Gemeinderat, 38. Sitzung vom 24.05.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 146
Kindern an städtischen Kindergärten und Schulen ein tägliches warmes Mittagessen gratis zur Verfügung stellen. Wir glauben, dass es vor allem für eine Sozialdemokratie in Zeiten wie diesen absolut notwendig ist, eher warme Essen zu bezahlen, als Schulden zu tilgen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Selbst aber, wenn man auch allen Kindern in privaten Kindergärten ein warmes Essen gratis zur Verfügung stellt, geht sich das - natürlich weiß man nicht genau, wie viele dann befreit sind - aber wahrscheinlich mit rund 55 bis 60 Millionen EUR jährlich aus. Das ist immer noch erst ein Viertel dessen, was Sie zur Schuldentilgung verwendet haben. Das heißt, Sie könnten drei Viertel Ihrer Schulden immer noch tilgen und allen Kindern dieser Stadt in allen Kindergärten und allen Schulen ein warmes Essen gratis zur Verfügung stellen. Wir finden, eine Sozialdemokratie, aber auch die NEOS sollten eher dafür eintreten, dass alle Kinder ein warmes Essen bekommen, als die Schulden der Stadt in dem Ausmaß zu tilgen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Die Forderung nach einem Gratisessen jeden Tag eint uns eigentlich auch mit euren Bundesparteien, selbst mit den Bundes-NEOS. Ich war ein bisschen erstaunt, dass die NEOS das auf Bundesebene tatsächlich auch fordern, aber man lernt ja nie aus. Selbst ein Herr Loacker ist vielleicht sogar dafür, dass alle ein Gratisessen bekommen, weil die NEOS im Bund auch einen Antrag im Parlament eingebracht haben, dass alle Kinder ein warmes Mittagessen gratis bekommen sollen. Ebenso hat die SPÖ im Bund diesen Antrag eingebracht.
Jetzt sitzen wir hier und beide Parteien sind dafür und beide Parteien sind hier an der Macht und beide Parteien könnten eigentlich das, was sie im Bund fordern, hier umsetzen. Wenn Sie beide dafür sind und beide hier zuständig sind, ist es eigentlich absurd, dass Sie es hier im Land, wo Sie zuständig sind, nicht zustande bringen, das umzusetzen. (Beifall bei den GRÜNEN und von GR Peter L. Eppinger. - VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Wir haben nicht gekürzt im Bund!)
Wir bringen daher den Antrag ein, dass die Essenskosten und auch die Betreuungskosten nicht erhöht werden sollen und dass ebenso jedes Kind an allen Kindergärten und an allen Schulen in Wien ein Gratisessen bekommen soll.
Ich möchte heute mit einem sehr berühmten Zitat kurz enden. Bruno Kreisky hat einmal gesagt: „Ein paar Milliarden mehr Schulden bereiten mir weniger schlaflose Nächte als 100.000 Arbeitslose.“ Leider ist die SPÖ-Wien völlig davon abgekommen. Ihnen sind anscheinend ein paar Millionen Schulden weniger mehr wert als 100.000 Kinder, die ein Gratismittagessen bekommen sollten. Wir meinen, es sollten Ihnen die 100.000 Kinder mit dem Gratismittagessen wieder mehr wert sein als die paar Millionen Euro weniger Schulden. - Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner ist GR Mag. Juraczka zu Wort gemeldet. Sie sind am Wort.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Frau Vorsitzende! Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ja fast ein bisschen überrascht, dass diese Diskussion, dieser Hauptverhandlungsgegenstand, jetzt so ein bisschen dahinplätschert, weil es doch ein ganz wesentliches Thema betrifft.
Es geht nicht nur um ein Bildungsthema, es geht nicht nur um das Poststück an sich, sondern es geht vor allem um die soziale Frage in dieser Stadt, die sich gerade bei einer Inflationsrate, wie wir sie derzeit haben, natürlich ganz besonders stellt. Das haben ja auch viele meiner Vorredner sehr schön auf den Punkt gebracht.
Ich muss gestehen, dass ich in Zeiten meines politischen Agierens durchaus immer wieder Unterschiede zu der Sozialdemokratie hatte, aber den Standort und den Standpunkt der Sozialdemokratie fast immer verstanden habe. Derzeit tue ich mir ein bisschen schwer, die Handlungen der Wiener Sozialdemokratie nachvollziehen zu können. Dazu aber später noch mehr.
Ja, wir haben eine Inflation, die in der Tat ein massives Problem ist - über 9 Prozent -, und eine Verbesserung ist kurzfristig ganz unmittelbar nicht wirklich absehbar. Erst für das Jahr 2024 erwarten die Wirtschaftsforschungsinstitute doch eine deutliche Verbesserung. Es gibt ja für dieses Jahr 2024 das Inflationsziel der EZB von 2 Prozent. Ich hoffe, es wird eingehalten werden können. Um jetzt diese Inflation jedenfalls dämpfen zu können, sollten, glaube ich, alle, die etwas tun können - und ich hoffe, auch da werden wir alle übereinstimmen -, ihren Beitrag leisten. Das sind viele. Das sind natürlich einerseits die Notenbanken. Da gibt es beispielsweise seitens der EZB ohnedies Leitzinserhöhungen, aber auch Bestrebungen, das zu viele Geld, das im Geldfluss ist, sozusagen auch langsam abzusaugen.
Es gibt natürlich Bestrebungen des Bundes. Ich muss ganz ehrlich sagen: Es ist natürlich Usus, dass die Schmähungen der Bundesregierung von Seiten der Stadt Wien kommen. Wenn ich mir aber alleine die Strompreisbremse ansehe, die für die Ärmsten der Armen eine ganz wesentliche Aktivität war, um das Auskommen mit dem kargen Einkommen überhaupt sicherzustellen, und wenn ich vergleiche, was da auf Bundesebene alles unternommen wurde und was auf Seiten Wiens unternommen wird und bislang unternommen wurde, dann bin ich - das muss ich ganz ehrlich gestehen - ein wenig irritiert. Jetzt bin ich wieder bei dem Punkt und kann das sogenannte soziale, rote Wien nicht ganz nachvollziehen.
Was meine ich damit? - Da geht es nicht nur um den Essensbeitrag - auch wenn Kinderarmut da natürlich ein besonders plakatives und schwieriges Problem ist. Sehen wir uns doch an, was alles an Abgaben und Gebühren in diesem Jahr 2023 in der Stadt Wien generell teurer wurde und überlegen wir uns, wenn wir es jetzt taxativ durchgehen, gemeinsam, wer davon besonders betroffen ist: Ob es wirklich die Gutverdiener, die Top-Verdiener und die Millionäre, die ja so gern als Feindbild herhalten müssen, sind, oder ob es die einfachen kleinen Leute sind, die schon jetzt nicht wissen, wie sie mit ihrem Einkommen das Auskommen finden sollen!
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