehrfach darüber gesprochen, dass man durch die Digitalisierung ein qualitativ hochwertiges Messinstrument hat, um patientenbezogene Prozesse möglichst effizient zu unterstützen. Die optimale Umsetzung einer E-Health-Strategie stärkt nicht nur das individuelle Gesundheitsmanagement, sondern fördert die Gesundheit auch insgesamt. In Sachen Prävention sind wir in Wien auch nicht unbedingt Weltmeister.
Jetzt ist die Situation so, dass die verschiedensten Träger und Organisationen ansetzen und an Projekten basteln und arbeiten und diese verschiedenen Stakeholder eigentlich uneinheitliche Programme entwickeln. So kommt es zu einer sehr inhomogenen und fragmentierten Gesundheitslandschaft, die am Ende vermutlich auch nicht zum Ziel führen wird.
Wie haben das aber zum Beispiel die Menschen in Estland bewerkstelligt? - Die haben mit fünf Personen eine Taskforce gebildet, die das dann über mehrere Jahre lang umgesetzt hat. Ich gebe zu, da gab es andere Faktoren, denn Estland ist ein anderes Land als Österreich und hat nur 1,4 Millionen Einwohner. Nach Abzug der Russen mussten sie ihre Verwaltung komplett neu aufstellen, also haben sie einen Reset-Button drücken können. Das Wichtigste in diesem Land aber ist, dass es eine hohe Compliance und ein hohes Vertrauen in die Verwaltung und in die staatlichen Institutionen gibt, dass ihre sensiblen Daten serviceorientiert, aber sicher behandelt werden. Die haben das dort 2003 begonnen und haben auch einige Jahre gebraucht, um das umzusetzen. Immerhin sind sie in der Entwicklung aber mittlerweile schon 20 Jahre vor uns.
Heute beschließen wir einen Mitgliedsbeitrag von immerhin 1.000 EUR für den Verein IT-Forum der österreichischen Krankenhausträger, woran die Stadt Wien und der WIGEV beteiligt sind. Es ist auch eine sinnvolle Maßnahme. Wir werden dem auch zustimmen. Ich habe nur nachgefragt, was dieser Verein bis jetzt gemacht hat, und die Antwort war: Sie haben sich ein bis zwei Mal im Jahr getroffen. Der Verein besteht übrigens schon seit 20 Jahren, und herausgekommen ist bis jetzt nichts. Das ist ein bissel wenig für meine Begriffe.
Ich glaube und bin der festen Überzeugung, dass es in Zukunft ein bisschen mehr Engagement als Lippenbekenntnisse braucht, wenn wir unsere Gesundheitssysteme digitalisieren oder modernisieren wollen. Das wird nicht ausreichen. Deswegen halten wir es für sinnvoll, den Status quo - was es hier in Wien eigentlich alles gibt - im Rahmen eines Strategiegipfels mit allen Stakeholdern, mit allen Krankenhausträgern, Apothekern und Ärztekammern zu diskutieren und auch ganz klare Ziele zu definieren. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir bringen deswegen mit der Bitte um Zustimmung auch diesen Beschlussantrag ein. Es wird in der Folge mehrere Gesetzesvorlagen und natürlich auch budgetäre Finanzmittel brauchen - Kollegin Huemer hat es schon gesagt -, um die E-Health-Programme auch effektiv umzusetzen. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Kunrath. Ich erteile es ihm.
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