Gemeinderat, 36. Sitzung vom 23.03.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 95
Das sind zwei unterschiedliche Arten von Rassismus. Der Grund, warum wir diesem Rassismusbericht nicht zustimmen, ist, dass er keine Differenzierung macht. Er macht keine Differenzierung zwischen ganz, ganz schlimmen Fällen und Fällen, bei denen man sagen kann: Da sind einfach Menschen aneinandergeraten. Sie haben gestritten.
Das Problem ist, dass die genannten Fälle nicht evaluiert werden, sondern es ruft jemand dort an und sagt: Es ist mir gegenüber ein Rassismus passiert, und sofort wird er aufgenommen. (GR Jörg Neumayer, MA - erheitert -: Es ist ein Rassismus passiert!) Viel korrekter wäre aber die Herangehensweise, zu evaluieren, was denn da tatsächlich passiert ist. Was sagt denn die Gegenpartei? Was sagt denn vielleicht eine objektive Schlichtungsstelle? Sie verstehen, was ich meine. Dieser Bericht mischt für uns Dinge zusammen, die differenziert werden müssen. Das ist der 1. Punkt.
Der 2. Punkt: Ich möchte aus der sehr eigenartigen Präambel von ZARA zitieren, wo sie nämlich erklären, dass sie die Begriffe schwarz und weiß unter Anführungszeichen verwenden. Ich lese das vor: „Bei dem Begriff schwarz handelt es sich um eine Selbstbezeichnung, die sich auf gemeinsame Erfahrungen bezieht. Der Begriff weiß wird kursiv geschrieben, um bewusst zu machen, dass er sich auf soziale, wirtschaftliche sowie politische Privilegien von Menschen bezieht, ebenso wie auf deren machtvollere Position in der Gesellschaft.“
Schauen Sie, in meiner Definition ist genau das rassistisch: Jede weiße Person auf ein Machtprivileg zu reduzieren, völlig egal, was ihr individueller Hintergrund ist. Das ist eine Art der Identitätspolitik, die völlig über das Ziel hinausschießt. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das ist schade. Einem faktenbasierten Umgang, der nicht in Pauschalisierungen, nicht in Abwertungen von weißen Menschen oder in eine strukturelle Privilegiendiskussion abdriftet, würden wir ja absolut zustimmen. Diese Vermischung ist aber einfach kein geordneter Umgang mit dieser sehr, sehr differenzierten, schwierigen Materie. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Was ist da schwierig?)
Was ich Ihnen zum Thema „Wir regen uns über Sachen auf.“ noch sagen möchte: Schauen Sie, in der letzten Zeit kam es zu einigen indikationspolitisch durchaus relevanten Punkten. Da wurde beispielsweise die Moscheenstudie veröffentlicht. Da kam heraus: In der Mehrzahl der Wiener Moscheen werden leider immer noch ein sehr archaisches Bild und relativ desintegrative Dinge gepredigt. Aufschrei aus den Reihen: null, zero. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Das darf ja nicht wahr sein! Stimmt nicht!)
Es gab letzte Woche große Interviews von einer Wiener Lehrerin, die erklärt hat, wie schlimm es ihr ging und wie sehr sie diskriminiert wurde, als sie ihr Kopftuch ablegte. Aufschrei aus dieser Runde: zero, null, nichts.
Wir hatten vor einiger Zeit die Diskussion über antisemitische Literatur, die in türkischen Buchläden vertrieben wird. Die Response aus diesen Reihen: nichts, null.
Sie regen sich dann auf, wenn es in Ihr Konzept passt, aber nicht dann, wenn ganz offensichtlich auch Unrecht geschieht. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich sage Ihnen auch, meine Damen und Herren: Dass man einzelne Inhalte in der schlechtestmöglichen Weise auslegt, ist fast schon ein wenig hinterhältig. Worum es in diesem Video ging, war, aufzuzeigen, dass es Tendenzen von Parallelgesellschaften und problematische Entwicklungen gibt. Das Aufzeigen von Problemen muss immer erlaubt sein. (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist absolut nicht redlich, dass Sie sofort das schlimmste Argument heranziehen, das politisch möglich ist, sondern es muss gegeben sein, dass ein Politiker sagt, es gibt hier und hier Probleme, und dass man diese Probleme fachlich diskutiert. Danke. (Beifall bei der ÖVP. - GR Ömer Öztas: Sie zeigen selbst ... - GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc: Wo? Wo ist das Problem?)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Sequenz, ich nehme Sie jetzt als nächste Rednerin dran. Bitte, Frau Sequenz. (Zwischenruf von an ihren Sitzplatz zurückkehrenden GRin Mag. Caroline Hungerländer. - GRin Martina Ludwig-Faymann - in Richtung GRin Mag. Caroline Hungerländer -: Das stimmt nicht! Das habe ich schon unterstützt, da haben Sie das noch gar nicht gekannt! - GRin Mag. Caroline Hungerländer: Was? - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das ist das Problem!) Bitte.
GRin Mag. Heidemarie Sequenz (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren, liebe ZuseherInnen via Livestream! Das ist eine Geschäftsgruppe, bei der ich mich an und für sich nicht oft zu Wort melde, aber dieser gemeinsame Antrag von SPÖ, NEOS und GRÜNEN, in dem es um die Menschenrechtsverletzungen gegen die Hazara geht, hat mich jetzt dazu bewogen, doch zu sprechen.
Warum mache ich das? Ich bin der afghanischen Community in Österreich seit Jahrzehnten sehr eng verbunden, und zwar vor allem jener der Hazara. Warum? Weil ich ihre Geschichte kenne, weil ich ihre Diskriminierung kenne, weil ich die Verfolgung kenne und weil ich mithelfen möchte, dass diese entsetzlichen Bedingungen, denen sie in Afghanistan wirklich ausgesetzt sind, eine Öffentlichkeit bekommen.
Für diesen Antrag hier bin ich wirklich dankbar. Dass das auch einmal hier im Wiener Gemeinderat passiert, ist wirklich etwas, das mich freut.
Es gibt auch andere Wege, das öffentlich zu machen. Gestern präsentierte eine Schülerin von mir, eine junge Hazara, ihre vorwissenschaftliche Arbeit zu genau dem Thema. Auch das sind Wege, um auf das Schicksal der Hazara aufmerksam zu machen, das jetzt wirklich schon seit über 140 Jahren andauert und eigentlich mit der modernen Geschichte Afghanistans beginnt.
Ich würde sagen, es verläuft in Wellen. Besonders schlimm - das wird uns nicht überraschen - war es immer unter dem Terrorregime der Taliban. Während die Taliban das erste Mal an der Macht waren, gab es entsetzliche Massaker. Ironischerweise waren sie eigentlich während der Besatzung Afghanistans durch die Sowjetunion noch am meisten geschützt, wie auch Frauen. Das hat sich dann mit dem Abzug der Sowjettruppen sofort geändert, und sie wurden die Opfer von ganz entsetzlichen Anschlägen, wie beim Massaker von Mazar-e Sharif, wo 10.000 Hazara ermordet wurden.
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