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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 25.04.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 92 von 103

 

oder so etwas locken könnte, dass sie bleiben. Sie haben einfach salopp gesagt die Schnauze voll und gehen in die Privatwirtschaft, in die Privatklinik, weil sie sagen: Dort kann ich mir meine Zeit selber einteilen und verdiene genauso viel, wenn nicht mehr.

 

Genau das haben Sie in den letzten Jahren verbrochen, indem Sie einfach das Personal, sei es bei den Ärzten oder bei den Pflegern, fertiggemacht haben. Man hat sie medial wirklich mit solch einem Disrespekt behandelt, indem man gesagt hat, das sind irgendwelche komischen Gefährdungsanzeigen. Am Anfang hat das StR Hacker noch heruntergedodelt: Die sollen sich alle nicht wichtig machen, das stimmt alles nicht. - Jetzt haben wir es schwarz auf weiß auf Grund einer Anfragebeantwortung von ihm, dass es eben zahlreiche Gefährdungsanzeigen gegeben hat. Das war wie ein Hilfeschrei der Ärzte und nicht einmal den hat man ernst genommen, man hat das medial weggedodelt und gesagt, das seien irgendwelche Idioten, die sich aufregen, das stimme alles nicht.

 

So geht man nicht mit der Ärzteschaft um, so geht man nicht mit dem Pflegepersonal um, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss ein Misstrauensantrag gestellt werden! Ich verstehe bis heute nicht, warum sich die ÖVP noch immer weigert, einen Misstrauensantrag gegen StR Hacker zu stellen. Vielleicht erhoffen sie sich, dass sie bald bei den nächsten Wahlen ein bissel die SPÖ ärgern, aber nur nicht zu viel, weil man will ja in eine Koalition mit ihr, man will vielleicht ins koalitionäre Ehebett. Ich weiß nicht, was Ihre Hintergedanken sind, warum Sie diesen Schritt nicht vollziehen. Ich sage, am Ende gehört den Mutigen die Welt, und wir sind bereit, einen Misstrauensantrag gegen StR Hacker einzusetzen. (Beifall bei der FPÖ und von GR Wolfgang Kieslich.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Dipl.-Ing. Dr. Gara. Sie sind am Wort.

 

19.20.18

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ja, der Befund ist richtig: Die Anspannung im Gesundheitssystem ist extrem groß und das Österreich-weit, das möchte ich schon betonen. (StR Dominik Nepp, MA: Das macht es auch nicht besser!) Es ist relativ billig, immer auf einen hinzuweisen und zu sagen, dort ist alles schlecht, und alle anderen Themen nicht zu diskutieren. (GRin Ingrid Korosec: Aber Herr Gara …) - Ich komme gleich auf Sie, liebe Frau Korosec, ich habe mir das noch vorbehalten.

 

Landeskrankenhaus Graz: jedes sechste Bett gesperrt. Die Salzkammergutkliniken in Oberösterreich: akuter Personalnotstand. - Das zieht sich Österreich-weit durch das gesamte System, und da gibt es viele, viele Ursachen dafür. (GRin Ingrid Korosec: Auf die wir aufmerksam gemacht haben!) Wir erleben jetzt letztendlich die Symptome, wir erleben die Symptome mangelnder Strukturreformen. - Ja, auf die wir auch immer aufmerksam gemacht haben. Diese mangelnden Strukturreformen betreffen vor allem den niedergelassenen und den Spitalsbereich.

 

Wir erleben diese Symptome auf Grund einer absurden Finanzierungslogik. Da sind wir, glaube ich, auch einer Meinung: Das Fehlen dieser Finanzierung aus einer Hand. Und ja, ÄrztInnen, Pflegekräfte arbeiten überall, Österreich-weit tatsächlich auch an der Belastungsgrenze. Das ist auch in Wien so, aber es ist Österreich-weit.

 

Eines muss trotzdem klar ausgesprochen werden - das beziehe ich auch auf Österreich-weit -: Noch immer ist die akutmedizinische Versorgung sichergestellt. Ich halte das für einen ganz, ganz wichtigen Punkt. Letztendlich ist die akutmedizinische Versorgung eigentlich auch jene, für die die Spitäler eigentlich gedacht sind. - Darum geht es. Unsere Problematik ist, dass wir einfach in den Schnittstellen, in den niedergelassenen Bereichen, in verschiedenen Ambulanzen Defizite haben. Das hat auch damit zu tun, dass die Finanzierung da nicht sichergestellt ist. Das ist die ewige Diskussion, dieser ewige Spielball dieser Finanzierungslogik, wo einfach die Finanzierung aus einer Hand fehlt.

 

Und ja, und das gilt wieder Österreich-weit, dringend notwendig sind neue Strukturen, was das betrifft, und aus dem ableitend auch die Prozesse und natürlich auch die Digitalisierung - da bin ich auch vollkommen bei Ihnen. Ich gebe Ihnen auch ein Beispiel dafür, was Österreich-weit auch ein großes Problem ist: Wie gibt es das, dass Pflegekräfte noch immer keinen Zugang zu ELGA, zur elektronischen Gesundheitsakte, haben? - Das ist jetzt kein Wiener Thema, sondern das ist auch eine Verantwortung, die im Bereich des Gesundheitsministers liegt. Auch das ist bisher nicht möglich, und es wäre extrem wichtig, weil gerade der Pflegeberuf ein Fundament auch der Versorgung ist. Wir sehen das jetzt auch im Ausrollen der Community Nurses, der School Nurses, denn da gibt es wirklich das Potenzial, wohnortnahe zu pflegen. Viele dieser Menschen müssen eben nicht ins Spital. Und das ist ein Österreich-weites Thema, nicht nur ein Wiener Thema.

 

Die Errungenschaften von Medizin und Pflege würden uns eigentlich ganz andere Möglichkeiten erlauben, aber leider sind die Strukturen, die wir vielfach haben, noch immer jene aus dem 20. Jahrhundert. Die Medizin im 21. Jahrhundert baut Österreich-weit noch immer auf Strukturen des 20. Jahrhunderts auf. Was wir brauchen, ist, man kann es auch sagen, eine Ambulantisierung von bisher stationären Leistungen. Wir müssen das also raustragen in die Ambulanzen. Viele Geschichten, die im Spital gemacht werden, sind nicht notwendig, und die führen ja genau zu dieser extremen Belastung von ÄrztInnen, von Pflegefachkräften, von vielen anderen im Gesundheitssystem. Das führt auch zu einer extremen Frustration und ja, viele verlassen dadurch auch das Spital und gehen in die Selbstständigkeit. Das ist ihnen auch nicht übel zu nehmen, das ist die Situation.

 

Das ist aber ein Österreich-weites Phänomen, das ist nicht nur eine spezifische Wiener Situation. In Wien kommt ja noch vieles dazu, nämlich dass letztendlich in Wien sehr vieles, was woanders nicht versorgt werden kann, nach Wien kommt. Das darf man auch nicht vergessen. Das heißt, hier ist die Belastung umso größer. Wir

 

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